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Jeder Anfänger in der ersten Stunde hat ein Recht, so unterrichtet zu werden, dass er später die Olympischen Spiele gewinnen kann - wenn er entscheidet, dass er das möchte. © www.slawik.com

Ausbildung neu: Gutes Reiten im Fokus

Ein Artikel von Pamela Sladky | 16.03.2018 - 09:51
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Jeder Anfänger in der ersten Stunde hat ein Recht, so unterrichtet zu werden, dass er später die Olympischen Spiele gewinnen kann - wenn er entscheidet, dass er das möchte. © www.slawik.com

„Was die Ausbildung neu kennzeichnet, ist das Team, dass alle gemeinsam Entscheidungen treffen, dass alle gemeinsam überlegen, was wir für Fortbildungen haben wollen, wie wir’s angehen wollen, wie wir gestalten. Jeder ist wichtig, jeder wird gehört, und jeder hat die gleichen Möglichkeiten, Dinge gut zu beeinflussen“, erklärt Mag. Susanna Kleindienst-Passweg. Die studierte Juristin und Wirtschaftswissenschaftlerin ist Pferdezüchterin auf hohem Niveau, außerdem Dressur-, Spring- und Materialrichterin. Seit Oktober 2016 steht sie an der Spitze des OEPS Ausbildungsreferates – und an damit auch an der des Kernteams, das sich der Reformierung der heimischen Reitausbildung verschrieben hat. Diesem Kernteam gehören neben Kleindienst Michael Rösch sen., zuständig für die Ausbildung der Springtrainer, Caroline Kottas-Heldenberg, verantwortlich für die Ausbildung der Dressurtrainer, Luise Wessely-Trupp, in deren Obhut künftig die angehenden Reitinstruktoren sind, und Clemens Croy, der die Vielseitigkeitstrainer ausbilden wird, an. Mit an Bord ist natürlich auch Heinz Breza, über vier Jahrzehnte „Reitlehrer der Nation“ und nach wie vor Rückgrat des Teams, er wird weiterhin – zumindest vorerst – den theoretischen Unterricht über haben. Auf eigenen Wunsch hat er sich aus den praktischen Unterweisungen der Sparte Dressur zurückgezogen, mit bald 76 Jahren darf er allmählich ans Leisertreten denken.  

Im neuen Team sieht Michael Rösch ein maßgebliches Prinzip repräsentiert: „Was mir immer wichtig war: dass das, was wir hier tun, immer mit dem Sport verschränkt sein muss. Wenn die Ausbildung einen Weg geht – und der Sport einen anderen, dann ist das schlecht. Daher ist es gut, dass hier lauter Leute sitzen, die selber erfolgreich reiten. Wir haben ja beschlossen, dass in Zukunft die Kandidaten bei den Eignungsprüfungen gewisse Turniererfolge vorweisen müssen.“ Dazu passe auch folgende Aussage des deutschen Ausbilders Jochen Künneke, der kürzlich bei einer Arbeitssitzung des Teams postulierte: „Jeder Anfänger in der ersten Stunde hat ein Recht, so unterrichtet zu werden, dass er später die Olympischen Spiele gewinnen kann – wenn er entscheidet, dass er das möchte.“

Kleindienst-Passweg präzisiert, was damit gemeint ist: „Ich muss zumindest wissen, wie’s geht, damit ich korrekten, guten Unterricht geben kann. Nur dann stelle ich sicher, dass der Reiter, der vielleicht später in den Sport will, das dann auch kann. Weil er Balance und Losgelassenheit auf dem Pferd gelernt hat, korrekten Sitz, korrekte Einwirkung – auch wenn er nur zum Spaß in Abteilungen geritten ist. Wir wollen, dass unterm Strich gutes Reiten steht, egal, wie dieser Reitschüler sein Leben mit dem Pferd gestalten will.

