Recht

Rückgabe ausgeschlossen: Zweieinhalbjähriger Hengst ist Gebrauchtware

Ein Artikel von Pamela Sladky | 22.08.2018 - 11:19
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Ab wann gilt ein Pferd als gebraucht? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein.
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Im November 2014 erstand eine Frau einen damals zweieinhalbjährigen Hengst über eine öffentliche Auktion. Zwei Jahre später wollte sie ihn wegen angeblicher Mängel zurückgeben und ihr Geld wiederhaben. Weil der Verkäufer die Rücknahme verweigerte, kam es zur Klage. Diese wurde in erster Instanz vom Landgericht Itzehoe abgewiesen und die Klägerin legte Berufung ein. Doch auch im zweiten Anlauf hatte sie keinen Erfolg. In einem jüngst gefällten Urteil hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein die Berufung zurückgewiesen.

„Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zu, weil der Rücktritt vom Kaufvertrag unwirksam ist“, heißt es in der Urteilsbegründung. In den Auktionsbedingungen war vorgesehen, dass die Gewährleistungsansprüche der Käufer nach drei Monaten verjähren. Eine derartige Verkürzung wäre dann nicht möglich, wenn die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf zur Anwendung kommen. Das sei nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB aber nicht der Fall, weil es sich bei dem Hengst um eine gebrauchte Sache im Sinne dieser Vorschrift handle, so das Gericht in seinen Ausführungen.

Pferdeverkauf und Verbraucherschutz

Kauft ein Verbraucher (sprich Konsument oder Privatmann) von einem Unternehmer (beispielsweise einem Pferdehändler) ein Pferd, dann fällt dieses Geschäft in den Bereich des Verbraucherschutzes, der in Österreich durch das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) geregelt ist. Die damit verbundenen Bestimmungen können die Gewährleistungsrechte eines Verbrauchers, die ihm prinzipiell bei einer „Mangelhaftigkeit“ des Pferdes zustehen, wie z.B. Nachbesserung, Preisminderung, und Rückabwicklung des Kaufvertrages im Kaufvertrag überhaupt nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt werden (es sei denn, dem Käufer war der Mangel bei Vertragsabschluss bereits bekannt). Auch eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist ist prinzipiell unwirksam.

Bei „gebrauchten beweglichen Sachen“ kann die Gewährleistungsfrist jedoch verkürzt werden. Dieser Möglichkeit liegt die Überlegung zugrunde, dass jede Sache durch ihren Gebrauch einem gewissen Verschleiß unterliegt und beschädigt werden kann und man daher für die Mangelfreiheit einer gebrauchten Sachen nicht so lange garantieren kann. Natürlich kann auch eine neue Sache schon beim Verkauf beschädigt sein, aber das Risiko, dass ihr bereits ein Mangel anhaftet, ist doch erheblich geringer, als bei einer bereits gebrauchten Sache. Der Gesetzgeber möchte also durch diese Regelung der Überlegung gerecht werden, dass der Verkäufer einer gebrauchten Sache weniger lange für deren Mangelfreiheit Gewähr leisten muss, als würde er eine neuwertige Sache anbieten.

Bei Pferden ist die Überlegung naheliegend, dass sie bereits ab ihrer Geburt gebraucht sind, weil sie schon ab diesem Zeitpunkt einem allgemeinen Gesundheits- und Lebensrisiko ausgesetzt sind.                                 

                                                         Mag. Nina Zappl, Juristin und Pferderechtsexpertin

„Die Antwort auf die Frage, wann ein Tier als gebraucht anzusehen ist, ist allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres und der damit verbundenen körperlichen Entwicklung abzustellen“, erklärt Frauke Holmer, Sprecherin des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein. Entscheidend sei, ob das Tier über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt war, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko derart gestiegen ist, dass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden kann. „Das ist hier der Fall“, so Holmer.

„Ein Hengst im Alter von zweieinhalb Jahren ist schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt, hat eine eigenständige Entwicklung vollzogen und ist bereits seit längerem geschlechtsreif. Durch die Geschlechtsreife verändert sich nicht nur das Verhalten eines Hengstes erheblich, sondern durch die eingetretenen biologischen Veränderungen erhöht sich auch das Mängelrisiko beträchtlich. Außerdem steigt die Möglichkeit von nachteiligen Veränderungen des Tieres durch unzureichende Stall-/Weidehaltung, Fütterung und tierärztliche Versorgung gegenüber einem deutlich jüngeren Tier nach einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren nicht unerheblich“, führt Holmer weiter aus.

Die Klägerin will sich mit diesen Erkärungen offenbar nicht zufriedengeben. Sie hat gegen das Urteil des OLG Revision eingelegt. Damit wird der Fall dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe übergeben.