In einer Aussendung am Montag sprach sich die Tierschutzorganisation Pfotenhilfe vehement gegen die Nutzung von Pferden in einer Großstadt wie Wien aus. „Wenn Fiaker ein tierschutzrelevantes Problem sind, dann sind es Pferde im Polizeieinsatz erst recht“, sagte Pfotenhilfe-Geschäftsführerin Johanna Stadler. Als Fluchttiere würden Pferde bei Lärm oder plötzlich auftauchenden Hindernissen schnell zur Panik neigen und dann für sich selbst und andere eine große Gefahr darstellen.
Nach Stadlers Ansicht gilt das auch für ausgebildete Polizeipferde. „Ich kann auch aus eigener Erfahrung von äußerst gefährlichen Situationen beim Einsatz von Pferden bei einer Demonstration berichten. Die Polizeipferde in München waren damals schweißüberströmt und konnten von den Polizisten kaum gebändigt werden. Die Trillerpfeifen, Megaphone, Sprechchöre und auch die Banner machten sie hochnervös, wodurch sie die Augen vor Angst weit aufrissen, sich aufbäumten und laut wieherten. Man mag sich nicht vorstellen, was passiert, wenn so eine Demonstration außer Kontrolle gerät und die Pferde mitten in der Menge durchgehen und ohne Rücksicht auf Hindernisse losgaloppieren.“
Das Training der Polizeipferde, das die Tiere gelassen in Stresssituationen machen soll, bezeichnet man bei der Pfotenhilfe als tierquälerisch. „Da wird natürlich auch direkt neben den Ohren geschossen, bis sich das arme Tier daran 'gewöhnt' - und das kann dauern“, heißt es in der Aussendung.
Studie zeigt Gegenteil
Zu einem völlig anderen Ergebnis kam eine vor einigen Jahren in den Niederlanden durchgeführte Studie. Sie begleitete neun Polizeipferde während ihrer anspruchsvollen Ausbildung und maß die Stresslevel in unterschiedlichen Situationen - vom Transport über Feuertraining und Patrouillenarbeit bis hin zu Aufstandsbekämpfung. Der höchste Stresslevel wurde gemessen, wenn ein Pferd in einer Aufstandssimulation vom Rest des Bestandes separiert wurde. Hier stieg die Angstreaktion deutlich an, vor allem wenn der Reiter nicht in der Lage war die Unruhe des Pferdes durch seine Einwirkung zu kontrollieren oder sie durch sein eigenes Verhalten sogar verschlimmerte. Davon abgesehen, blieben die stressrelevanten Werte jedoch deutlich unter den Erwartungen der Forscher, sodass Leiterin Carolien Munsters zu dem Ergebnis kam, dass Polizeipferde ihre Ausbildung als nicht sonderlich belastend empfinden.
Kritik an Kosten
Doch Tierschützer sind nicht die einzigen, die berittenen Polizisten in Wien kritisch gegenüber stehen. Vordergründig ist es der finanzielle Aspekt, der für wenig Gegenliebe sorgt, denn sowohl Haltung als auch Ausbildung der Pferde ist mit hohen Kosten verbunden, wie Beispiele anderer Reiterstaffeln im benachbarten Deutschland oder den USA zeigen. „Da kostet die Suppe mehr als das Fleisch,“ zeigt sich etwa Reinhard Zimmermann, Vorsitzender der Polizeigewerkschaft, skeptisch. „Bei Demos, wo es kracht und knallt, kann ich mir das kaum vorstellen. Und in der Lobau oder im Prater können die Polizisten auch radeln."
Wiener Polizei gesprächsbereit
Sollte es zur geplanten Evaluierung kommen, zeigt sich die Wiener Polizei jedoch gesprächsbereit, wie eine Sprecherin gegenüber dem Kurier betonte: „Wie es unserer Organisationskultur entspricht, reden wir zuerst mit dem Innenministerium und mit Experten. Dann erst mit den Medien, wenn wir etwas zu präsentieren haben. Dass das fix ist, davon kann man nicht reden. Jetzt werden alle Pros und Kontras abgewogen", sagt Daniela Tunst, Leiterin der Wiener Polizei-Pressestelle.
Interessenten für einen Job bei den Berittenen würden sich vermutlich mit wenig Aufwand finden lassen. Schon jetzt führt der Polizeisportverein Wien eine eigene Reiter-Sektion. Mit derzeit rund einem halben Dutzend Mitgliedern könnten sie die erste Basis für eine Reiterstaffel in der Bundeshauptstadt bilden.
ps