Reform für den Übungsleiter

Dieses Ziel des guten, korrekten Reitens soll auch und vor allem beim Übungsleiter zum Tragen kommen. Im vergangenen Jahr konzentrierte man sich daher zunächst auf die Neugestaltung dieses Curriculums: Durch eine strengere Selektion bei der Eignungsprüfung will man sicherstellen, dass nur geeignete KandidatInnen zum Zug kommen, dass ein einheitlich hohes Niveau im Kurs herrscht und man sich auf das Erarbeiten des didaktisch-pädagogischen Unterrichts konzentrieren kann. „Das ist kein Reitunterricht, reiten müssen die Kandidaten können, nämlich balanciert, im Gleichgewicht, das Pferd nicht hindernd. Hier lernen sie, zu unterrichten, die Leute im Auge zu haben, didaktisch-pädagogisch gut mit ihnen umzugehen, das ist der Fokus“, stellt Kleindienst-Passweg klar.

Der Eignungsprüfung vorgeschaltet – auch das ist neu – ist ein zweitägiger Vorbereitungskurs, der dazu dienen soll, „die Leute reflektieren zu lassen, warum sie das machen, was ihre Erwartungen, Bedürfnisse und Interessen sind. Hier sollen sie lernen, das Gesamtbild zu sehen und zu überlegen, welche Intervention der oder die ReiterIn braucht, damit das große Ganze besser wird. Zu den Kursen kommen ja ganz viele Leute, die noch nie unterrichtet haben, die keine Idee haben, worauf man achtet, was wichtig ist, wie man moderiert, wie man spricht. In diesen zwei Tagen lernen sie: Wie erkenne ich es, wie sortiere ich es geistig ein und wie formuliere ich es“, so Kleindienst- Passweg.

Nicht zuletzt dient der Vorbereitungskurs auch dazu, darüber zu informieren, was man bei der Eignungsprüfung von den KandidatInnen erwartet: „Wir wollen wirklich Dressur auf A-Niveau sehen, im Springen verlangen wir beim Übungsleiter – das ist neu – nur mehr 80 cm Höhe, aber das in einer pferdgerechten, schönen Form, also rhythmisches Reiten in Balance“, erklärt Kleindienst-Passweg die neuen Ansprüche – die im übrigen für alle Eignungsprüfungen gelten, natürlich dem jeweiligen Niveau entsprechend, wie auch Michael Rösch betont: „Die Eignungsprüfungen werden insgesamt eher strenger, um wirklich nur die zu den Kursen zuzulassen, mit denen man dort sinnvoll und effizient arbeiten kann.“

Klar differenziert wird in Zukunft auch zwischen dem Übungsleiter und dem Übungsleiter Breitensport, der im Jahr 2016 eingeführt wurde, wobei auch der ÜL Breitensport anspruchsvoller gestaltet wird: „Bei der Eignungsprüfung müssen die Anwärter die gleiche A-Dressur reiten können, springtechnisch müssen sie Cavaletti und Rückengymnastik reiten und für ihre Schüler aufbauen können. Sie haben einen Schwerpunkt auf dem Umgang mit Menschen verschiedenster Zielgruppen und müssen besonders gut auf die Bedürfnisse von Gruppen eingehen können. Reittechnisch wird der Übungsleiter Breitensport mit dem Übungsleiter aber gleichwertig sein“, skizziert Kleindienst-Passweg. Neu ist ebenfalls eine theoretische Eignungsprüfung zum Übungsleiter.

Noch kurz ein Wort zum Reitwart, bei dem es ebenfalls eine Neuerung geben wird: Anwärter müssen, um sicherzustellen, dass im Kurs niemand überfordert wird, mindestens drei Ergebnisse aus Stilspringprüfungen über 105 cm nachweisen.

Neues pädagogisches Konzept

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Durch eine strengere Selektion bei den Eignungsprüfungen will man sicherstellen, dass nur geeignete Kandidaten zum Zug kommen. © www.slawik.com

Die staatlichen Ausbildungen – Reitinstruktor, Reittrainer und Reitlehrer – wurden kurz vor Antreten des neuen Teams reformiert, die Ausbildung zum Reittrainer wurde dabei auf zwei Semester verkürzt (früher: drei), neu ist auch eine Spezialisierung von Anfang an (früher: ein gemeinsames Basissemester für Dressur und Springen). Dies wurde deswegen möglich, da dem Reittrainer zwingend der Reitinstruktor vorgeschaltet wurde – und dieser eine Dressurprüfung der Klasse L und einen Parcours bis 120 cm sicher und korrekt reiten können muss.

