In freier Natur sieht der Tagesablauf in etwa so aus: Den größten Teil verbringen Pferde mit der Nahrungssuche und -aufnahme. Rund vierzehneinhalb Stunden bewegen sich wildlebende Pferde im langsamen Schrittempo von Grasbüschel zu Grasbüschel. Knapp zweieinhalb Stunden wird im Liegen geschlafen, weitere fünf Stunden nimmt Dösen im Stehen in Anspruch. Die übrigen zwei Stunden werden für futterunabhängige Fortbewegung, soziale Interaktionen und sogenanntes Erhaltungsverhalten (Harn und Kot absetzen) aufgebracht.
Trotz Domestikation und Zuchtselektion unterscheiden sich die Grundbedürfnisse unserer Sport- und Freizeitpferde von jenen ihrer wilden Vorfahren kaum. Stark verändert haben sich hingegen die Rahmenbedingungen: Statt in weitläufigen Steppengebieten sind Pferde heute in Boxen, Paddocks und Offenställen untergebracht. Um das Wohlbefinden der Pferde zu optimieren, sollte sich die Haltung so nah wie möglich an der Natur orientieren. Das wurde bereits vielfach durch unzählige Studien belegt. Inwieweit moderne Haltungsformen diesem Anspruch gerecht werden können, hat die Forschungsgruppe Pferdezucht und -haltung Agroscope des Schweizer Nationalgestüts Avenches anlässlich des Equidays am 2. November in einer eindrücklichen Gegenüberstellung veranschaulicht.
Nach einer Studie der britischen Pferdeexpertin Dr. Kelly Yarnell von der Nottingham Trent University gestaltet sich das Zeitbudget bei Pferden in Gruppenhaltung mit Heu und Stroh ad libitum wie folgt:
Diese Haltungsform unterscheidet sich in punkto Tagesablauf also nur geringfügig von jenem wildlebender Pferde.
Ein deutlich verändertes Bild bietet sich hingegen bei einer Haltung in Einzelboxen mit Sozialkontakt sowie Heu und Stroh zur freien Verfügung:
Hier lässt sich eine deutliche Verschiebung von der Fressdauer hin zur Zeit der Reglosigkeit erkennen, die in dieser Haltungsform bereits knapp zehn Stunden in Anspruch nimmt.
Eine drastische Veränderung des Zeit-Budgets zeigt sich schließlich bei der Haltung in Einzelboxen mit lediglich Sichtkontakt zu Artgenossen bei ad-libitum-Fütterung von Heu und Stroh:
Trotz ausreichenden Futterangebotes reduziert sich die Fressdauer auf ein Viertel des natürlichen Anteils und somit auf gerade einmal dreieinhalb Stunden. Den größten Anteil des Tages, nämlich mehr als fünfzehneinhalb Stunden verbringen Pferde in dieser Haltungsform mit reglosem Stehen.
Massive Auswirkungen auf das Zeitbudget ergeben sich auch durch das Futterangebot. So reduziert sich die Fressdauer in der Gruppenhaltung auf 35 Prozent (ca. achteinhalb Stunden), wenn Raufutter nicht ad lib. zur Verfügung steht. In Boxenhaltung nimmt die Futteraufnahme in diesem Fall gar nur noch knapp eine Stunde in Anspruch.