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Soferne Sie kein Landwirt sind, kann Ihnen Ihr Pferdemist erhebliches Kopfzerbrechen und ebensolche Kosten verursachen. © www.arnd.nl

Wohin mit dem Mist?

Ein Artikel von Eva Morawetz | 18.12.2010 - 23:01
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Soferne Sie kein Landwirt sind, kann Ihnen Ihr Pferdemist erhebliches Kopfzerbrechen und ebensolche Kosten verursachen. © www.arnd.nl

So ändern sich die Zeiten: Als sie vor Jahren den Reitstall St. Leopold in Klosterneuburg übernahm, konnte Familie Doskar mit dem Pferdemist sogar noch ein bisschen Geld verdienen. Dann überließ sie dem Bauern den „Rohstoff“ kostenlos, schließlich bezahlte sie ihm sogar dafür, dass er sie vom Mist befreite. Dann kam er immer seltener und schließlich gar nicht mehr. Heute entsorgt ein professioneller Abfallsammler jede Woche, manchmal sogar zweimal in der Woche, den 30 Kubikmeter fassenden Container mit Pferdemist. Pro abgeholtem Container verrechnet Fa. Hödl aus dem niederösterreichischen Wittau zwischen 130,– und 150,– Euro – abhängig vom Transportweg. Dazu fällt noch eine monatliche Miete für den Container an. So kommt man für 60 bis 70 Pferde leicht auf Mistentsorgungskosten von rund 11.000,– Euro im Jahr. Viel Geld für etwas, was keiner haben will. Grund genug, nach Alternativen Ausschau zu halten – doch gleich vorweg: Sie sind nicht allzu zahlreich und bewegen sich häufig am Rande der Legalität, meist schon eher jenseits. Die Frage der korrekten Mistentsorgung ist eine knifflige – neue Gesetze bzw. Gesetzesänderungen machen die reguläre Mistentsorgung für manche Stallbetreiber schier zu einem Ding der Unmöglichkeit. Wir wollen versuchen, gangbare Wege aufzuzeigen, manche sind schon erprobt, manche stecken noch im Versuchsstadium, haben aber Perspektive. Eines ist sicher: es bleibt keinem Pferdebetrieb erspart, sich intensiv mit der Problematik auseinanderzusetzen.

Landwirtschaft oder nicht?

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen einem landwirtschaftlichen Betrieb und einem Reitbetrieb, der kein landwirtschaftlicher Betrieb ist – und das sind doch etliche. Denn nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG) gilt Pferdemist als Abfall, sofern er nicht in einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb anfällt. Um dies zu verstehen, muß man sich ein wenig mit der Definition von Abfall beschäftigen. Grundlegend sind zwei Kriterien: Abfälle im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat und deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen nicht zu beeinträchtigen. Zu diesen öffentlichen Interessen gehört auch die Reinhaltung der Umwelt, insbesondere des Wassers und des Bodens. Mist ist dazu angetan, zumal wenn er nicht korrekt gelagert oder in zu großen Mengen aufs Feld oder die Weide aufgebracht wird, genau diese öffentlichen Interessen zu beeinträchtigen. Deswegen heißt es weiter im Gesetz „Die Sammlung, Lagerung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse (§1 Abs. 3) erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.“ (AWG 2002 § 2 Abs. 3 Zif. 2) Das heißt umgekehrt, dass Pferdemist, der in einem nichtlandwirtschaftlichen Betrieb anfällt, Abfall ist, der z. B. nicht (entgeltlich oder unentgeltlich) einem Landwirt überlassen werden darf – denn Abfall darf nur von einem konzessionierten Abfallsammler entsorgt werden, mit Aufzeichnungspflicht, wann wieviel „Abfall“ wohin gegangen ist etc. Auch wenn dies einigermaßen grotesk anmutet und auch nicht unbedingt gängige Praxis ist, so ist das doch die einzig korrekte Vorgangsweise. Da es aber doch vorkommt, dass Pferdebetriebe, auch wenn sie keine landwirtschaftlichen Betriebe sind, über Grund und Boden verfügen, den sie in Form von Weiden bewirtschaftenund die ja auch gedüngt werden müssen, haben wir nachgefragt, ob in diesem Fall der Mist verwertet werden darf. Und erhielten von Mag. Franka Busec vom BMLFUW, Abteilung VI/2, folgende Antwort: „Da in diesem Fall der Pferdemist als Abfall gilt, fällt die Kompostierung unter die Kompostverordnung.“ Pferdemist ist nach der Kompostverordnung ein zulässiges Ausgangsmaterial – und Kompost verliert mit der Deklaration gemäß Kompostverordnung seine Abfalleigenschaft für die bestimmungsgemäße Verwendung und darf somit in Verkehr gebracht werden. DI Manfred Swoboda, in der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, Fachabteilung Betriebswirtschaft/Technik, zuständig u. a. auch für Kompostierungs- und Biogasanlagen, erklärt weiter: „Im Prinzip besteht gegen die flächenbezogene Aufbringung von Pferdemist als Kompost bei Einhaltung der EU-Nitratrichtlinie, des Wasserrechtes und des Bodenschutzgesetzes bzw. des Forstrechtes sowie der Bundeskompostverordnung kein Einwand.“ Die Kompostierung und Verwertung als Dünger des Pferdemistes wäre somit auch für Nicht-Landwirte eine mögliche Lösung des Problems – als Grundvoraussetzung benötigen Sie allerdings eine ordnungsgemäße Düngerlagerstätte und genügend Grund (z. B. Pferdeweiden), um das Endprodukt verwerten zu können. Oder Sie verkaufen den Kompost nach den Bestimmungen der Kompostverordnung – denn das dürfen Sie.

