Carl Hester mit Uthopia v. Metall, Charlotte Dujardin mit Valegro von Negro - beide Pferde stammten aus niederländischer Zucht. © Holcbecher.com
"Schlaft gut, Blueberry und Uti, zwei der größten Pferde unserer Generation. Es erfüllt uns mit unermesslicher Traurigkeit, dass wir uns von Valegro und Uthopia verabschieden mussten, und ohne jede Frage ist dies ein Verlust, den man kaum begreifen kann", verkündete Carl Hester am Montagabend die traurige Nachricht vom Ableben zweier Ausnahmepferde, die dem Dressursport über Jahre hinweg ihren Stempel aufgedrückt haben.
Valegro "Blueberry" und Uthopia "Uti" – die Pferde von Charlotte Dujardin und Carl Hester – hoben die britische Dressur auf ein neues Level, und wurden gefeiert wie Popstars. Dank ihrer herausragenden Leistungen gelang Team UK 2011 in Rotterdam das bis dahin Unerreichte: Mannschafts-Gold bei einer Europameisterschaft. Carl Hester und sein kleiner Rapphengst von Metall mit dem Starken Trab für eine 10 eroberten bei dieser Gelegenheit zweimal Einzelsilber – nachdem sie den Grand Prix für sich entschieden hatten. Charlotte Dujardin, bis dahin internatinonal noch kaum bekannt, schaffte im Sattel des neunjährigen Valegro bei ihrem Championatsdebüt auf Anhieb den Sprung unter die Top Ten.
Goldene Ära
2012 sollte schließlich das Jahr des großen Durchbruchs für Charlotte Dujardin und Valegro werden. Bereits im Frühjahr überraschte das Paar beim CDI4* in Hagen alle, als es mit 88,022 % einen neuen Weltrekord im Grand Prix Spécial aufstellte. Es war nur ein Vorgeschmack auf das, was wenige Monate später bei den Heim-Spielen in London folgen sollte: Nach historischem Mannschaftsgold für Großbritannien, Olympisches Einzelgold für Dujardin und Valegro – mit einer Gänsehaut-Kür unter dem Motto "Best of Britain". Unvergessen bleiben die unfassbar kontrollierten Pirouetten zu den Klängen von Big Ben, in ihrer Ausführung nahe an der Perfektion. Carl Hester und Uthopia – im Spécial noch Dritte – verpassten als Kür-Fünfte ihre Einzelmedaille nur knapp. Es war ein Sommermärchen für die britische Dressur, die durch diese Erfolge zu nie dagewesener Popularität gelangte.
2013 bestritten Hester und Uthopia in Hagen ihr letztes gemeinsames Championat. Zwei sechste Plätze im Einzel und EM-Mannschaftsbronze waren zwar nicht mehr das Maß früherer Erfolge, dafür überstrahlte Valegro alles: erneut Doppelgold für ihn und Charlotte Dujardin. Das Duo wiederholte dieses Kunststück bei den Weltreiterspielen 2014 in Caen sowie bei der EM 2015 in Aachen. Und auch bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio gab es kein Vorbeikommen an dem britischen Paar. Die Gold-Kür von Rio zur Filmmusik des Animations-Hits "Drachenzähmen leichtgemacht" war Valegros letzter großer Auftritt, sein Abschied aus dem Sport – topfit und auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn. Bis heute unerreicht bleibt sein Punkte-Weltrekord in der Grand Prix Kür: unglaubliche 94,3 %, aufgestellt beim Weltcupturnier in London 2014.
Erfolgspferde und beste Kumpels
Immer wieder kursierten Verkaufsgerüchte um beide Pferde, doch Carl Hester konnte sie dank der Unterstützung von Sponsoren behalten. Ein Glücksfall für die Pferde selbst, die nicht nur im britischen Dressurteam ein beinahe unschlagbares Gespann bildeten, sondern auch dicke Freunde waren. „Ihr ganzes Leben verlief parallel: Sie reisten Seite an Seite zu den Turnieren, lebten in benachbarten Boxen, grasten auf denselben Weiden und gingen gemeinsam in den Ruhestand. Ihre Bindung und Kameradschaft waren absolut“, schreibt Hester.
Mit zunehmendem Alter wuchsen auch die gesundheitlichen Herausforderungen, die dem 23-jährigen Valegro und dem 24-jährigen Uthopia letztlich ihren Tribut abverlangten. „Sie gemeinsam diese Welt verlassen zu lassen, war der letzte Akt der Loyalität und Würde, den ich ihnen geben konnte – als Ehre für eine Partnerschaft, die im Leben nie getrennt war“, so Hester, der den Verlust beider Pferde kaum begreifen kann.
„Sie hinterlassen eine riesige Lücke, und der Hof hat sich für immer verändert – und wir uns ebenso. Sie waren unsere Familie, und ich werde sie immer lieben und vermissen. Der Einfluss, den sie hatten, bleibt bestehen, aber leider können wir Pferde nicht für immer behalten.“
Auch Charlotte Dujardin, die Valegro den Aufstieg in den Dressur-Olymp verdankt, findet rührende Worte zum Abschied:
„Du warst, und wirst immer, mein ‚One-in-a-Million-Pferd‘ sein, und es war die Ehre meines Lebens, nicht nur dein Tanzpartner, sondern auch dein bester Freund zu sein. Die Magie, die wir hatten, kann uns niemand nehmen, und eines Tages werden wir wieder zusammen tanzen.“