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Pferde sind für viele Menschen der Inbegriff von Freiheit, Stolz und Adel. Nur die wenigsten mögen Pferdefleisch auf ihrem Teller. © Nastenok - Fotolia.com

Warum ist Pferdefleisch für uns ein Tabu?

Ein Artikel von Marion Holzinger | 05.03.2013 - 11:52
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Pferde sind für viele Menschen der Inbegriff von Freiheit, Stolz und Adel. Nur die wenigsten mögen Pferdefleisch auf ihrem Teller. © Nastenok - Fotolia.com

Warum essen wir Kälber, Ferkel und Milchlämmer, aber kein Fohlen? Hat das Pferd wirklich einen so hohen Sympathiefaktor, dass wir es nicht auf unserem Teller wollen? Pferdefleisch ist fettarm, reich an Eisen, gut in Qualität und Geschmack und kann anderen Fleischsorten damit hinsichtlich seiner Bekömmlichkeit zweifelsfrei das Wasser reichen. Dennoch ist es in den meisten europäischen Ländern mit einem Makel behaftet und wird von einem Großteil der Bevölkerung emotional abgelehnt.

Eines der ältesten Nahrungsmitteln

Wie Ulrike Gudehus in Ihrer Dissertation zum Thema Pferdeschlachtung und Pferdefleischkonsum in Deutschland erörtert, gehört geschichtlich betrachtet Pferdefleisch zu den ältesten Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs. Knochenfunde belegen, dass das Wildpferd für die Menschen der Frühzeit ein beliebtes Jagdobjekt war. Hinweise auf eine Domestizierung in dieser Epoche gibt es nicht (BENECKE 1994a). Diese erfolgte erst ca. 3000 v. Chr., sehr wahrscheinlich zur Fleischgewinnung.

Bedeutung als Zug- und Reittier erlangte das Pferd erst später. Gleich wie den Israeliten aufgrund ihrer Speisegebote nur der Verzehr von Wiederkäuern mit gespaltenen Klauen erlaubt war, so spielte auch bei den Griechen und Römern Pferdefleisch keine Rolle – es galt als unrein. Hingegen war es im frühgeschichtlichen Deutschland für die keltische Urbevölkerung eine Selbstverständlichkeit, ihre Pferde nach abgeleisteten Diensten zu schlachten und zu essen.

Vom Papst-Tabu zum Arme-Leute-Essen

Die nordischen Völker kannten keine Speisegesetze, sie ernährten sich fast ausschließlich von Fleisch. Pferdefleisch war für die Germanen das edelste und beste ? sie verspeisten es bei Opferzeremonien sowie bei Festen. Dieser Umstand begründet paradoxerweise eine der Theorien, warum wir heute keine Pferde essen wollen. Zur Unterdrückung der heidnischen Opferrituale verbot nämlich Papst Gregor III im Jahre 732 im Zuge der Christianisierung der Germanen jeglichen Verzehr von Pferdefleisch, weil es als „unrein und verabscheuungswürdig“ galt. Dieses Verbot wurde später auch auf Vögel und Hasen ausgeweitet, wie Gudehus schreibt.

Ob die Bekehrung zum Christentum der alleinige Grund für das Verbot durch den Papst war, darüber streiten die ExpertInnen. Vielleicht wollte er auch damit einen Mangel an Streitrössern für seine Soldaten verhindern. Wie auch immer - bemerkenswert ist, dass erst Mitte des 19. Jahrhunderts Pferdefleisch in Deutschland als normale Handelsware zugelassen wurde. In Wien eröffnete 1850 die erste „Pferdefleischbank“ was auch deutlich macht, dass Pferdefleisch bis in unsere Zeit von anderen Fleischsorten getrennt wurde. Warum dieser Aufwand?

In der Nachkriegszeit und in Perioden extremer Teuerung blieb der Bevölkerung keine Wahl – Pferde, abgewirtschaftet, alt und krank, wurden zum Arme-Leute-Essen. In dieser Zeit entstand auch der schlechte Ruf, Pferdefleisch sei von minderer Qualität. Ein Vorurteil, dass sich bis heute hartnäckig hält. Und was damals ebenfalls zum ersten Mal auftauchte waren Betrüger, die Pferde- als Rindfleisch verkauften.

Die Beißhemmung, die uns befällt, wenn wir ein Streicheltier aufgetischt bekommen, hat aber auch noch andere Ursachen. Die Nahrungsauswahl ist beim Menschen nicht instinktiv, wie beim Tier, sondern antrainiert, meint Elisabeth Hurrer, Sprecherin des Vegetarierbundes Deutschland. Tiere, denen wir einen Namen geben, essen wir nicht. Es ist kulturell abhängig, welche Tiere als Nutz- bzw. Haustiere gelten und dementsprechend empfinden wir das eine Fleisch als gut, vor dem anderen schrecken wir zurück. In Großbritannien z.B. ist Pferdefleisch ein Tabu, in Italien und Frankreich gilt es als Delikatesse. Ganz normal auf der Speisekarte ist Pferd aber auch dort nicht zu finden.

Auch im Land der Lipizzaner wird Pferd gegessen. Etwa 1000 Tiere wurden 2011 in Österreich geschlachtet, 50 Gramm pro Kopf und Jahr verzehrt. Sehr wenig, im Vergleich zu den 70 kg Fleisch, die jede/r ÖsterreicherIn in einem Jahr zu sich nimmt. Ob wir es also als Delikatesse betrachten oder gänzlich ablehnen - Pferdefleisch ist Kopfsache!