Pflege

Pferde waschen leicht gemacht

Ein Artikel von Regina Käsmayr | 28.07.2020 - 10:51
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Mustangs in den Rocky Mountains tun alle das gleiche, wenn sie an eine Wasserstelle kommen: Sie werfen sich genüsslich ins seichte Wasser und planschen fröhlich vor sich hin. Anschließend gibt’s ein feines Staubbad – und die Mücken sollen ruhig kommen. Abgekühlt und rundum paniert haben die Wildpferde weder Fliegenspray noch Shampoo nötig, um sich wohlzufühlen.

Unsere Hauspferde sind da im Grunde nicht viel anders. Domestiziert ist nämlich im Grunde vor allem der Mensch, der auch in der heißen Jahreszeit reiten will und mit Dreckklumpen und Zauselmähne nicht viel anfangen kann. Folglich sehen sich moderne Pferde plötzlich mit einem seltsamen Ungetüm namens Waschplatz konfrontiert und werden mit glitschigem Schaum eingerieben, der in ihrer Nase gar nicht so wohl riecht, wie in unserer.

Die Bestseller-Autorin und Fachjournalistin Dr. Christiane Gohl („Was der Stallmeister noch wusste“) vergleicht einen Schlauch – aus der Sicht des Pferdes – sogar mit einer „wasserspeienden Schlange“. Kein Wunder also, wenn das Tier nicht gern in den Waschstand geht. „Es kann insofern sinnvoll sein, es erst mal trocken an den Schlauch zu gewöhnen, indem man in seinem Umfeld damit herumhantiert“, empfiehlt die Journalistin, die seit ihrer Kindheit mit Pferden arbeitet. „Beim Abspritzen selbst geht man vor allem langsam vor und überfällt die Pferde weder mit einem zu harten noch einem eiskalten Wasserstrahl. Man sollte sie dabei auch nicht anbinden, sondern am Führstrick halten und möglichst ein vertrautes älteres Pferd hinzuziehen, das die Dusche genießt.“

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Bei Pferden, die das Waschen noch nicht kennen - oder es nicht mögen - beginnt man am besten mit lauwarmem Wasser im Bereich der Schulter. Im Idealfall ist das Pferd dabei nicht festgebunden sondern wird am Strick gehalten.
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Den Anfang macht der Warmduscher

Beginnen muss man übrigens keineswegs zwingend mit den Beinen. Dr. Gohl empfiehlt, junge Pferde zunächst mit einem lauwarmen weichen Wasserstrahl an der Schulter zu benetzen. So sieht das Pferd am besten, was der Reiter tut – und dieser befindet sich an einer sicheren Stelle. Soll der komplette Vierbeiner gesäubert werden, so beginnt sie – ebenfalls mit lauwarmem Wasser – am Hals und arbeitet sich dann weiter über den Körper. „Wenn das Pferd allerdings verschwitzt und stark erhitzt vom Reiten zurückkommt, ist es schonender, mit den Beinen zu beginnen und sich langsam hochzuarbeiten. Man kühlt den Körper damit schließlich stark ab – und das sollte nicht zu schnell passieren.“

Im Sommer kann das Pferd nach jedem Ritt an den verschwitzten Stellen abgespritzt werden. Vergessen sollte man dabei auf keinen Fall den Bereich zwischen den Hinterschenkeln. Hier entstehen durch das Reiten oft getrockneter Schweiß und ein verklebtes Fell. Selbst im Winter können die Beine abgeduscht werden, solange kein Frost herrscht. Die Sattellage sollte aber nur dann nass gemacht werden, wenn das Pferd in einer zugfreien Box unter einer Decke trocknen kann.

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Keine Angst vor Wasser

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Zum Reinigen des Pferdefells sollte ausschließlich spezielles Pferdeshampoo verwendet werden - und auch damit sollte man gesunde Pferde nur ein- bis zweimal im Monat auf den Leib rücken. © www.Slawik.com

Shampoos für Menschen nicht geeignet

Steht ein Turnier, ein Leonardiritt oder sonst ein Anlass an, zu dem das Pferd besonders schön sein soll, so darf auch mal ein Shampoo verwendet werden. Dabei sollte es sich allerdings um echtes Pferdeshampoo handeln und nicht um ein billiges Supermarktshampoo für Menschen. Den Grund dafür erklärt die Chemikerin und Inhaberin der Pflegemittel-Firma Cxevalo, Marie-Christine Stelzhammer: „Der pH-Wert der Pferdehaut unterscheidet sich von dem des Menschen. Die menschliche Haut hat einen leicht sauren pH-Wert von etwa 5,5 – Pferdehaut einen ph-Wert von 4,8 bis 6,8, wobei der Pferdeschweiß – im Unterschied zum menschlichen Schweiß – leicht alkalisch ist. Klingt nach wenig Unterschied, hat aber große Bedeutung. Wird ein Pferd zu oft mit einem zu sauren Shampoo gewaschen, kann der natürliche Schutzschild der Haut aus dem Gleichgewicht kommen, die Haut kann gereizt reagieren, trockene Haut und Schuppenbildung können die Folge sein. Pferdeshampoos sind auf den pH-Wert der Pferdehaut eingestellt und enthalten besonders pflegende und rückfettende Rohstoffe, sodass die Pferdehaut auch bei häufigem Waschen sanft gepflegt und nicht geschädigt wird.“

