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Wiener Fiaker bekommen Gummi an die Hufe

Ein Artikel von Pamela Sladky | 01.02.2019 - 12:39
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Bis spätestens Juli 2019 sollen 70 Prozent der rund 360 Fiakerpferde mit den neuen Gummibeschlägen ausgestattet sein. © domeckopol - Pixabay.com

Rund 750.000 Euro jährlich – das ist die Summe, die der Stadt Wien laut Angaben der MA28 jährlich durch die Benutzung der Fiaker an Straßenreparaturkosten anfallen. „Die Fiaker sind für die Innere Stadt eine immense finanzielle Belastung. Wir sind budgetär nicht in der Lage, die jährlich anfallenden Schäden am Straßenbelag dauerhaft zu reparieren“, sagte Bezirksvorsteher Markus Figl in einer Aussendung.

Verantwortlich für die Schäden macht man die Beschläge der Pferde, weshalb das traditionelle Hufeisen in den vergangenen Jahren unter Beschuss geraten ist. Seit Sommer werden deshalb in Zusammenarbeit mit der Veterinärmedizinischen Universität Wien alternative Beschläge aus Plastik getestet. Die ersten Ergebnisse scheinen vielversprechend, wie Studienautorin Theresia Licka gegenüber „Radio Wien“ erklärte. Von den vier getesteten Kunststoffmodellen seien prinzipiell „alle gut geeignet“. Eine Empfehlung für ein einzelnes Produkt könne man aufgrund der Individualität der Tiere allerdings nicht abgeben, so Licka. Für Wiens Straßen brächten die getesteten Alternativen zum herkömmlichen Hufeisen aber allesamt eine Verbesserung: „Der Kunststoff hat praktisch keine Schäden gemacht. Während beim Eisen schon in kürzester Zeit gut sichtbare Schäden waren“, sagte Licka auf „Radio Wien“. Für Bezirksvorsteher Figl ein klares Argument pro Kunststoff. „Offensichtlich sind diese 'Gummihufe' in der Lage, die entstehenden Schäden beinahe auf null zu minimieren und gleichzeitig auf die Gesundheit der Pferde und die Sicherheit im Straßenverkehr Rücksicht zu nehmen. Ich fordere die Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung, wonach ausschließlich Kunststoff- bzw. Gummihufbeschläge zur Anwendung gelangen dürfen“, so Figl.
 

Fiaker: „Studie war katastrophal“

Zu einem ganz anderen Resümee als die VetmedUni kommen die Wiener Fiaker. Im Gespräch mit Heute.at widerspricht „Fiakerbaron“ Wolfgang Fasching den öffentlich gemachten Erkenntnissen vehement: „Die wahren Ergebnisse der Studie sind katastrophal. Der Kunststoff verklumpte sich dermaßen, dass er gegen den Pferdehuf drückte. In einem Fall fiel der Plastikhuf schon nach etwa 100 Meter einfach ab, in anderen war der Kunststoff kaum aus den Hufen der Pferde herauszubekommen“. Während der Tests hätten vier Pferde mit Lahmheit reagiert und seien danach für etwa drei Wochen nicht einsetzbar gewesen, so Fasching weiter. „Ich weiß auch, dass alle an der Studie teilnehmenden Fiakerunternehmen diese deswegen zum Wohle der Pferde vorzeitig abgebrochen haben“.

Laut Veterinärin Isabella Copar, die seit 25 Jahren Fiaker medizinisch betreut, liegt die Krux der Kunststoffbeschläge vor allem bei der erforderlichen Passgenauigkeit. „Das Hauptproblem aus meiner Sicht ist, dass die Plastikbeschläge für jeden einzelnen Huf perfekt passen müssen. Wenn alles gut passt, spricht per se nichts gegen Kunststoffbeschläge, doch damit das gewährleistet ist, muss es sehr viele einzelne Prototypen geben, oft mit minimalen Abweichungen von nur 0,3 Millimeter und das wird dann eben teuer. Denn wenn der Beschlag nicht passt, ist das, als wenn Sie einen Schuh anziehen, der zu klein ist. Dann gibt es auch Probleme“, so Copar im Gespräch mit Heute.


Eigene Alternative

Gemeinsam mit einem Hersteller aus dem oberösterreichischen Innviertel testet das Wiener Fiakerunternehmen Paul, zu dessen Betrieb 20 Kutschen und über 60 Tiere zählen, deshalb eine Alternative in Eigenregie. Dabei handelt es sich um einen harten Gummi, der auf die Hufeisen geklebt wird. Laut der Initiative „Pro Fiaker Kultur“ seien die Tests sehr vielversprechend. Derzeit liege man bei einem Beschlagsrhythmus von fünf Wochen. Spätestens mit Juli dieses Jahres sollen rund 70 Prozent der Fiaker auf den neu entwickelten Beschlag umstellen, heißt es in der Stellungnahme der Initiative gegenüber „Wien heute“.

Als Schuldeingeständnis für die Fahrbahnschäden will man diesen Schritt allerdings nicht verstanden wissen. „Wir haben die Initiative ergriffen, damit wir Ruhe haben“, sagt Fiaker Johann Paul gegenüber dem Kurier. „Wir wollen der Diskussion entgegenkommen und zeigen, dass die Fiaker nicht alles ablehnen“, pflichtet im Werner Kaizar von der Initiative „Pro Fiaker Kultur“ bei.