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Maul auf, Wurmpaste rein: Bei nachgewiesener Verwurmung ein unumgängliches Prozedere. © pholidito - Fotolia.com

Wirtschaftlichkeit der Selektiven Entwurmung auf dem Prüfstand

Ein Artikel von Pamela Sladky | 24.11.2015 - 11:37
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Maul auf, Wurmpaste rein: Bei nachgewiesener Verwurmung ein unumgängliches Prozedere. © pholidito - Fotolia.com

Wer den steigenden Resistenzen bei Würmern & Co entgegenwirken und seinem Pferd unnötige Chemie ersparen will, entwurmt heute selektiv. Mithilfe von Kotanalysen wird bei jedem Pferd der aktuelle Wurmstatus ganz individuell erfasst. Eine Wurmpaste kommt nur noch dann ins Pferd, wenn Bedarf besteht. Und der ist dann gegeben, wenn der Pferdekot mehr als 200 Eier pro Gramm aufweist. (Wie die Selektive Entwurmung im Detail funtkioniert, lesen Sie hier.)

Trotzdem die Selektive Entwurmung heute die beste Strategie gegen Darmparasiten beim Pferd ist, hat das System weiterhin Probleme sich flächendeckend durchsetzen. Immer noch wird großteils vorbeugend entwurmt. Die halb- bis vierteljährliche Dosis Chemie empfinden viele als unkomplizierter, unaufwendiger und preiswerter. Tatsächlich ist das Thema Wirtschaftlichkeit aufgrund von beständig anwachsenden Kosten für Pferdehalter ein nicht unwesentliches. Kann es die selektive Entwurmung mit der Regelentwurmung auch in punkto Wirtschaftlichkeit aufnehmen?

Um das herauszufinden, haben französische Wissenschaftler die Probe aufs Exempel gemacht. Sie stellten fest, dass die selektive Entwurmung unter gewissen Voraussetzungen sogar Kosten sparen kann.

„Die vorläufigen Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass der Einsatz von Anti-Wurm-Präparaten mithilfe von Kotanalysen in einer gemischten Herde von Erwachsenen und jungen Pferden um bis zu 80 Prozent reduziert werden kann“, sagte Guillaume Sallé vom Französischen Landwirtschaftsministerium in Nouzilly.

Zu diesem Schluss kam das Team um Sallé, nachdem man eine Welsh-Pony-Herde über einen Zeitraum von vier Jahren beobachtet hatte. Nur wenige der insgesamt 150 Ponys überschritten in diesem Zeitraum den Schwellenwert, sodass eine Behandlung mit Anthelminthika notwendig wurde. Die Selektive Entwurmung kann – so das Fazit – demnach durchaus auch finanziell einen Vorteil gegenüber der Regelentwurmung bieten. Allerdings nur dann, wenn sich die Kosten für die Kotuntersuchung in Grenzen halten.

Und diese Grenze bewegte sich im vorliegenden Versuch bei etwa 5 Euro. Ein Blick auf die Preislisten heimischer Labore zeigt, dass dieser Preis in der Praxis wenig realistisch ist. Die Veterinärmedizinische Universität in Wien bietet aktuell Kotanalysen im für die Selektive Entwurmung nötigen MacMaster-Verfahren für rd. 15 Euro pro Untersuchung an. Sie liegt damit im gängigen Durchschnitt. Selbst mit dem 10-prozentigen Rabatt, den das Universitätslabor ab 30 Pferden gewährt, ist die von Sallé definierte Wirtschaftlichkeitsgrenze bei Weitem noch nicht erreicht. Der Wissenschaftler stellte in diesem Zusammenhang jedoch fest, dass die im Rahmen der Studie untersuchten Ponys leichtgewichtig waren und deutlich niedrigere (und damit auch kostengünstigere) Dosen Wurmpaste benötigten als bspw. Warmblutpferde. Bei schwereren Tieren würden die Kosten, die im Zuge der Regelentwurmung entstehen, entsprechend zunehmen.

Teuer bei Jungpferden

Nachteilig – zumindest in Bezug auf die Kosteneffizienz – erwies sich die Selektive Entwurmung bei jungen Pferden. Das gehäufte Auftreten von Darmparasiten bei Pferden bis 3 Jahren führte dazu, dass etwa 70 Prozent der Youngsters nach vorangegangener Kotprobe entwurmt werden musste.

„Bei einer Regelentwurmung in einer jungen Ponyherde würden etwa 30 Prozent der Tiere umsonst entwurmt. Allerdings lassen die vergleichsweise günstigen Preise der Wurmpräparate und das geringe Gewicht der Tiere (das kleine Medikamentenmengen erfordert) die Selektive Entwurmung in dieser Altergruppe finanziell sehr nachteilig erscheinen“, sagte Sallé.

„Ob die Selektiven Entwurmung wirtschaftlich rentabel ist, hängt von vielen Faktoren ab: vom Wurmdruck innerhalb der Herde, der Zahl der als hohe Eiausscheider identifizierten Tiere, dem Durchschnittsgewicht (und Dosisbedarf) der Pferde und dem Preis der Kotanalyse“, erklärte Sallé weiter. Im Rahmen der Studie wurden alle Ponys dreimal im Jahr beprobt und ab einem Schwellenwert von 150 Eiern pro Gramm Kot entwurmt.

Kotanalysen müssen günstiger werden

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Ein Großteil der erwachsenen Pferde scheidet keine oder nur eine geringen Anzahl Eier des kleinen Palisadenwurms, dem bedeutendsten Endoparasiten beim Pferd, aus.

„Wenn wir wollen, dass mehr Pferdebesitzer auf die Selektive Entwurmung umschwenken, wird eine Kostensenkung im Bereich der Kotanalysen trotz des damit verbundenen Aufwandes und des dafür benötigten fachlichen Know-Hows nötig sein“, ist der französische Wissenschaftler überzeugt. Möglich sei, dass die Preise bei entsprechendem Anstieg der Nachfrage fallen. Ein weiteres mögliches Zukunftsszenario sei, dass Pferdehalter einen Teil des Analyseverfahrens selbst durchführen könnten um die Kosten weiter zu senken.

Interessant könnte in diesem Zusammenhang die Erfindung eines US-amerikanischen Unternehmens sein. Es entwickelte eine Smartphone-App, die in Kombination mit dem sogenannten Parasight System eine schnelle und unkomplizierte Bestimmung der Parasitenbelastung ermöglichen – auch für Laien.

Aufwendig aber sinnvoll

Auch wenn die Selektive Entwurmung hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit noch ihre Nachteile gegenüber der Regelentwurmung hat ist eines ganz klar: Will man der fortschreitenden Resistenzbildung der Darmparasiten langfristig gesehen einen Riegel vorschieben, ist konsequentes Umdenken bei der Entwurmungsroutine vonnöten. Die befundgestützte Behandlung ist aus heutiger Sicht dafür unerlässlich und der gängigen Routine-Entwurmung ganz klar überlegen. Für Pferdehalter und Stallbesitzer heißt das vor allem, dass Entwurmung künftig komplizierter wird – ein Mehraufwand, der im Sinne der Pferdegesundheit aber in Kauf genommen werden sollte, will man auch in Zukunft noch auf schlagkräftige Waffen im Kampf gegen Darmparasiten zurückgreifen können.