Lexikon der Futtermittel

Weizenkleie – goldene Ballaststoffe

Ein Artikel von Stephanie Kollin | 08.05.2024 - 14:43
6_(c)Slawik.jpg

© www.slawik.com

Die Weizenkleie hat – zu Unrecht – einen schlechten Ruf. Der Grund dafür liegt lang zurück: Das Nebenprodukt der Getreideverarbeitung verfütterten Müller in früheren Zeiten gerne in großen Mengen an ihre Arbeitspferde. Gesund war das nicht, die sogenannte Müller- oder Bäckerpferdekrankheit beschreibt einen enormen Überschuss an Phosphor im Körper, wodurch den Knochen Kalzium entzogen wird und es unter anderem zu Schwellungen besonders am Pferdekopf kommt („big head disease“). Zum Vergleich: Hafer enthält im Schnitt 3,3 Gramm Phosphor und 1,1 Gramm Kalzium pro Kilogramm, Weizenkleie durchschnittlich 11,8 Gramm Phosphor und 1,3 Gramm Kalizum pro Kilogramm. Heutzutage würde es uns allerdings wohl kaum einfallen, unsere Pferde mit täglich mehreren Kilogramm Weizenkleie zu versorgen. Auch die Mähr, dass man Mash nicht jeden Tag füttern dürfe, hat ihre Ursprünge in jener Zeit. Denn heute fertig verfügbare Mash-Mischungen weisen ein bereits ausgeglichenes Verhältnis von Phosphor zu Kalzium auf.

weizenkleie_307_2.jpg

Bestandteil von vielen Mash-Mischungen, äußerst nährstoffreich und verdauungsunterstützend: Weizenkleie.  © www.slawik.com

Nährstoffreich und verdauungsunterstützend

Bei der Getreideverarbeitung entsteht durch Absieben des bereits gemahlenen Mehls die Kleie als Mühlennachprodukt, vergleichbar mit der Molke in der Milchproduktion. 80 Prozent der ernährungsphysiologisch wertvollen Stoffe aus dem Getreidekorn sind in der Kleie enthalten: Sie ist reich an Mineralien, Spurenelementen und Vitaminen. Besonders Magnesium, Eisen und Zink sind reichlich enthalten. Das ebenso enthaltene Weizenkeimöl wird als wertvolles Lebensmittel mit hohem Vitamin-E-Gehalt geschätzt. Es besteht aus 60 Prozent mehrfach ungesättigten Fettsäuren, davon sind wiederum 88 Prozent Omega-6-Fettsäuren. Im Vergleich zur kostengünstigeren Haferkleie, die in der Futtermittelindustrie gerne als Rohfaserlieferant eingesetzt wird, schneidet Weizenkleie in puncto Nährstoffzusammensetzung deutlich besser ab. Unter anderem spricht ihr hoher Anteil an den essenziellen Aminosäuren Lysin, Methionin, Cystin, Threonin und Tryptophan für sie. Der Rohfaseranteil (Ballaststoffe) liegt bei hohen 15 Prozent, der Stärkeanteil gleichauf – damit gilt sie als stärkearm und kann auch gut an Pferde mit Stoffwechselerkrankungen verfüttert werden. Schleimstoffe aus der Weizenkleie sorgen daneben für die Angeregung der Verdauung und können zur Vorbeugung von Verstopfungskoliken eingesetzt werden. Ihre leicht abführende Wirkung macht sie für Pferde mit Durchfallbeschwerden allerdings nicht gut geeignet. Will man Weizenkleie als zusätzliches Einzelfuttermittel geben, muss sie unbedingt feucht gefüttert werden. Möglich ist auch eine Mischung mit Leinsamen und geschrotetem Hafer als selbstgemachtes Mash. Vorsicht: Weizenkleie bindet viel Flüssigkeit und kann trocken gefüttert deshalb zu Verstopfungen führen. Deshalb ist auch eine trockene Lagerung wichtig. Ein- bis zweimal die Woche können 250 bis 500 Gramm gefüttert werden.