Recht

Pferd tritt überholenden Radfahrer: Wer haftet?

Ein Artikel von Pamela Sladky | 22.06.2020 - 10:13
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Bei einem Pferd muss immer mit unvorhergesehenen Verhalten gerechnet werden - ausreichend Sicherheitsabstand ist der beste Schutz für alle.   ©jharela - stock.adobe.com

Der Fahrer eines Liegefahrrads wollte auf einem Radweg an zwei Pferden vorbeifahren. Beim Überholvorgang erschrak eines der Tiere und schlug aus – sehr zum Leidwesen des Radfahrers, der zu Sturz kam und sich Prellungen, Schürfwunden und eine Verletzung an der Hand zuzog. Der Fall kam vor Gericht, wo die Höhe des zu zahlenden Schadensersatzes verhandelt wurde.

Das Gericht stellte zunächst fest, dass für die Halterin eines Pferdes eine Tierhalterhaftung besteht. Demnach habe sie grundsätzlich für sämtliche Schäden einzustehen, die ihr Pferd verursacht. Die Reiterin konnte sich im konkreten Fall von der Haftung auch nicht entlasten, weil sie verbotenerweise auf einem Radweg unterwegs war, dessen Benützung grundsätzlich Radfahrern vorbehalten ist.

Fahrradfahrer trägt Mitschuld

Ein Fehlverhalten sah das Gericht allerdings auch beim Radfahrer. Er hatte Pferd und Reiterin mit lediglich 40 Zentimetern Abstand überholt. Das sei deutlich zu wenig, denn Radfahrer im Straßenverkehr müssen beim Überholen einen Sicherheitsabstand einhalten, der sich an der besonderen Gefährlichkeit im konkreten Fall orientiert – auch dann, wenn sich, wie in diesem Fall, verbotenerweise Pferde auf dem Radweg befinden.

Wie das Gericht ausführte, sei bei einem Pferd immer mit unvorhersehbarem Verhalten zu rechnen. Deshalb hätte der Radfahrer einen Abstand von wenigstens eineinhalb bis zwei Metern einhalten müssen. Außerdem hatte er es verabsäumt, sich vor seinem Überholmanöver mit den Reiterinnen zu verständigen, obwohl das unproblematisch möglich gewesen wäre.

Den Radfahrer sei damit die Hälfte der Schuld anzurechnen, so das Gericht, sein Schmerzensgeld wurde auf 3.000 Euro festgesetzt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.