Haltung

Was Pferde im Offenstall zum (gut) Schlafen brauchen

Ein Artikel von Eva Schweiger | 18.03.2024 - 16:47
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Gut schlafen lässt sich am besten in wohligem Ambiente: Luftig aber nicht zugig, mit Aussicht aber ohne Unruhe, in Gesellschaft aber ohne Konflikte. Gar nicht so einfach! © www.Slawik.com

Damit eine Liegehalle im Offenstall ihren Zweck erfüllt, muss sie dem pferdespezifischen Schlaf- und Ruheverhalten gerecht werden. Gleichzeitig sind rechtliche Gegebenheiten und Umweltschutz-Anforderungen zu berücksichtigen, und auch der tägliche Arbeitsablauf soll nicht unnötig aufwändig werden. Welche zentralen Aspekte müssen bedacht werden?
 

Platz geben

Wenn genügend Platz vorhanden ist, ruhen Pferde gerne gemeinsam. Einige Tiere dösen dabei im Stehen und bleiben aufmerksam, während die anderen liegend ruhen oder tief schlafen. Meistens liegen also mehrere Tiere gleichzeitig – dafür muss Platz sein! Laut der österreichischen 1. Tierhaltungsverordnung muss bei ganzjähriger Haltung von Pferden (und Pferdeartigen) im Freien „für jedes Tier […] eine überdachte, trockene und eingestreute Liegefläche mit Windschutz in einem Ausmaß zur Verfügung stehen, das allen Tieren ein gleichzeitiges ungestörtes Liegen ermöglicht.“ Die Mindestfläche pro Tier ist klar vorgeschrieben (siehe Tabelle). Wie eine schwedische Studie 2021 zeigte, nimmt die Liegedauer mit der vorhandenen Liegefläche jedoch zu. (Mehr darüber lesen Sie hier.) Erst bei 18 Quadratmetern pro Pferd entsprach die Liegedauer der Tiere in Gruppenhaltung annähernd jener in Einzelhaltung – das ist deutlich mehr Fläche als gesetzlich vorgeschrieben! Viel Platz auch nach oben hin ist fürs Stallklima und die Sicherheit beim Spielen oder Rangeln wichtig: Mindestens zweieinhalb Mal die Widerristhöhe des größten Pferdes sollte die Raumhöhe betragen.  

STOCKMASS
(Gruppendurchschnitt)
LIEGEFLÄCHE FÜR DAS 1. UND 2. PFERD
(m² pro Tier)
LIEGEFLÄCHE FÜR JEDES WEITERE PFERD
(m² pro Tier)
bis 120 cm
6,0 4
bis 135 cm
7,5 5
bis 150 cm
8,5 6
bis 165 cm
10 7
bis 175 cm
11 7,5
bis 185 cm
12 8
über 185 cm
14 9

Engstellen vermeiden

Manch engagierte:r Offenstallbetreiber:in wundert sich: Trotz einwandfreier Liegeflächen indoor erwischt man die Herde immer wieder beim Schlafen mitten auf der freien Wiese. Das zeigt: Pferde schätzen ungestörten Rundumblick und optimale Fluchtmöglichkeiten auch beim Ruhen. Bei Schlechtwetter oder starker Insektenbelastung ziehen sie sich wiederum gerne in den Schutz eines Unterstandes zurück. Es gilt bei der Planung einer Liegehalle daher abzuwägen: Witterungs- und Windschutz versus „Freiheitsgefühl“. Richtig dimensionierte Ein- und Ausgänge oder eine komplett offene Seite sind in jedem Fall ein Muss fürs Wohlbefinden und die Vermeidung von Konflikten zwischen den Pferden. Der Innenraum sollte in jedem Fall breiter als tief sein, sodass die Ausgänge für alle Pferde immer gut erreichbar bleiben. Es sind mindestens zwei Ein- und Ausgänge möglichst weit voneinander entfernt anzulegen. Sie sollten so schmal sein, dass nur ein Pferd hindurchpasst (etwa 80 bis 90 Zentimeter) oder aber breit genug für zwei (d. h. mindestens etwa 1,80 Meter). Engstellen, Winkel und Sackgassen sind im gesamten Offenstallbereich zu vermeiden, denn sie bergen großes Stress- und Verletzungspotential.