Die ordnungsgemäße Düngerlagerstätte

Wie eine Düngerlagerstätte, die den geltenden EU-Richtlinien entspricht, gestaltet sein muß, steht im Aktionsprogramm 2003 (Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über das Aktionsprogramm 2003 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen) unter § 6 (Fassungsvermögen und Bauweise von Behältern zur Lagerung von Wirtschaftsdünger). Bis spätestens 31. Dezember 2005 muss das Fassungsvermögen der Mistlagerstätte aller Betriebe mit einem Düngeräquivalent von mehr als 100 Dunggroßvieheinheiten (DGVE) (Fohlen bis zu einem halben Jahr: 0,15 DGVE; Fohlen zwischen einem halben und einem Jahr: 0,77 DGVE; Jungpferde von einem bis drei Jahren: 0,77 DGVE; Pferde ab drei Jahren: 0,90 DGVE) einen Lagerungszeitraum von mindestens sechs Monaten abdecken, für alle anderen Betriebe gilt das erst ab 31. Dezember 2006. Eine Erleichterung ist für Betriebe mit einer Tierhaltung unter 30 DGVE gegeben: In diesem Fall reicht eine dreimonatige Lagerkapazität für Festmist, wenn bei der anschließenden Zwischenlagerung auf unbefestigten Flächen einige gewässerschonende Auflagen eingehalten werden. Die Bewilligung erfolgt im Regelfall durch die Baubehörde (Ländersache), die örtliche Raumordnung ist ebenfalls zu beachten. Die wichtigsten Bedingungen bei der Zwischenlagerung von Mist in Form von Feldmieten: Der Mist darf nur alle drei Monate vom befestigten Mistlager auf landwirtschaftlich genutzte Flächen ohne Befestigung mit Beton oder Asphalt verbracht werden. Es muss sichergestellt sein, dass weder Oberflächengewässer noch Grundwasser durch die Mistlagerung beeinträchtigt werden und der zwischengelagerte Mist innerhalb Jahresfrist einer zulässigen Verwertung zugeführt wird. Auch dürfen die Reinstickstoffgehalte nach dem Wasserrechtsgesetz nicht überschritten werden. Besser also, Sie erkundigen sich vorher bei den zuständigen Behörden, ob diese Vorgangsweise in Ihrem konkreten Fall überhaupt gestattet ist. Für die Errichtung von Düngersammelanlagen sind die allgemein anerkannten Richtlinien bzw. Merkblätter zu berücksichtigen, konkret handelt es sich um das ÖKL-Baumerkblatt Nr. 24 (Düngersammelanlagen für wirtschaftseigenen Dünger) und das ÖKL-Baumerkblatt Nr. 24a (Technische Richtlinien für die Errichtung einer Düngeraufbereitungsplatte für die bäuerliche Kompostierung). Der Raumbedarf wird im Datenblatt wie folgt errechnet: Pro Großvieheinheit (GVE, wobei ein Pferd 1,2 GVE entspricht) rechnet man für sechs Monate bei viel Einstreu, und die ist in der Pferdehaltung relativ betrachtet gegeben, mit einem Platzbedarf von vier Quadratmetern bei einer Stapelhöhe von zwei Metern. D. h. pro Pferd wären das 4,8 m2, für zehn Pferde 48 m2 usw. Veranschlagt man Erstellungskosten von ca. 70,– Euro pro m2, so kommt eine reguläre Düngersammelstätte z. B. für einen Betrieb mit 30 Pferden – ohne weitere bauliche Maßnahmen wie Überdachung oder Sammelgrube für Sickersäfte etc. – auf rund 10.000,– Euro. Für den Fall, dass die Mistlagerstätte nicht überdacht ist bzw. zu befürchten ist, dass Sickersäfte ins Grundwasser gelangen könnten, schreibt die Baubehörde auch die Errichtung einer Sammelgrube für die Jauche vor. Neben den Errichtungskosten sind aber auch Kosten bzw. Arbeitszeit für die Bearbeitung des Mistes zu veranschlagen. Es reicht nämlich nicht, den Mist einfach nur aufzustapeln und den Dingen ihren Lauf zu lassen. So ein Misthaufen muss – soll das Endprodukt als Dünger verwertbar sein – regelmäßig belüftet, feucht gehalten, gelockert, umgesetzt, sprich: gepflegt werden, damit er nicht zu heiß wird und verbrennt (was zu Gestank führt), fault oder verschimmelt.

