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Auch in der Steiermark gibt es aktuell keine bestätigte EHV-1-Infektion. © Claudia Otte - fotolia,com

Gerüchtekontrolle: Kein Fall von Herpes EHV-1 in der Steiermark

Ein Artikel von Pamela Sladky | 21.06.2016 - 19:42
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Auch in der Steiermark gibt es aktuell keine bestätigte EHV-1-Infektion. © Claudia Otte - fotolia,com

Die Verunsicherung in der Pferdesportcommunity war in den vergangenen Tagen besonders groß gewesen. Nach den bekanntgewordenen Herpesfällen in niederösterreichischen Ställen hatten zahlreiche Stallbetreiber und Turnierveranstalter mit Stallsperren und Turnierabsagen reagiert. Auch in Gegenden, die aktuell nicht von einem Ausbruch des Herpesvirus betroffen sind. Diese sehr begrüßenswerten Sicherheitsvorkehrungen haben sicherlich einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu leisten können, eine weiteren Verbreitung des Virus effektiv entgegenzuwirken. Gleichzeitig konnte man dadurch jedoch auch den Eindruck gewinnen, man habe es mit einer regelrechten Epidemie zu tun. Dem ist glücklicherweise nicht so, wie der OEPS in seiner Aussendung bestätigt.
 
Laut der Vetmeduni in Wien sind es in Niederösterreich zwei Ställe, die von Herpes des Typs EHV-1 – der besonders gefüchteten Form von Herpes, bei der es zu schweren neurologischen Störungen kommen kann, betroffen: Die Anlage der Familie Wessely Trupp in Pernitz und das High Class Horse Center in Weikersdorf. Die fiebernden Pferde des Tavonhofes in Groß-Enzersdorf wurden negativ auf Herpes getestet und sind inzwischen wieder alle wohlauf und wieder gesund. Die Quarantäne will der Betreiber nichtsdestotrotz noch bis Monatsende aufrechterhalten.
 
Beruhigende Nachrichten gibt es auch aus der Steiermark: Anfang der vergangen Woche hatten in einem landwirtschaftlichen Betrieb in der Nähe von Leoben sechs von den insgesamt zehn Pferden des Bestandes plötzlich starke respiratorische Symptome gezeigt, darunter Husten, Atemnot, Fieber und Abgeschlagenheit. Eine Blutprobe ergab einen deutlich erhöhten EHV-4-Titer. Bei Herpes dieses Typs beschränken sich die Symptome in der Regel auf Atemwegserkrankungen. Aborte (Fehlgeburten) und neurologische Störungen wie Hinterhandschwäche und Festliegen, wie sie bei EHV-1 vorkommen können, gehören nicht dazu.

Der Herpesausbruch in Leoben steht damit in keinerlei Zusammenhang mit den Fällen in Niederösterreich, wie der behandelnde Tierarzt Dr. Christian Pollhammer auf Rückfrage des OEPS explizit betont: „Wir können mit Sicherheit sagen, dass es sich hier nicht um Herpes des Typs EHV-1 handelt."

Dennoch habe man sofort Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um eine mögliche Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. „Wir haben den Stall unmittelbar nach Bekanntwerden der Diagnose unter Quarantäne gestellt. Da ist niemand rein- oder rausgekommen. Auch davor hatten die Ponys zu keinen anderen Pferden Kontakt. Der Betrieb ist völlig abgeschlossen. Es besteht somit keine Gefahr für umliegende Pferdebetriebe“, versichert der Veterinär.

Es gibt in der Steiermark somit keine von einem Tierarzt bestätigte EHV-1-Infektion!

Ausbruch eingedämmt

In einer Bitte um Einschätzung zur aktuellen Herpes-Situation in Österreich hat Univ. Prof. Dr. René van den Hoven, Leiter der Abteilung für Interne Medizin an der Veterinärmedizinischen Universität in Wien, folgendes Statement in Bezug auf das gefährliche EHV-1 Virus verfasst:

"Der natürliche Zyklus des EHV-1 ist, dass es auf Gestüten von der Mutter auf das Fohlen übertragen wird. Etwa 88 Prozent der Pferde sind Träger, allerdings kommt es selten zur Ausschendung. Man kann davon ausgehen, dass jedes Pferd in Österreich, das auf einem großen Gestüt geboren worden ist, sehr wahrscheinlich latent infiziert ist.

Das EHV-1 wird als Aerosol (Anm. also über die Luft) übertragen. Jedoch sind diese Aerosole nicht sehr stabil und verlieren bei der aktuellen Wetterlage rasch ihre Infektiosität. Das Virus kann nicht weiter als 5 bis 50 Meter ausgeschnauft werden. Bei einem Ausritt entlang befallener Betriebe wird nichts passieren können. Nur fiebernd kranke Pferde verbreiten das Virus effizient, vor allem bei engem Kontakt. Kranke Pferde sollten deshalb weder in einen anderen Stall verbacht werden noch Turniere besuchen.

EHV-1 ist schon seit mehr als 50 Jahren als Problem bekannt und tritt jedes Frühjahr und im Spätwinter in einzelnen Betrieben in Europa und den USA auf. Bei bewusstem Umgang mit den Hygieneregeln lässt sich das Risiko sowohl für EHV-1 wie auch für Druse sehr stark reduzieren.
Der aktuelle Ausbruch in Niederösterreich hat sich mittlerweile gelöst und es gibt keine Hinweise auf eine neuerliche Ausbreitung der Infektion. Unter Beachtung der Hygienemaßnahmen besteht derzeit keine Gefahr für eine Infektion mit EHV-1 auf Turnieren oder Rosswahlfahrten."

Trotz der durchwegs zuversichtlich stimmenden Nachrichten bittet der OEPS alle Pferdebsitzer, Stallbetreiber und Reiter weiterhin wachsam zu bleiben und bei Verdachtsfällen sofort einen Tierarzt sowie das OEPS-Büro zu kontaktieren. So könne sichergestellt werden, dass die Experten, also Veterinärmediziner, rasch an die richtigen Informationen kommen, um schnell entscheiden zu können, was zu tun ist.

Zum Infoblatt der Veterinärmedizinischen Universität Wien rund ums Thema Herpes geht's hier.

OEPS/ps