Recht

Waldspaziergang mit Pferd: Möglich trotz Reitverbots?

Ein Artikel von RA Dr. Manuela M. Pacher, LL.M. | 09.06.2022 - 12:05
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Ein Waldspaziergang ist eine feine Sache für Mensch und Pferd - und aus rechtlicher Sicht auch ohne explizite Erlaubnis möglich.
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Lena und ihre Freundinnen gehen mit ihren Pferden gerne ins Gelände. Dazu bietet sich die Umgebung des heimatlichen Reitstalles an, der von sanften Hügeln und ausgedehnten Wäldern umgeben ist. In letzter Zeit wird den Freundinnen jedoch ein Strich durch die Rechnung gemacht: Auf nahezu sämtlichen Waldwegen rund um den Reitstall sind seit neuestem Reitverbotsschilder angebracht. Da der eigene Körper angesichts der Sommersaison ohnehin ein wenig mehr Sport vertragen könnte, wird Plan B gefasst: Anstatt mit den Pferden durch den Wald zu reiten, will die motivierte Truppe ausgedehnte Wanderungen mit den Pferden an der Hand vornehmen. Aber ist das im Wald, noch dazu bei Bestehen eines ausdrücklichen Reitverbots, überhaupt erlaubt?

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© Das Schild „Reitverbot“ zeigt unmissverständlich an, dass hier Reiten nicht gestattet ist. Das Führen eines Pferdes schließt es allerdings nicht mit ein.

Das sagt das Gesetz

§ 33 Forstgesetz regelt die Benutzung des Waldes allgemein. Gemäß dieser Gesetzesbestimmung sind der Allgemeinheit das Betreten und der Aufenthalt im Wald grundsätzlich gestattet. Eine darüber hinaus gehende Benutzung wie zum Beispiel das Befahren oder auch Reiten ist gemäß § 33 Abs. 3 Forstgesetz jedoch nur mit Zustimmung des Waldeigentümers bzw. auf Forststraßen mit Zustimmung des Wegehalters erlaubt. Daraus ergibt sich, dass Reiten im Wald ausdrücklich verboten ist, außer es wurde dazu die Zustimmung des Waldeigentümers eingeholt.

Diese Erlaubnis kann entweder persönlich oder aber durch eine Beschilderung, die gewisse Wege ausdrücklich als Reitwege definiert, erteilt werden. Das Betreten des Waldes, also das Zufußgehen, ist jedoch grundsätzlich jedermann zu Erholungszwecken erlaubt. Dazu muss keine ausdrückliche Genehmigung des Waldeigentümers eingeholt werden. Daraus kann meines Erachtens geschlossen werden, dass auch das Betreten des Waldes mit dem Pferd an der Hand keiner ausdrücklichen Zustimmung des Waldeigentümers bedarf.  

Wenn der Gesetzgeber, der im § 33 Abs. 2 Forstgesetz ausdrücklich das Reiten im Wald verbietet, tatsächlich auch das Führen eines Pferdes verbieten wollte, wäre das wohl explizit im Gesetz geregelt worden.


RA Dr. Manuela M. Pacher, LL.M.

Eine solche Vorschrift findet sich aber weder im Forstgesetz noch in irgendeinem anderen Bundes- oder Landesgesetz bzw. in keiner Verordnung. Auch eine so weitgehende Interpretation, dass aus § 33 Forstgesetz ein grundsätzliches Betretungsverbot des Waldes mit Pferd ableitbar wäre, ist m. E. unzulässig. Das Betreten zu Fuß ist jedermann jederzeit ohne Einschränkung erlaubt, damit muss auch das Mitführen eines Pferdes erlaubt sein.

Sattel und Zaum kein Corpus Delicti

Dasselbe muss im Übrigen auch für ein gezäumtes und gesatteltes Pferd gelten, das durch einen Wald geführt wird. Allein an der Ausrüstung eines Pferdes kann nicht festgemacht werden, ob man es in den Wald mitnehmen darf oder nicht. Auch außerhalb des Waldes darf auf öffentlichen Wegen grundsätzlich sowohl geritten als auch geführt werden. Handelt es sich um private Wege, obliegt es dem Liegenschaftseigentümer, ein Verbot des Betretens oder des Reitens zu erlassen, das natürlich zu akzeptieren ist. Gerichtliche Entscheidungen zum Thema Führen in Reitverbotszonen fehlen bisher in Österreich. Nach der derzeitigen Gesetzeslage steht einer ausgedehnten Wanderung mit dem Pferd trotz Reitverboten daher nichts entgegen.

Zur Person

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Dr. jur. Manuela M. Pacher ist Rechtsanwältin in Wien und unter anderem spezialisiert im Gesellschaftsrecht, Kollektiv- und Individualarbeitsrecht, Biotechnologie und Pharma sowie im allgemeinen Vertragsrecht. Als passionierte Reiterin sowie langjährige Pferdebesitzerin und -halterin ist sie zudem in allen rechtlichen Belangen rund ums Pferd versiert.

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