Nitratverordnung

Ebenfalls im Aktionsprogramm 2003 ist festgehalten, welche Höchstmengen an Stickstoff auf landwirtschaftlich genutzten Flächen aufgebracht werden dürfen. § 8 (2) „Bei der Ausbringung von stickstoffhaltigen Düngemitteln gemäß Abs. 1 ist die zulässige Höchstmenge an Stickstoff in Wirtschaftsdünger mit 170 kg je Hektar und Jahr begrenzt.“ Nun muss man nur noch wissen, wieviel Stickstoff im Pferdemist enthalten ist, um auszurechnen, ob sich das ausgeht auf dem Acker hinter dem Stall – oder ob eher nicht. Bei diesen Rechnungen hilft uns ein Experte, nämlich DI Josef Springer von der Fachabteilung Pflanzenproduktion der Landwirtschaftskammer Niederösterreich, zuständig u. a. für Bodenfruchtbarkeit und Düngung. „Dafür gibt es Durchschnittszahlen, in der Praxis kann der Wert aber erheblich abweichen, je nach Einstreumengen zum Beispiel. Als Durchschnittswert wird für gut abgelagerten Pferdemist 4,2 kg Stickstoff pro Tonne angenommen. 170 kg Stickstoff entsprächen bei dieser Konzentration somit 40 Tonnen Pferdemist (entsprechend ca. 68 m3 Frischmist bzw. ca. 48 m3 Rottemist).“ Der Stickstoffanfall je Pferd wird gemäß Aktionsprogramm mit 54 kg jährlich angenommen, d. h. auf einem Hektar landwirtschaftlich bearbeiteten Grund lässt sich der Mist von bis zu 3,1 (= 170:54) Pferden als Dünger verwerten. Auf recht einfache Weise können Sie den Stickstoffgehalt Ihres Pferdemistes selber errechnen, indem Sie den Stickstoffanfall aus der Pferdehaltung (54 kg/Pferd) durch die anfallende Mistmenge (in m3) teilen. So können auch unterschiedliche Einstreumengen und verschiedene Rottegrade des Pferdemistes berücksichtigt werden. Auf dem eigenen Grund und Boden werden größere Mengen außerhalb einer Landwirtschaft eher selten unterzubringen sein, es stellt sich also die Frage: wohin damit? Es ist ja nicht so, dass sich Landwirte um Pferdemist reißen, eher im Gegenteil. Und außerdem gilt er ja als Abfall. Siehe oben. Also muss man danach trachten, ein attraktiveres Produkt herzustellen, das man auch gut an den Mann und die Frau bringt. Wurmhumus wäre z. B. so ein Produkt.