Der Theorieunterricht soll in Zukunft nicht als mehrstündiger Frontalvortrag erfolgen, auch soll nicht der gesamte Lernstoff vorgetragen werden, statt dessen sollen Schwerpunkte gesetzt werden, die zentral für die spätere Tätigkeit sind und die mit den KandidatInnen interaktiv erarbeitet werden. „Wir hatten im Herbst ein Seminar mit Prof. Dr. Josef Wimmer von der Pädagogischen Hochschule Salzburg, der bestätigte, dass bei acht bis zehn Stunden Beschwafelung nur maximal zehn Prozent der Lerninhalte hängenbleiben. Wir brauchen also eine Systematik, bei der die Leute aktiviert werden: Auf einen kurzen Vortrag folgt jeweils eine Übung, bei der das Gelernte verarbeitet wird“, betont Kleindienst-Passweg die Notwendigkeit neuer Herangehensweisen an den Lernstoff, um die Kurszeit optimal zu nutzen.

Mehr Flexibilität

Neue Schwerpunkte werden künftig auch im Praxisunterricht gesetzt werden. Nach einem Jahr, in dem Luise Wessely- Trupp und Caroline Kottas-Heldenberg Heinz Breza im Praxisunterricht begleiteten, werden die beiden heuer diesen Teil der Ausbildung selbstständig übernehmen. „Wir werden dabei ein flexibleres Konzept verfolgen, was uns auch ermöglicht, mehr auf Pferde und Reiter einzugehen, und uns nicht auf einzelne Lektionen fokussieren, sondern versuchen, das große Ganze zu sehen. Dadurch können wir auch pferdeschonender arbeiten, weil die Einheiten für alle Pferde kürzer gehalten werden. Die Lektion dient ja der Förderung des Pferdes und ist kein Selbstzweck, den man stundenlang verfolgen muss“, erklärt Luise Wessely- Trupp.

Ähnliches gilt auch für Caroline Kottas-Heldenberg, für die Flexibilität und Eingehen auf die jeweilige Situation ebenfalls wichtig sind, sofern die Grundvoraussetzungen erfüllt sind: „Instruktoren und Dressurtrainer müssen zum Beispiel grundsätzlich auf Kandare reiten können, aber wenn sie Pferde am Kurs mithaben, die nicht drei Tage lang auf Kandare gehen können oder schlechter werden, dann muss man darauf reagieren. Sie sollen dann später, wenn sie jemanden trainieren, und das Pferd nach drei Tagen auf Kandare schlechter geht, auch nicht darauf beharren, dass das noch länger fortgeführt wird, sondern wieder zur Trense zurückkehren, bis es wieder funktioniert.

Strengere Kriterien bei Auswahl der Pferde

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Wie man erfolgreich unterrichtet und didaktisch-pädagogisch gut mit Reitschülern umgeht steht im Fokus der Übungsleiterausbildung. © www.slawik.com

Was beiden außerdem besonders am Herzen liegt: dass nur mit geeigneten Pferden zum Kurs angetreten wird. Darauf wird in Zukunft großes Augenmerk gelegt. „Die Pferde müssen fit sein, fit to compete. Wir wollen nicht irgendwelche von der Koppel eingefangene Pensionisten vorgeführt bekommen, die die letzten zwei Wochen ihres Lebens noch einmal geritten werden“, betont Luise Wessely- Trupp. Alles schon vorgekommen, auch, dass mit einem anderen Pferd am Kurs teilgenommen wurde als jenem, das man bei der Eignungsprüfung gesehen hatte. Und meist war das neue Pferd nicht besser, sondern völlig überfordert. Gegen einen Pferdewechsel sei prinzipiell zwar nichts einzuwenden – solange der Ausbildungsstand des Pferdes den Anforderungen entspricht. Auch da will man in Zukunft rigoros sein: „Wenn ein Pferd die Aufgabe sichtlich nicht erfüllen kann, wird dies gleich zu Beginn klar kommuniziert“, so Wessely-Trupp.