Wird ein entsprechendes Produkt verwendet, so sieht Dr. Christiane Gohl keinen Grund, sich übermäßige Sorgen um Allergien und Hautprobleme zu machen: „Moderne Pferdeshampoos sind rückfettend und sehr hautverträglich. Manche Leute verwenden sie mehrmals wöchentlich, ohne dass dem Pferd dabei etwas passiert.“ Auch was Rückstände des Mittels im Fell angeht, gibt die Autorin Entwarnung: „Da passen die Hersteller schon auf! Schließlich wollen sie keine Klagen von Pferdebesitzern riskieren, deren Vierbeiner plötzlich kahl herumlaufen. Aber wenn zuviel Schaum zurückbleibt, sind die Haare nach dem Trocknen stumpf, statt zu glänzen, und natürlich können die Rückstände auch Juckreiz auslösen. Dann wälzt sich das Pferd vermehrt, und der Reinigungseffekt ist sehr schnell aufgehoben. Es ist insofern sinnvoll, Pferdeshampoos mit viel und möglichst warmem Wasser aus dem Fell zu spülen.“ Das gilt ganz besonders für Ekzemerpferde. Sie werden oft viel häufiger gewaschen als gesunde Pferde, um die Rückstände der vielen Pflegemittel aus dem Fell zu bekommen. Für sie gibt es spezielle Shampoos, deren Inhaltsstoffe auf die empfindliche Ekzemerhaut abgestimmt ist.

Egal, welches Shampoo verwendet wird – Pferde mögen das Einschäumen grundsätzlich nicht, weil sie dadurch ihren Eigengeruch verlieren. Deshalb empfiehlt Gohl, bei gesunden Pferden höchstens einmal pro Monat Shampoos zu verwenden, am Schweif auch zweimal pro Monat.

Vorsicht am Pferdekopf

Größere Schwierigkeiten haben viele Pferdebesitzer beim Waschen des Kopfes. Kaum ein Pferd streckt schließlich freiwillig Nüstern, Augen und Ohren unter einen harten Strahl eiskalten Wassers. In den meisten Fällen lässt sich das Problem allerdings durch den Einsatz eines Schwamms lösen. Bei warmem Wetter akzeptieren auf diese Weise fast alle Pferde sogar kaltes Wasser.

Dr. Christiane Gohl hat die Erfahrung gemacht, dass jedes Pferd seine individuellen Vorlieben hat, die man sich beim Abspritzen, insbesondere bei der Reinigung des Kopfes, zunutze machen kann. Vielleicht findet ein Pferd „Zähne putzen“ toll und genießt es, wenn man ihm das Wasser direkt ins Maul spritzt. Oder es steht gern „im Regen“ und lässt sich genüsslich das Wasser übers Gesicht rinnen, wenn es aus einer Sprühdüse von oben kommt. „Gerade im Sommer können solche entspannten Wasserspiele Reiter und Pferd Spaß machen. Man muss sich allerdings damit abfinden, dass man anschließend ebenso trieft wie der Vierbeiner!”, sagt Gohl.

Mähne und Schweif können genauso wie das restliche Fell mit einem handelsüblichen Pferde-Shampoo gewaschen werden. Bei dichtem Langhaar kann man anschließend etwas Mähnenspray auftragen, um die Haarpracht zu entwirren. Dünnes Haar sollte erst trocknen und dann von Hand verlesen werden.

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Vorsicht mit Wasser aus dem Schlauch am Pferdekopf: Nicht jedes Pferd genießt eine Dusche in diesem Bereich so sehr wie dieser Traber!
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Wasser für die Hufe

Wesentlich pflegeintensiver sind da schon die Hufe. Denn auch die haben Wasser nötig. Feuchtigkeit tut dem Hufhorn gut und hält es geschmeidig. Gemeint ist damit allerdings nicht die feuchte Einstreu in der Box, sondern sauberes, klares Wasser. Eine alte Weisheit sagt: „Die beste Hufpflege ist der morgendliche Tau auf der Weide.“ Genauso gut kann man aber auch durchs Wasser reiten oder die Hufe zehn Minuten lang in einen Wassereimer stellen. Bloßes Einfetten bringt hingegen genauso wenig, wie das Eincremen eines rissigen Fingernagels. „Wenn man überhaupt einfettet“, sagt Gohl, „dann nach dem Waschen oder besser Einweichen der Hufe. Schmiede empfehlen hier auch weniger das handelsübliche Huffett, sondern eher Eukalyptusöl. Das erzielt mindestens den gleichen Pflegeeffekt wie das viel gepriesene Teebaumöl, ist aber preiswerter.“

Was die Mustangs mögen, ist auch die Sehnsucht unserer Hauspferde: Im Anschluss an jedes Nasswerden wollen sie nur eines – Wälzen, Wälzen, Wälzen! Wer sein Pferd nur zur Erfrischung abgespritzt hat, sollte ihm das auch erlauben. Nach der Fellreinigung mit Shampoo wartet man aber lieber, bis es vollkommen getrocknet ist. Sonst knetet sich das frisch poliertes Turnierpferd am Ende den Schmutz ins nasse Fell und sieht anschließend schlimmer aus als zuvor. Nach all dem Aufwand wäre das doch zu schade!