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Viele Tierfreunde lassen sich leichter zu einem Kauf überreden, wenn sie das Leben eines Pferdes bedroht sehen. © Jenny Downing

Pferderettung: Das Geschäft mit dem Mitleid

Ein Artikel von Pamela Sladky | 29.03.2018 - 00:09
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Viele Tierfreunde lassen sich leichter zu einem Kauf überreden, wenn sie das Leben eines Pferdes bedroht sehen. © Jenny Downing

Pferd hat nur noch wenige Tage, dann geht es zur Schlachtung. Es sind Sätze wie diese, die auf sozialen Netzwerken immer häufiger zu lesen sind, wenn es um die Vermittlung von Pferden geht. Die Androhung der gewaltsamen Beendigung eines Tierlebens ist der ultimative Verkaufsbeschleuniger. Sie erzeugt eine Dringlichkeit, die Pferdefreunden schneller zum Kauf motivieren. Selbst, wenn ursprünglich gar kein Erwerb geplant war.

Das perfide: Oft ist das Wedeln mit dem imaginären Bolzenschussapparat eine reine Verkaufsmasche, mit der bewusst gespielt wird, um die Pferde an den Mann oder an die Frau zu bringen. Denn in vielen Fällen sind derart angebotene Pferde gemäß der Kennzeichnung ihres Equidenpasses gar nicht zur Schlachtung zugelassen.  

Diese Erfahrung hat auch Birgit Ferstl aus Bayern gemacht. Nach dem Kauf mehrerer designierter Schlachtpferde  über die Facebookgruppe „Wir retten gemeinsam - Vermittlung von Pferden in Not“ bemerkt sie den entsprechenden Vermerk im Pferdepass. Die Pferde dürfen der Schlachtung gar nicht zugeführt werden. Ferstl ist irritiert: „Deswegen habe ich sie ja gekauft. Sonst hätte ich wahrscheinlich kein einziges gekauft! Man sitzt halt und denkt, wenn du das heute nicht kaufst, wird es morgen geschlachtet“, berichtet die Pferdefreundin in der Sendung „Panorama“, in der der NDR das unlautere Geschäft mit der Pferderettung aufdeckt.

Das Business läuft nicht schlecht. Allein zwischen Oktober 2017 und dieser Woche wurden in besagter Facebook-Gruppe Pferde im Wert von über 300.000 Euro angeboten. Die meisten davon wurden auch verkauft – nicht zuletzt wegen der Schlachtandrohung.

Hinter der Gruppe, die mehr als 17.000 Mitglieder zählt, steckt ein Pferdeschlachter aus Baden-Württemberg. Er sieht in seiner Vorgehensweise nichts Verkehrtes. Immerhin, so erzählt er im Gespräch mit dem NDR, würden die Pferde tatsächlich am Schlachtband landen, wenn der Vermittlungsversuch fehlschlägt. Auch die, deren Schlachtung laut Equidenpass gar nicht erlaubt ist. Denn es gäbe eine Unterscheidung zwischen einem Schlachtpferd für den menschlichen Verzehr und einem Schlachtpferd für die Tiernahrungsindustrie, wie er erklärt. Gibt es hier tatsächlich ein Schlupfloch? Gibt es diese Definition „nicht zur Schlachtung für den menschlichen Verzehr, aber für die Tiernahrungsindustrie geeignet“? Nein, sagt Edgar Schallenberger, Tierschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein auf Nachfrage des NDR. „Wenn ich ein nicht zur Schlachtung vorgesehenes Pferd schlachten will, dann ist das per se illegal. Da brauchen wir gar nicht drüber diskutieren.“

Trotzdem floriert das Geschäft mit der vermeintlichen Rettung von Pferden. Ein Geschäft, das auf Mitleid basiert und dem Willen, einem Tier einen unnötigen Tod zu ersparen. Und das nicht selten die Grenzen der Legalität überschreitet.

Hier geht’s zum Beitrag des NDR.

ps