Mitarbeiter Kompostwurm

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Pferdemist kann auch in speziellen Kompostmieten mit Unterflursicherungvon Würmern zu hochwertigem Kompost verarbeitet werden. © Bio Recycling Management AG

Den Pferdemist zu wertvollem Wurmhumus zu verarbeiten ist keine neue Idee und wurde schon in unserem ersten Mist- Artikel im Jahr 1997 (PR 4/97) vorgestellt. Die Vorteile der „tierischen“ Methode: man braucht keinen befestigten Untergrund; man muss den Mist, der in einer sogenannten Flachmiete aufgebracht wird, nicht so aufwendig pflegen wie eine Stapelmiete; das Endprodukt ist wesentlich hochwertiger und daher auch leichter absetzbar; der Mist nimmt durch die Verarbeitung durch spezielle Kompostwürmer deutlich an Volumen ab – von einem Kubikmeter Mist bleibt am Schluss nur 0,25 Kubikmeter Humus; es entsteht keinerlei Geruchsbelästigung – und auch die Fliegen halten sich in Grenzen. Seit die EU-Regelungen betreffs Nitrat-Eintrag eine Lagerung des Mists auf unbefestigten Boden zusehends erschweren bzw. überhaupt verbieten, ist aber auch die Verarbeitung mit Hilfe von Würmern in Frage gestellt. Die fleißigen Helferchen brauchen nämlich den gewachsenen Mutterboden, um sich bei Frostgefahr ins Erdreich zurückziehen zu können, außerdem leisten Bodenbakterien bei der Aufbereitung des Mists einen wichtigen Beitrag. Auf einer dichten Betonplatte funktioniert das Verfahren somit nicht. Und ohne dichte Betonplatte darf man Mist nicht lagern. Einen Ausweg aus diesem Dilemma hat Klaus Zander gesucht und gefunden: Er hat ein Verfahren entwickelt, das in Deutschland bereits behördlich genehmigt wurde und eine Kompostierung mit Wurm-Hilfe unter Erfüllung aller gewässerschutzlichen Auflagen erlaubt. Klaus Zander erklärt: „Neu an dem Verfahren, für das wir einen Gebrauchsmusterschutzhaben, ist, dass wir eine Unterflursicherung aus einem Ton- Mineralgemisch unter die Flachmieten legen, die in der Lage ist, die grundwassergefährdenden Nährstoffaustragungen für einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren zu binden.“ Auf der Unterflursicherung wird der Mist zunächst in einer Höhe von ca. 30 cm und in einer Breite von etwa zwei Metern in einem so langen Streifen aufgetragen, so dass man pro Pferd zehn Quadratmeter Mietenfläche zur Verfügung hat. Pro Quadratmeter Mistmiete sollten etwa 10.000 Würmer tätig sein – dann funktioniert’s optimal. Der erste Umsatz erfolgt frühestens nach zwei Jahren und dann kontinuierlich jedes Jahr. Für die Erstanlage fallen einmalige Kosten von 200,– bis 250,– Euro an, die laufenden Kosten betragen ca. 50,– Euro (alle drei Jahre). Das Schönste aber an dem Konzept: Sie müssen sich keine Gedanken darüber machen, was Sie mit dem Humus anstellen. Die Bio Recycling Management AG, die Klaus Zander gegründet hat, kauft den entstandenen Humus derzeit zu einem Preis von 80,– Euro pro Kubikmeter auf und vermarktet ihn zentral. Betriebe, die sich mit dem Verfahren befassen wollen, werden ausführlich beraten und begleitet. Sie erhalten neben dem Lizenzvertrag auch einen Abnahmevertrag mit einer Abnahmegarantie. Dazu ist freilich zu sagen, dass sich der Service erst ab einer bestimmten Menge lohnt – Kleinmengen bringt man aber meist gut am eigenen Grund bzw. in der näheren Umgebung unter. Deswegen ist diese Methode der Mistverwertung auch für kleine Pferdebestände geeignet. Anfragen aus Österreich hat es bereits gegeben, ob das Verfahren auch in Österreich genehmigungsfähig ist, wir derzeit geprüft. Derzeit ist die Bio Recycling Management AG erst mit geringen Mengen Wurmhumus am Markt, es gibt aber bereits Vorverträge mit zwei Handelsketten. Und auch für den Fall, dass der Wurmhumus in Deutschland nicht den erwarteten reißenden Absatz findet, hat sich Klaus Zander bereits Gedanken gemacht und alternative Märkte ausgekundschaftet. „Es gibt so viele reiche Länder, die Bedarf an Bodenverbesserern und Düngemitteln haben, ich denke da z. B. an die Arabischen Emirate oder Kuwait. So gesehen mache ich mir da wenig Sorgen.“