Update für Reittrainer Vielseitigkeit

Auch beim Reittrainer-Vielseitigkeit wird es neue Impulse geben, auch wenn das Rad nicht neu erfunden wird: „Ich übernehme ja das Referat von meinem Vater, grundsätzlich fahren wir eine ähnliche Schiene, da ich aber im Sport aktiv bin, werde ich die aktuellen Anforderungen, die im Gelände gestellt werden, vermehrt einbringen können“, führt Clemens Croy seine Pläne aus. „Was sicher oberste Priorität haben wird, ist die Sicherheit im Sport, die Rittigkeitsabfragen im Gelände, dass man das Pferd wirklich hundertprozentig unter Kontrolle hat, und auch, dass man entsprechend kommunizieren kann, so dass sicheres Reiten im Gelände gewährleistet ist. Auch mein Know-how als Tierarzt möchte ich einbringen, denn bei der Vielseitigkeit gibt es ja so viele Komponenten, die man trainieren muss, nicht nur Dressur, nicht nur Springen, nicht nur Gelände, sondern vor allem auch die Ausdauer, die Fitness des Pferdes. Und ich möchte in den Unterricht mit einfließen lassen, dass man durch richtiges Training Verletzungen verhindern oder zumindest minimieren kann.“ Diesen letzten Punkt möchte man auch spartenübergreifend in einer künftigen Fortbildungsveranstaltung aufgreifen.

Kinderunterricht und Reitstallkennzeichnung

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Der nächste große Schwerpunkt des OEPS Ausbildungsreferats wird der Kinderunterricht sein. © www.slawik.com

Der nächste große Schwerpunkt des Teams wird der Kinderunterricht sein. Mit der Gründung des eigenständigen Fachverbands „Pferde für unsere Kinder, Österreich“, der mit dem OEPS kooperiert, wurde im vergangenen Jahr ein erster Impuls gesetzt, bei der Pferdefachtagung 2018 in Aigen (ST, 3. März) wird die Projektverantwortliche Nina Sagmeister den neuen Verband erstmals vorstellen. Ein Holzpferd, begleitet von Lernmaterial, soll bei Kindern im Kindergarten- und Vorschulalter das Interesse am Thema Pferd wecken. „Darauf aufbauend sollen Reitbetriebe mit Ponys unterstützt werden und Kontakte zwischen Kindergärten sowie Schulen und klassischen Betrieben, die gut ausbilden, geknüpft werden“, erklärt OEPS-Generalsekretär Dietrich Sifkovits. „Seitens des Ausbildungsreferats möchten wir das Konzept von Hippolini fördern, das unser aller Grundhaltung entspricht, dass Kinder anfangs möglichst ohne Zügel reiten lernen und einen balancierten Sitz entwickeln sollen. Hier können wir dann mit unseren Ausbildungen gut anschließen“, führt Kleindienst-Passweg aus.

Derzeit wird am neuen FENA-Lehrbuch gearbeitet, das pädagogisch-didaktisch auf dem letzten Stand sein soll, im Herbst soll das Projekt abgeschlossen sein. Ebenfalls auf der Agenda steht die Überarbeitung der Kennzeichnung jener Betriebe, in denen qualifizierter Unterricht angeboten wird. „Auf der neuen Homepage des OEPS muss dieser Bereich ganz zentral sein, es muss auf den ersten Blick ersichtlich sein, wo man qualifizierten, guten Unterricht findet. Das ist eine Kernaussage, die noch nicht sehr nach außen kommuniziert wird. Darüber hinaus denke ich, muss man die ganze Kennzeichnung überdenken und noch viel stärker machen, im Sinne von gestaltfester und eingänglicher“, so Kleindienst-Passweg.

Denn das sei schließlich das Ziel all der Bemühungen des neuen Teams und des Österreichischen Pferdesportverbandes insgesamt: dass jeder, der sich in Österreich in einer Disziplin des Pferdesports ausbilden lassen will, rasch und unkompliziert bestens geschulte Unterstützung und Anleitung findet.

Eva Morawetz/ps