Ausrüstung

Wie Pauschen Pferd und Reiter:in beeinflussen

Ein Artikel von Redaktion | 29.06.2023 - 15:30
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Sattelpauschen beeinflussen sowohl den Reitersitz als auch die Biomechanik des Pferdes.   © Jürgen Lenzen | stock.adobe.com

Das Interesse an der Wirkung des Satteldesigns auf die Kinematik des Pferdes wird stetig größer, doch es gibt nur wenige Belege für den Einfluss auf die Interaktion zwischen Reiter und Sattel sowie die Auswirkungen auf die Bewegungsmuster des Pferdes. Ein britisches Forschungsteam hat jüngst untersucht, wie Sattelpauschen die Interaktion zwischen Pferd und Reiter und auch die Bewegung beider Protagonisten beeinflussen und dabei interessante Entdeckungen gemacht, die im Wissenschaftsmagazin Animals veröffentlicht wurden.

Sattelpauschen: Eine Erfolgsstory

Pauschen dienen dazu, das Reiterbein zu stabiliseren und so für einen sichereren und ruhigeren Sitz im Sattel zu sorgen. In den vergangenen Jahren hat sich die Größe der Sitzhilfe dramatisch verändert. Die einstigen Kniepauschen sind mittlerweile zu Oberschenkelpauschen angewachsen, deren Design in Bezug auf Form, Größe, Höhe und Position deutlich variieren können.

Pauschen spalten die Reiterschaft. Für die einen können sie nicht groß genug sein und dürfen gerne auch paarweise – an Vorder- und Rückseite des Beins – in Erscheinung treten, alles, um noch besseren Halt auf dem Pferderücken zu erlangen. Andere wiederum empfinden die Extra-Blöcke am Sattelblatt als störend, weil sie die Bewegungsfreiheit im Sattel einschränken. Und obwohl Pauschen mittlerweile ein weit verbreitetes Zubehör sind, ist relativ wenig über ihre Auswirkungen auf Reiter und Pferd bekannt.
 

Zwei Modelle im Vergleich

Diese Lücke wollten Rachel Murray und ihre Kollegen schließen. In ihrer Studie konzentrierten sich die Forschenden aus Großbritannien auf zwei verschiedene Designs von Oberschenkelpauschen, die ähnlich positioniert waren, sich allerdings in ihrer Beschaffenheit unterschieden: Die eine Variante aus festem, eher starrem Material gefertigt, die andere im Kern ebenfalls fest, allerdings mit verformbarer Außenschicht, sodass sie weniger einschränkend auf den Reitersitz wirkte. Die Forscher vermuteten, dass sich die Kontaktfläche und die Druckwerte zwischen Reiter und Sattel, die Kinematik von Reiter und Pferd sowie die Bewegungsmuster des Pferdes zwischen den beiden Designs unterscheiden würden.

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Zwei Pauschen im Vergleich:
Links ("S") ein geformter Block von 260 mm Länge mit einer vertikalen, mit Leder überzogenen Oberfläche ohne zusätzliche Polsterung (rote gestrichelte Linie).
Rechts ("F") ein Oberschenkelblock mit ebenfalls 260 mm Länge; jedoch auf der dem Reiter zugewandten Seite konkav geformt und mit drei Schaumstoffen überzogen, um eine verformbare Oberfläche zu bilden, wobei die am stärksten verformbare Schicht dem Reiter zugewandt ist (drei schattierte grüne Linien).  

Als Probanden dienten 18 Elite-Sportpferde, davon 12 Dressurpferde und sechs Vielseitigkeitspferde, die von vier FEI Grand Prix Dressurreiter:innen (zwei männlich, zwei weiblich) sowie je einem Fünf-Sterne Vielseitigkeitsreiter und einer Fünf-Sterne Vielseitigkeitsreiterin im Trab geritten wurden.

Die Auswertung der Ergebnisse, die mittels Sitzdruckmatte und durch Bewegungsmarkierungen und High-Speed-Kamera aufgezeichnet wurden, bestätigte die Vermutung der Forscher:innen: Tatsächlich beeinflussten die verschiedenen Pauschenmodelle die Bewegungen von Pferden und Reitern auf unterschiedliche Weise.

  • So führte der Oberschenkelblock mit der verformbareren Oberfläche zu einer größeren und konstanteren Kontaktfläche und einem höheren Druck zwischen Reiter und Sattel. Die Reiter:innen saßen mit also tiefer und fester im Sattel, wenn ihr Bein nicht so starr in einer Position gehalten wurde.
  • Die nachgiebige Oberfläche führte dazu, dass die Reiter:innen im Moment des Auffußens aufrechter saßen.
  • Bei den Pferden verbesserte das flexiblere Modell die Stabilität des Brustkorbs, die Biegung der Lendenwirbelsäule sowie die Beugung der Vordergliedmaßen verglichen mit der weniger flexiblen Pauschenvariante.
     

Mehr Flexibilität ist besser für Reiter:in und Pferd

Fazit der Studie: Ist die Bewegung im Sattel zu stark eingeschränkt – was durch große und starre Pauschen schnell passieren kann – hat das nicht nur Auswirkungen auf den Reiter selbst, sondern auch auf sein Pferd. In der Vorwärtsbewegung des Pferdes wird das Knie des Reiters gegen die Sattelpausche gedrückt. Je nach Größe und Form sowie der Anatomie der Person im Sattel kann dies das Knie einschränken. Als direkte Folge wird das Becken des Reiters daran gehindert, der Bewegung des Pferdes entsprechend zu folgen. Diese Aufgabe muss dann der Rumpf übernehmen. Ein flexibleres Pauschendesign hat zur Folge, dass der Reiter besser mit den Bewegung seines Pferdes mitschwingen kann, was das Pferd mit einer besseren Rückentätigkeit und einer größeren Beweglichkeit der Vorderbeine quittiert.
 

Weitere Untersuchungen nötig

Für eine höhere Aussagekraft wäre eine Studie von Vorteil, die die Effekte über einen längeren Zeitraum hinweg misst. So ließe sich feststellen, ob die identifizierten Unterschiede bestehen bleiben, oder ob sich eine Art Gewöhnungseffekt einstellt, räumen Rachel Murray und ihre Kolleg:innen ein. „Diese Studie quantifizierte außerdem nur die Kinematik von Pferd und Reiter im Trab. Zukünftige Studien sollten den Effekt eines Sattel-Oberschenkelblocks auf die Interaktion zwischen Reiter, Sattel und Pferd im Schritt und Galopp quantifizieren, wenn in verschiedenen Reitpositionen geritten wird und wenn er von weniger erfahrenen oder symmetrischen Reitern verwendet wird.“

Die Studie im Originalwortlaut können Sie hier nachlesen.