Tiermaterialiengesetz

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Hochwertiger Kompost eignet sich hervorragend zur Verbesserung der Bodeneigenschaften; je nach Nährstoffgehalt ist ausgereifter Kompost ein vollwertiger Dünger und kann so den Einsatz (teurer) chemisch-industrieller Düngemittel überflüssig machen. © Bio Recycling Management AG

TiermaterialiengesetzAbschließend zum Kapitel Kompostierung noch ein paar Sätze zum Tiermaterialiengesetz. Nach Auskunft der MA 48 (in Wien zuständig für Abfallwirtschaft, Straßenreinigung und Fuhrpark), soll Pferdemist nämlich künftig nur mehr in speziell dafür zugelassenen Kompostier bzw. Biogasanlagen verwertet werden dürfen (z. B. mit geschlossener Rottebox, vorausgehender Erhitzung etc., also ziemlich aufwendig). Wir können Sie jedoch beruhigen: Für Pferdemist (und auch anderen Wirtschaftsdünger) trifft dies nicht zu. Mag. Rudolf Scherzer vom Bundesministerium für Gesundheit und Frauen, Sektion IV/B/7: „Kurz gesagt kann man festhalten, dass aus dieser neuen EU-Verordnung über tierische Nebenprodukte in Kombination mit dem Tiermaterialiengesetz an die Verwendung von Pferdemist für Düngerzwecke oder für die Biogas- oder Kompostieranlage keine besonderen Anforderungen gestellt sind. Biogas oder Kompostieranlagen, die tierische Nebenprodukte verwenden, müssen allerdings grundsätzlich zugelassen und in einer Liste erfasst werden.“

Biogas

Theroretisch – und auch praktisch – kann man aus Pferdemist auch Biogas herstellen – und damit Strom gewinnen. Pferdeäpfel werden derzeit vor allem als Beimischung in Biogasanlagen verwendet. Will man eine Biogasanlage rein mit Pferdemist betreiben, sollten zwischen 5.000 und 10.000 Tonnen pro Jahr zur Verfügung stehen. Bei geringeren Mengen ist ein wirtschaftlicher Betrieb kaum zu realisieren. Aus einer Tonne Pferdemist können bei der Verwendung von Stroh zur Einstreuung bis zu 200 kWh elektrische Energie gewonnen werden. Die Rückstände der Vergärung sind als hochwertiger Dünger gut in der Landwirtschaft zu vermarkten. Allerdings besteht bei Vergärungsverfahren ein Flächenbedarf zur Verwertung der Gärrückstände, der den für die Produktion von Futtermitteln übersteigen kann. Bei Verwendung von Sägespänen als Einstreumittel wird nur noch die Hälfte des Stromertrages erzielt, da Sägespäne nicht vergärbar sind. Als Investitionskosten sind mindestens eine Million Euro zu veranschlagen, die allerdings über den Stromverkauf wieder hereingespielt werden können. Das Verfahren ist vor allem für sehr große Betriebe in einer landwirtschaftlichen Infrastruktur geeignet, die eine Abnahme der Rückstände gewährleistet.

Brennendes Problem

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Kompakt & sauber: Die „Mistheizung“ von Equitherm © Equitherm