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Ideal: Zwei große Eingänge an einer Gebäudeseite, um Stress zwischen den Pferden und Zugluft zu verhindern. © www.slawik.com

Herdendynamik beachten

Um sich tief entspannen zu können, muss das Fluchttier Pferd sich absolut sicher fühlen. Im Idealfall ist es ein erfahrenes, gelassenes Leittier, das der Herde diese Sicherheit vermittelt. Fehlt ein solches, kann es passieren, dass ständig Unruhe in der Gruppe herrscht und empfindlichere Pferde nicht ausreichend zum Schlafen kommen. Auch die größte Liegehalle hilft da nicht: Hier müssen das Haltungskonzept und die Gruppenzusammenstellung überdacht oder jene Pferde, die damit nicht zurechtkommen, zumindest über Nacht in eigenen Boxen untergebracht werden. Auch Raumteiler, die Liegehallen in Teilbereiche aufteilen, können die Dynamik der Herde ein wenig beruhigen. Je kleiner allerdings die Abteile, desto weniger entspricht der Schlafplatz wiederum dem pferdischen Bedürfnis nach Aussicht und Fluchtmöglichkeit. Auch häufen sich dann Ecken und Winkel, in denen sich rangniedrigere Pferde schnell gefangen sehen. Nach einer Weile entspannen sie sich so in der Liegehalle nicht mehr oder beginnen im schlimmsten Fall, sie komplett zu meiden.
 

Stallklima optimieren

Je offener die Liegehalle, desto geringer natürlich der Witterungsschutz. Streifenvorhänge werden gern eingesetzt, um Zugluft und Insektenbelastung im Innenraum zu reduzieren, schränken aber die Belüftung und die freie Sicht nach draußen ein. Wichtig: Eine durchdachte Ausrichtung des Gebäudes und seiner Ein- und Ausgänge beziehungsweise offenen Seiten optimiert Temperatur, Wind- und Wetterschutz im Innenraum. Eine geschlossene Wand zur Wetterseite hin bietet sicheren Windschutz. Optimal ist meistens die Öffnung Richtung Osten oder Südosten, um starke Sonneneinstrahlung zu vermeiden. Geländegegebenheiten sollten ebenfalls in die Planung miteinbezogen werden: Der Schatten großer Bäume oder der Windschutz unter einer Geländekante verbessert das Klima im Innenraum, die Halle fügt sich so außerdem harmonischer ins Landschaftsbild. Freistehende Gebäude bieten den Pferden wiederum mehr (Wind)Schatten im Freien rund um die Halle. Ein- und Ausgänge sollten sich in jedem Fall an nur einer Gebäudeseite befinden, damit keine Zugluft entsteht. Um dennoch eine gute Luftzirkulation zu gewährleisten, können Windschutznetze oder Lochbleche in Kombination mit halbhohen Außenwänden oder in Fensteröffnungen verwendet werden. 

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Fördern einen guten Schlaf: Raumteiler und eine großzügig eingestreute, saubere Liegefläche © www.Slawik.com

Liegeplätze bereiten

Man kann der Vorliebe der Pferde fürs Schlafen im Freien entgegenkommen, indem man ihnen dort zusätzliche Liegeflächen anbietet. Geeignet ist dafür weiches, schnell trocknendes Material, zum Beispiel Sand. Optimalerweise positioniert man sie windgeschützt vor einer Mauer und/oder unter einem Flugdach bzw. Vordach. Auch indoor muss der Boden die Pferde zum Liegen einladen: Harter, rutschiger oder unsauberer Boden ist für sie ein guter Grund, sich nicht hinzulegen. Die Laufstall-Arbeits-Gemeinschaft LAG (www.lag-online.de) rät im Zweifelsfall zum „Kniefall-Test“: Beim Hinlegen müssen sich Pferde in etwa aus derselben Höhe wie wir Menschen auf die Knie fallen lassen. Würden wir das selbst dort lieber nicht tun, dann ist die Liegefläche auch für Pferde nicht geeignet. Bodenbeläge aus Gummi bieten zwar rutschfeste und weiche Liegeflächen, es sollte (und muss, geht man nach den gesetzlichen Vorgaben!) aber unbedingt zusätzlich eingestreut werden: Für den Schlafkomfort genauso wie für gute Hygiene und Luftqualität in der Halle.
 

