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Stress lass nach: So fahren Pferde entspannter

Ein Artikel von Pamela Sladky | 29.03.2022 - 11:41
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Nicht nur das Verladen, auch das Fahren im Anhänger will geübt werden. Für den Anfang gilt: Je kürzer die Strecken, desto besser.
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Mit steigenden Temperaturen und zunehmend besserem Wetter sieht man sie nun wieder häufiger auf Österreichs Straßen: Pferdeanhänger mit ihren vierbeinigen Fahrgästen an Bord. Was man als Autofahrer:in hinter einem Gespann nur in den seltensten Fällen wahrnimmt, ist, wie es den Pferden in ihrem Gefährt geht. Pferdebesitzer:innen sehen es spätestens dann, wenn sie die Klappe des Anhängers öffnen. Viele Pferde stehen schweißnass in ihrem Fahrabteil, das eine oder andere zittert sogar. Und die meisten wollen vor allem eines: So schnell wie möglich raus. Doch warum ist das so? Für Linda Weritz, Pferdetrainerin und Verhaltensexpertin aus Düsseldorf, ist es eine „immense Vertrauensleistung, die es für uns erbringt“, wenn ein Pferd in den Hänger steigt. Claudia Wobornik, professionelle Pferdetransporteurin aus Berndorf bei Baden meint sogar: „Kein Pferd fährt gerne!“ Und tatsächlich ist die Liste der Gründe, warum Pferde nicht gerne transportiert werden, lang.

Sobald ein Pferd den Anhänger betritt, gibt es seine Möglichkeit zur Kontrolle der Situation und im Notfall zur Flucht vollständig auf. „Dabei weiß es noch nicht einmal, wo die Reise hingehen wird und wie lange sie dauert“, so Weritz. Für ein Fluchttier wie das Pferd eine denkbar bedrohliche Situation, zumal außerhalb des Pferdehängers bzw. -transporters laufend beunruhigende Geräusche vorbeiziehen. Die kann es aufgrund der mangelnden Sicht weder gut einschätzen noch hat es die Möglichkeit, ihnen aus eigener Kraft zu entkommen.

Auch die Fahrt an sich ist eine echte Herausforderung. Jeder, der einmal für ein paar Meter in einem fahrenden Anhänger gestanden hat, weiß das nur zu gut. Da klappert, ruckelt und wackelt es, durch die fehlende Sicht fällt es schwer, sich auszutarieren. Und wir haben Hände, mit denen wir uns zur Unterstützung unserer Standfestigkeit bei Bedarf rasch festhalten können. Dieser Luxus fehlt Pferden. „Das ist so, wie wenn wir mit verbundenen Augen freihändig in einem fahrenden Bus stünden. So ungefähr fühlen sich Pferde in einem Anhänger“, meint Wobornik.

Auch Linda Weritz ist überzeugt, dass das Ausbalancieren auf dem Hänger echte Schwerstarbeit für Pferde ist, geistig wie körperlich. Anfahren, bremsen, Kurven, bergauf, bergab – das alles muss das Pferd durch Muskelarbeit ausgleichen. Hinzu kommen die anhaltenden Vibrationen. „Pferde spüren durch ihre feinen Mechanorezeptoren Erdbeben und Erdbewegungen, die für uns Menschen nicht fühlbar sind. Bei einer Fahrt im Hänger werden die Mechanorezeptoren mit Informationen überflutet. Das muss alles erst einmal verarbeitet werden.“

Als wäre das alles nicht schon genug, ist da natürlich auch noch der allgemeine Stress, der sich rund ums Verreisen einstellt. Der fängt beim Anziehen der ungewohnten Transportgamaschen an, schaukelt sich beim Verladeprozess richtig auf und nimmt meist nicht einmal dann ein Ende, wenn das Pferd an einem – ihm oft unbekannten Ort – wieder aussteigt. Wen wundert es da, dass Verreisen nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen eines Pferdes gehört. Doch man kann es ihnen angenehmer machen. Wie, verraten Verladeexpertin und Pferdetrainerin Linda Weritz, Horseman Harald Weiss und Pferdetransportexpertin Claudia Wobornik in der Aprilausgabe der Pferderevue.