Eine elegante und sinnvolle Möglichkeit, den Pferdemist nutzbringend zu verwerten, ist eine „Mistheizung“. Man hat dadurch keine Mehrarbeit wie beim Kompostieren, man gewinnt Energie und spart Heizkosten. So dachten wir und auch andere, die sich eine an die Erfordernisse der Pferdemistverheizung angepasste Anlage planen und errichten ließen und diese auch bereits seit einigen Jahren in Betrieb haben. Im Jahr 1998 (PR 6/98) stellten wir zwei derartige Projekte vor, eines in Niederösterreich und eines in Tirol. Darüber gibt es nun Gutes, aber auch weniger Gutes zu berichten: Im Prinzip haben sich beide Anlagen bewährt, Johann Riegler in der Sulz bastelt derzeit gerade an einem System der Vortrocknung des Heizgutes mittels Mikrowelle, das noch im Teststadium steckt. Und Stefan Rantner, der zweite österreichische Pionier in Sachen Mistheizung, kämpft mit den Behörden. Man hat ihm nämlich kurzerhand die Heizung abgestellt, mit der Begründung, dass Pferdemist kein genehmigter Brennstoff, sondern Abfall ist – und Abfall darf man nicht so einfach verheizen. Stefan Rantner ist nun dabei, eine gewerberechtliche Bewilligung zu erwirken, parallel dazu versuchen er und sein Rechtsanwalt Dr. Peter Lechner, die Behörden davon zu überzeugen, das Pferdemist kein Abfall, sondern ein verwertbares landwirtschaftliches (End-)Produkt ist und daher in einer entsprechenden Heizung Anwendung finden darf. In erster Instanz sind Lechner und Rantner mit ihren Argumenten allerdings auf taube Ohren gestoßen, nun liegt die Sache beim Verwaltungsgerichtshof – und das kann dauern. Bis zur endgültigen Entscheidung, ob Pferdmist unter das AWG 2002 fällt oder nicht, tut man also besser daran, seinen Pferdemist nur in einer genehmigten Anlage zu verheizen – und seit kurzem gibt es sogar deren zwei am Markt, die alle behördlichen Auflagen erfüllen. Sowohl das Problem des relativ feuchten Heizmaterials wie auch der behördlichen Genehmigung mit Bravour gelöst hat ein österreichisches Projekt, das vor ca. zwei Monaten Marktreife erlangt hat und das sich sehr vielversprechend anlässt: Die erste Anlage von Equitherm steht im Reitstall von Peter Gmoser im burgenländischen Sieggraben, ist seit rund drei Jahren in Betrieb, und man hört nur Gutes von ihr. Zur Frage, wie man das Problem der Genehmigung gelöst habe, erklärt Rainer Past, Geschäftsführer der Firma Equitherm: „Wir haben den Nachweis erbracht, dass wir alle Abgasnormen einhalten, und der Kessel ist nach Erbringen aller relevanter Betriebsdaten für den Brennstoff Sägespäne in Vermengung mit Pferdemist zugelassen worden.“ Die Anlage hat den weiteren Vorzug, dass sie ohne aufwendige externe Vortrocknung den Mist wie er vom Misthaufen kommt vollautomatisch verheizt. Einmal abgeladen, wandert das Material quasi selbständig in den Brennraum, wo es zunächst vorgetrocknet wird, bevor es verbrennt. Außer einem täglichen ca. 15 Minuten dauernden Inspektionsgang muß der Anlagenbetreiber wenig tun, in der Nebensaison sollte man die Anlage alle 16 Wochen reinigen, in der Hauptsaison alle acht bis zehn Wochen. Und sollte tatsächlich einmal eine Störung auftreten, kann die Fa. Equitherm auch aus der Ferne helfend zur Seite stehen: Die Anlage ist nämlich mit einem Rechner verbunden, der alle Betriebsdaten, Abgaswerte, Abgastemperatur usw. speichert. Über die Telefonleitung kann sich Equitherm in das System einklinken und Fehler aus der Ferne analysieren und – wenn möglich – auch beheben. Kostenpunkt der Anlage: 110.000,– Euro für den Heizkessel, dazu etwaige Baumaßnahmen wie ein eigener Heizraum, Installationskosten für Rohrleitungen, Elektrik… Alles in allem hat die Anlage von Gmoser rund 167.000,– Euro gekostet – rechnet man aber die Entsorgungskosten für den Mist und die Heizkosten, die man sich spart, hat sich die Anlage nach sechs bis sieben Jahren amortisiert – und das bei einer Lebensdauer von 15 bis 20 Jahren. Und noch etwas: Der Anlagenbau wird mit bis zu 30 % einmaliger, nicht rückzahlbarer Förderung unterstützt. Nach so viel Vorzügen nun auch ein paar Wermutstropfen: Die Untergrenze, damit die Anlage Sinn macht, sind 35 Pferde. Und: Man benötigt einen ausreichend dimensionierten Heizraum.