Stallarbeit erleichtern

Auch ein Offenstall muss also täglich ausgemistet und die Liegeflächen regelmäßig frisch eingestreut werden. Kombiniert man Liege- und Fressplätze in einem Gebäude, erhöht sich das Mistaufkommen dort deutlich. Eine mit dem Hoflader befahrbare Halle erleichtert die Arbeit beim Ausmisten, Einstreuen und Heufüttern, deshalb sollte ein (befestigter) Zufahrtsweg von Anfang an mit eingeplant werden. Idealerweise verläuft er nicht durch den Aufenthaltsbereich der Pferde. Eine Möglichkeit, die Pferde während der Stallarbeit mit wenigen Handgriffen aus der Halle zu sperren (z. B. mittels Schiebetoren oder Elektrozaunbändern), macht sich ebenfalls bezahlt. Raumteiler im Ruhebereich erschweren die Arbeit mit dem Hoflader unter Umständen und sollten daher mit Rücksicht auf die Befahrbarkeit platziert werden.

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Schon beim Bau den Arbeitsalltag mitbedenken: Kann der Hoflader in die Halle fahren, spart das Zeit und Kraft. © www.slawik.com

Umwelt bedenken

Bei Pferdehaltung auf engem Raum sind Auswirkungen auf die Umwelt kaum zu vermeiden. Besonders zum Schutz des Grundwassers können Pferdehalter:innen durch gute Planung von Stallgebäuden und Mistentsorgung beitragen. Bei sinnvollem Koppelmanagement (Abmisten, Bodenpflege etc.) belastet Pferdemist das Grundwasser laut Untersuchungen nicht. Damit sich auch rund um die Offenstallgebäude keine grundwasserbelastenden Mistmengen und Abwässer sammeln, ist ein befestigter Stallvorplatz zu empfehlen. Laut dem ÖKL Merkblatt „Pferdeställe“ (Nr. 29) gibt es dafür folgende wasserwirtschaftliche Anforderungen: Zwischen Stall (Liegehalle) und Koppelfläche sollte sich ein befestigter Übergangsbereich von mindestens drei Metern Länge und mindestens fünf Quadratmetern Fläche pro Pferd befinden. Zuleitung von Regenwasser auf den sowie konzentrierte Ableitung von Wasser vom Stallvorplatz in Gerinne, Kanäle oder Sickerschächte sind zu vermeiden. Einstreu sollte nur im Stall, nicht am Stallvorplatz verwendet werden, und die Fläche muss zumindest wöchentlich gesäubert werden. Liegt der Offenstall in einem besonderen Grundwasserschutzgebiet, Einzugsgebiet von Trinkwasserquellen oder auf einer Fläche mit hohem Grundwasserstand, erhöhen sich die Anforderungen (mehr dazu hier).
 

Rechtliches klären

Eine Liegehalle darf nicht auf jedem Grundstück errichtet werden. Generell sind die Bauvorgaben für ein bestimmtes Grundstück aus dem Flächenwidmungsplan, der am Gemeindeamt oder Magistrat aufliegt, abzulesen. Ist die Bebauung grundsätzlich erlaubt, z.B. bei einer Widmung als Bauland-Agrargebiet, muss das Bewilligungsverfahren für den Bau bei der örtlichen Baubehörde (Gemeinde oder Magistrat) eingeleitet werden. Als Grünland gewidmete Flächen dürfen im Normalfall nicht bebaut werden, Ausnahmen gibt es unter bestimmten Voraussetzungen für landwirtschaftliche Betriebe. Auch bei einer Veränderung eines bestehenden Gebäudes gilt es, Rücksprache mit der Baubehörde zu halten. So lassen sich böse Überraschungen von Anfang an vermeiden und die neue Liegehalle kann ihre Rolle für alle Beteiligten – ob zwei- oder vierbeinig – optimal erfüllen.

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So ruhen Pferde von Natur aus: Mit viel Platz und gemeinsam in der Herde. Das sollte auch indoor möglich sein. © www.Slawik.com