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Urteil: Tierarzt von Pferd getreten - erhält Teilschuld

Ein Artikel von Pamela Sladky | 19.01.2017 - 11:13
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Im April 2013 wurde der Veterinär in den Stall des Beklagten, ein Hobbyzüchter aus Bad-Sassendorf in Nordrhein-Westfalen, gerufen. Ein drei Wochen altes Fohlen zeigte anhaltenden Durchfall und sollte untersucht werden.

Eintreffen des Tierarztes befanden sich Mutterstute und Fohlen in einer ca. 3 x 3 m großen Box. Der Besitzer der beiden hatte die Stute mit dem Kopf zur hinteren rechten Ecke gerichtet angebunden.

Als alle Versuche des Besitzers fehlschlugen, dem Fohlen für die Behandlung ein Halfter überzustreifen, begab sich der Tierarzt in den vorderen Teil der Box, um das Fohlen von vorn zu fixieren. In diesem Moment drehte sich die Stute mit der Kruppe in Richtung Boxentür um und trat aus, wobei sie den Veterinär am linken Oberschenkel traf. Die Folge waren Knochenbrüche, Muskel-, Kreuzband-, Gelenkkapsel- und Meniskusverletzungen, der Tierarzt musste operiert und stationär behandelt werden.

Als Folge dieses Zwischenfalls forderte der Veterinär Schadensersatz vom Halter der Tiere. Ein vom Haftpflichtversicherer des Beklagten auf der Basis einer 50 %igen Haftungsquote unterbreitetes Vergleichsangebot lehnte er ab. Ihm sei kein Mitverschulden anzulasten, so der Veterinär, weil er als Tierarzt aufgrund der Berufsordnung zur Behandlung des erkrankten Fohlens verpflichtet gewesen sei und dem Beklagten beim Ausführen des Fohlens aus der Pferdebox habe helfen müssen. Damit kam die Sache vor Gericht.

Und dort konnte man sich den Ausführungen des Tierarztes nur Gänze anschließen, wie eine aktuell veröffentlichte Pressemitteilung der OLG Hamm ausführt. Der Beklagte hafte, so der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts, aus dem Gesichtspunkt der Gefährdungshaftung als Tierhalter für den Schaden, den seine Stute an der Gesundheit des Klägers verursacht habe. In der Verletzung des Klägers habe sich die typische Tiergefahr realisiert.

Allerdings sei dem Kläger ein Mitverschulden anzulasten, so das Oberlandesgericht. Dieses sei in seinem Verhalten vor der Verletzung begründet. Demnach hätte für den Kläger bereits vor dem Betreten der Pferdebox unschwer erkennbar sein müssen, dass er in der für beide Pferde erheblich zu kleinen Box an jeder Stelle vom Huf der - sichtlich erregten - Stute habe getroffen werden können. Auch hätten er und der Pferdehalter mit einem Widerstand der Stute gegen eine Trennung von ihrem Fohlen rechnen müssen. Das Anbinden der Stute habe ihren Erregungszustand sogar noch erhöht. In dieser Situation hätte der Kläger die Pferdebox nicht betreten dürfen, so der Richter.

Um die beiden Pferde zu trennen, hätten wesentlich weniger risikoreiche Methoden zur Verfügung gestanden. Nach Meinung eines Sachverständigen hätten die Stute und ihr Fohlen mit Hilfe einer Nachbarbox und unter Umständen in mehreren Versuchen voneinander getrennt werden können. Dieses Vorgehen wäre dem Kläger auch zumutbar gewesen und hätte die Gefahr einer Verletzung erheblich verringert.

Bei der Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge, sei zu berücksichtigen, dass der Pferdehalter die Pferde in einer zu kleinen Box gehalten und die Stute unsachgemäß mit dem Kopf vom Fohlen entfernt angebunden habe. Dennoch verbleibe ein mit der Quote von einem Viertel zu bemessenes Mitverschulden beim Tierarzt.

PM/ps