Das bayerische Modell

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Die „Mistheizung“ von B.E.S besteht aus mehreren Modulen, die auch einzeln zu haben sind. © Bio-Energie u. Service GmbH & CoKG

Einen etwas anderen, wesentlich aufwendigeren Weg der Pferdemist- Verheizung geht die B.E.S. Bio-Energie u. Service GmbH & Co.KG aus dem bayrischen Wolnzach. Ausgehend vom eigenen Problem der Mistentsorgung hat der Wolznacher Bürgermeister Josef Schäch, der zugleich auch eine Firma für Heizungsbau betreibt, eine Mist- Aufbereitungsanlage entwickelt, die den Pferdemist zunächst aus der Box absaugt und schreddert, dann in einer eigenen Trocknungsanlage mit einem Teil der Energie, die aus der Verbrennung gewonnen wird, trocknet. Anschließend gelangt das trockene Material in eine Presse und wird dort zu Briketts geformt. Diese werden in einem Bunker zwischengelagert, um schließlich verbrannt zu werden. Dies hat den Vorteil, dass man bei weniger Energiebedarf im Sommer die Briketts auf Vorrat lagern kann. Kostenpunkt der Anlage: rund 200.000,– Euro. Das Ganze funktioniert vollautomatisch, ist jedoch noch etwas störungsanfällig. In Bayern sind bereits zwei Anlagen nach diesem Muster in Betrieb, eine davon auf der Olympia-Reitanlage in München-Riem, die seit Anfang des Jahres Dienst tut. Wilfried Herkommer, Geschäftsführer des bayrischen Reit- und Fahrverbandes. „Die Anlage läuft noch nicht immer 100%ig störungsfrei, die zweite Anlage hat bereits ein paar Kinderkrankheiten weniger, aber das Prinzip funktioniert. Kleine technische Dinge können und werden noch laufend verbessert, aber im Prinzip kann die Anlage so in Serie gehen.“ Nicht zuletzt macht die viele Wärme, die man zur Verfügung hat, großzügig und erfinderisch – was den Komfort in einem Pferdebetrieb mit Mistheizung deutlich steigert: beheizte Reithalle, temperierter Stall, ein wohlig warmes Stüberl, beheizte Sattelkammer, heißes Wasser ohne Ende – und auch eine Warmluftdusche für die Pferde. Allein diese Aufwertung des Reitstalls möchte niemand mehr missen, der sie einmal genossen hat.

Rat & Tat

Entsorgung Fa. Franz Hödl, 2301 Wittau, Franzensdorferstraße 8
Tel.: 02215/30080, Fax: DW 17
E-Mail: hoedl@franz-hoedl.at
www.franz-hoedl.at
(nur Raum Wien und Umgebung)

Weitere Entsorgungsbetriebe finden Sie unter: www.oekoweb.at und unter www.voeb.at (Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe)

Kompostierung

ARGE Kompost und Biogas NÖ
3100 St. Pölten, Wiener Straße 64
Tel.: 02742/2595304, Fax: 02742/259955304,
E-Mail: arge_kompubiogas@lk-noe.at
Geschäftsführer: Univ.Lektor DI Manfred Swoboda

Biorecycling Management, Margrit Zander
D 15752 Kolberg, Prieroser Str. 11
Tel.: 0049-33768/51005, Fax: 0049-33768/51125
E-Mail: info@wurm-idee.de
www.wurm-idee.de

Kompostiertechnik/Biogas


Thöni Industriebetriebe GmbH
6410 Telfs, Obermarktstr. 48
E-Mail: thoeni@thoeni.com
www.thoeni.com/frame.htm

Mistheizungen

Equitherm, Ing. Rainer Past
2544 Leobersdorf, Aumühlweg 3/TOP 18
Tel.: 02256/20250, mobil: 0664-22223333,
E-Mail: office@multitech.at
www.equitherm.at

B.E.S. Bio-Energie u. Service GmbH & Co.KG
D 85283 Wolnzach, Hopfenstraße 45
Tel.: 0049-8442/9243-11, Fax: 0049-8442/9243-99
E-Mail: info@bio-es.de
www.bio-es.de

Fröling Heizkessel- und Behälterbau Ges. m. b. H.
4710 Grieskirchen, Industriestraße 12
Tel.: 07248/606-0, Fax: 07248/606-600
E-Mail: info@froeling.com
www.froeling.at

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Dieser Artikel ist in der Ausgabe 11/2004 erschienen. Pferderevue AbonnentInnen können ihn zusammen mit über 40.000 weiteren in unserem Online-Archiv kostenlos nachlesen. Einfach unter Service/Online-Archiv einloggen und in allen Heften aus 25 Jahren Pferderevue zum Nulltarif blättern!

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