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Dass Pferde schreckhafte Tiere sind, ist vielen Laien nicht bewusst. Aus diesem Mangel an Wissen kann man ihnen allerdings keinen Vorwurf machen, urteilte das Amtsgericht Nürnberg in einem aktuellen Fall. © www.slawik.com

Recht

Kleinkind in der Reithalle: Wer haftet, wenn der Nachwuchs ein Pferd erschreckt?

Ein Artikel von Pamela Sladky | 21.06.2018 - 11:17

Im Oktober 2016 besuchte eine Frau zusammen mit ihren beiden Enkelkindern den Zuschauerbereich einer Reithalle in Nürnberg. Um dem dreijährigen Enkel eine bessere Sicht auf die Reiter und ihre Pferde zu ermöglichen, setzte sie ihn auf die Holzbande. Zu dieser Zeit führte eine Reiterin ihr Pferd in der Halle. Als der Dreijährige mit seinen Füßen gegen die Hallenbande polterte, erschrak ihr Pferd und stürmte rückwärts. Dabei rutschte die Hand der Pferdebesitzerin in den Zügel und wurde nach hinten gerissen. Weil sie dabei eine Verletzung im Bereich der Schulter erlitt, erhob die Reiterin Klage und verlangte von der Großmutter der beiden Kinder 3.000 Euro Schmerzensgeld nebst dem Ersatz des Haushaltsführungsschadens in Höhe von 1.879,22 Euro.

Das Amtsgericht Nürnberg sah diese Forderungen als ungerechtfertigt an und wies die Klage ab. Zwar sei das Verhalten der Beklagten der Auslöser für den Zwischenfall gewesen, für eine Haftung müsse der Schaden der Beklagten aber auch adäquat zugerechnet werden können sein. Diesen Punkt sah das Gericht im vorliegenden Fall nicht gegeben.

Begründet wurde diese Ansicht dadurch, dass der Besuch der Reithalle grundsätzlich erlaubt sei und sich Beklagte damit überwiegend sozialadäquat verhalten habe. Dass sie ihrem Enkel ermöglichen wollte, den Reitern zuzusehen, hielt das Gericht für nachvollziehbar, räumte jedoch ein, dass die Großmutter damit geringfügig eine Grenze überschritten habe, weil die Füße des Kindes dadurch in das „Reitfeld“ hineingeragt hatten.

Maßgeblich für die Verletzungen der Klägerin war nach Ansicht des Amtsgerichts Nürnberg das Verhalten des Pferdes. Dieses fiele allerdings in den Verantwortungsbereich der Klägerin. Für die Beklagte sei es nicht vorhersehbar und vermeidbar gewesen, dass das Pferd auf das Poltergeräusch so schreckhaft reagieren werde.

Nach der Abweisung der Klage legte die Pferdebesitzerin zunächst Berufung beim Landgericht Nürnberg-Fürth, nahm diese jedoch wieder zurück, nachdem man sie darauf hingewiesen hatte, dass die rechtliche Würdigung des Amtsgerichts zutreffend sei. Die Beklagte sei auch vor Betreten der Reithalle nicht darauf hingewiesen worden, dass man sich dort geräuscharm verhalten müsse. Ein solcher Hinweis hätte u. a. beinhalten müssen, dass Pferde auch durch alltägliche Geräusche, wie z. B. das Treten eines Kleinkindes gegen die Innenseite der Absperrung, erschreckt werden könnten.

Quelle: OLG Nürnberg