Die bekannteste Ammenstute im deutschsprachigen Raum, die Holsteiner Stute Frau Vogel, ist nicht mehr. © www.InaGrafie.de
Frau Vogel, die Stute mit dem ungewöhnlichen Namen, war in vielerlei Hinsicht besonders.
Dass die Schimmelstute eine besondere Schwäche für Fohlen hat, war ihrer Besitzerin Brigitte Forstner schon recht bald klar. Nach ihrer Karriere als erfolgreiches Turnierpferd wurde Ladybird, wie die Holsteiner Stute dem Papier nach hieß, selbst vier Mal Mutter.
Doch das reichte ihr nicht. „Frau Vogel hat auf der Koppel immer die Fohlen von anderen Stuten geklaut“, erzählte Brigitte Forstner erst vor wenigen Monaten im Interview mit der Pferderevue. Als eines Tages die Stute einer Freundin starb und ein Fohlen hinterließ, dachte sie sofort an Frau Vogel. „Frau Vogel hatte zu dieser Zeit einen Absetzer, und ich wusste ja um ihre große Liebe zu Fohlen. Also haben wir es einfach versucht.“
Die Rechnung ging auf: Frau Vogel nahm das fremde Waisenkind an, als wäre es ihr eigenes, und kümmerte sich fortan liebevoll darum. Es war der Beginn einer außergewöhnlichen Karriere, die Frau Vogel weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt machen sollte.
In der Regel ist eine Zusammenführung von Waisenfohlen und Ammenstute eine komplizierte Angelegenheit – und auch nicht ungefährlich. Denn nicht immer wollen Stuten, die selbst gerade ein Fohlen verloren haben, ein fremdes ohne weiteres annehmen. Vielfach ist tage- oder sogar wochenlange Unterstützung durch den Menschen nötig, damit Stute und Fohlen zusammenfinden.
Nicht so bei Frau Vogel. „Bei uns ist das ganz einfach: Boxentüre auf, kleiner Vogel (Fohlen) rein, Tür zu, das war’s. Mehr muss Mensch nicht tun, Frau Vogel macht alles selbstständig“, erzählte Brigitte Forstner voller Stolz.
Fast zwei Dutzend Waisenfohlen ermöglichte Frau Vogel durch ihre unnachahmliche Art ein normales Aufwachsen. Es gab Zeiten, da umsorgte die Schimmelstute bis zu drei Fohlen unterschiedlichster Herkunft gleichzeitig. Erst im September verabschiedete sie einen ihrer Zöglinge in eine hoffnungsvolle Zukunft. Die Haflingerstute Lolly sollte Frau Vogels letztes Ziehkind sein. Am Samstagnachmittag starb die Stute an den Folgen eines „Schlaganfalls“ im Kreise ihrer liebsten Menschen. „Heute Nachmittag, an einem strahlend schönen Herbsttag, ist Frau Vogel in unserer Mitte friedlich eingeschlafen“, heißt es auf Brigitte Forstners Facebookseite.
Die Wasserburgerin will sich auch nach dem Ableben ihrer Ausnahmestute um Waisenfohlen annehmen. Eine neue Ammenstute gebe es bereits, heißt es auf der Facebookseite. Wann Frau Vogels Nachfolgerin und Brigitte Forstner samt Team wieder Fohlen aufnehmen werden, steht zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht fest.
ps