Gesundheit

Übergewicht macht Pferde schief und träge

Ein Artikel von Pamela Sladky | 21.09.2021 - 12:39
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Forscher haben herausgefunden, dass zusätzliches Körperfett Bewegungsasymmetrien verursacht und die Leistungsfähigkeit der Pferde auf chemischer Ebene negativ beeinflusst. © www.Slawik.com

Wissenschaftler:innen aus Schweden und Island haben herausgefunden, dass bereits ein geringer Anstieg des Körperfetts zu unerwünschten Veränderungen der Blutwerte während und nach dem Training führen kann. Laut einer Studie an neun Islandpferden reichte eine Gewichtszunahme von nur 20 Kilogramm aus, um die Blutchemie der betroffenen Tiere negativ zu beeinflussen. So war nicht nur der Laktatabbau und die Glukoseverfügbarkeit verringert, auch der Anteil an roten Blutkörperchen im Blut nahm ab, sodass dickere Pferde nach dem Training mehr Zeit benötigten, um wieder ihre normale Atemfrequenz zu erreichen. Diese Faktoren deuten auf eine schlechtere metabolische und physiologische Fitness hin, so die Forscher:innen.

Vor allem die relative Abnahme an roten Blutkörperchen überraschte das Wissenschaftsteam. Im Zusammenhang mit einem Anstieg des Körperfetts war dies bei noch keiner Spezies nachgewiesen worden. „(Der niedrigere Hämatokrit) weist auf erhebliche Veränderungen der Gewebefunktion hin, die die Leistung einschränkt“, sagte Studienautorin Anna Jansson von der Abteilung Anatomie, Physiologie und Biochemie an der Universität Uppsala in Schweden.
 

Schwerer = schiefer

Die Gewichtszunahme machte sich aber auch noch an anderer Stelle bemerkbar: bei der natürlichen Schiefe. Waren die Pferde schwerer, verstärkte sich die Asymmetrie in ihren Bewegungen – insbesondere im Bereich der Vorhand und nach vorangegangener Trainingsbelastung. „Dies deutet darauf hin, dass eine Gewichtszunahme einen negativen Einfluss auf den Bewegungsapparat haben und der Effekt nach akuter Belastung verstärkt auftreten kann.“

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Schon in der Vergangenheit konnten Studien einen Zusammenhang zwischen Leistung und Asymmetrie feststellen. So brachte eine wissenschaftliche Arbeit aus dem 2014 ans Licht, dass sich eine geringere Bewegungsasymmetrie bei 4- oder 5-jährigen Warmblutpferden positiv auf deren Gesamtlebensleistung und die Anzahl der aktiven Jahre im Turniersport auswirkt.

Der Grund für das veränderte Bewegungsmuster in der schwedisch-isländischen Forschungsarbeit ist laut Jansson unklar. Forschungen im Humanbereich haben jedoch gezeigt, dass Fettleibigkeit die Biomechanik beim Gehen verändert und dass andererseits Gewichtsverlust Schmerzen des Bewegungsapparates verringern kann. Bei Hunden mit Arthrose kann eine Gewichtsabnahme von 6 % bereits eine deutliche Verringerung der Lahmheit zur Folge haben. Neben der durch Fettleibigkeit verursachten zusätzlichen Belastung sind metabolisch ausgelöste Entzündungen, bei denen Fettgewebe Entzündungsmediatoren produziert, als einer der Hauptfaktoren für Arthrose beim Menschen bekannt. Bei Pferden wurde bislang noch kein solcher Zusammenhang bestätigt, allerdings hat man festgestellt, dass die Produktion von Zytokinen - Botenstoffe, die im Zusammenhang mit Entzündungsprozessen im Körper stehen - mit steigendem Körperfettgehalt bei älteren Pferden zunimmt.

Übergewicht ernst nehmen

 „Wir sehen viele übergewichtige Pferde, und oft sind sich die Besitzer dessen nicht einmal bewusst“, sagte Jansson. „Sie denken, das Pferd sei in Ordnung oder sogar ‚muskulös‘.“ Dabei mache die Studie einmal mehr klar, wie problematisch unnötige Pfunde für die Pferdegesundheit seien. „(Unsere) Ergebnisse zeigen deutlich, dass eine Erhöhung des Körperfettanteils, des Körpergewichts und der körperlichen Verfassung um 5 bis 8 % die physiologische und metabolische Fitness senkt … und die tatsächliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt“, so das Wissenschaftsteam in seiner Arbeit. Pferdebesitzer:innen rät Jansson dringend: „Lernen Sie, wie Sie die Körperkondition bewerten und Ihre Freizeit- und Sportpferde in einer moderaten Körperkondition halten. So unterstützen Sie sowohl die Gesundheit als auch die Leistungsfähigkeit.“