BRENNPUNKT

Arbeitspferde und -esel durch Covid-19 in Gefahr

Ein Artikel von Eva Schweiger | 26.05.2021 - 13:56
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Die Zukunft vieler Arbeitspferde und -esel ist aufgrund der Corona-Pandemie massiv bedroht.
© World Horse Welfare

Die Covid-19-Pandemie beeinflusst nicht nur uns Menschen, sondern verändert auch das Leben unserer Tiere dauerhaft und einschneidend, zeigt eine kürzlich veröffentlichte Studie unter Federführung der internationalen NGO World Horse Welfare. Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel gehören weltweit und ganz besonders dort, wo die wirtschaftliche Situation prekär ist, zu den unverzichtbarsten Arbeitstieren. Nach Schätzungen sind es insgesamt über 600 Millionen Menschen, deren Einkommen direkt oder indirekt von ihnen abhängt. Die meisten von ihnen leben in Ländern, die durch ihre dauerhaft schwierige wirtschaftliche Lage von den Effekten von Covid-19 besonders stark betroffen sind. Ende 2020 wurden in vierzehn Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens mehr als 1500 Menschen, deren tägliches Überleben auf Engste mit ihren Pferden und Eseln verknüpft ist, zum Zustand ihrer Tiere befragt.
 

Kein Einkommen, kein Geld für Futter und Versorgung

Die meisten Equiden arbeiten in den untersuchten Ländern als Pack- und Zugtiere im Transport von Ernte, Waren und Personen. Die Arbeitsbelastung ist meist hoch, das Futter besonders in Gegenden mit starken Dürreperioden rar und der Zugang zu medizinischer Versorgung für Mensch und Tier schon unter Normalbedingungen gleichermaßen schwierig. Und trotzdem, oder gerade deshalb, werden die Pferde von ihren Besitzer:innen hoch geschätzt: Über drei Viertel von in früheren Studien befragten Frauen aus Äthiopien, Kenia, Indien und Pakistan sehen ihre Pferde, Esel, Maultiere und Maulesel als ihr wertvollstes Vieh. Sie sorgen in ihren Familien für wirtschaftliche Sicherheit und Erleichterung der Hausarbeit und heben deren sozialen Status. Geht es den Tieren gut, geht es ihren Besitzer:innen und deren Familien gut, und umgekehrt: Wie eng die Gesundheit von Mensch und Tier zusammenhängen, hat gerade das zoonotische – also von Tieren auf den Menschen übertragbare – SARS-CoV-2 erneut mehr als deutlich gemacht.

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Arbeitsesel in Indien © www.Slawik.com

World Horse Welfare und andere internationale NGOs arbeiten mit großem Einsatz daran, die  Situation von Arbeitspferden und –eseln in den armen Ländern der Welt zu verbessern. Dazu gehören die tierärztliche Versorgung der Tiere und Notfall-Futterlieferungen genauso wie Bildungsmaßnahmen und Unterstützung der Besitzer:innen. All diese Bemühungen werden jetzt durch die Isolationsmaßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sehr erschwert. Zum Erliegen gekommene Produktions- und Handelswege haben vielerorts die Arbeit der Tiere obsolet werden lassen. Wo das Einkommen fehlt, kann oft kein Futter für sie mehr gekauft werden. Die aktuelle Studie zeigt, dass die meisten Equiden nun weniger arbeiten als vor der Pandemie, die Kosten für ihre Erhaltung jedoch großteils gleich bleiben oder sogar steigen, während das Einkommen der Familien sinkt. Was bedeutet das für das Wohlergehen der Pferde? Regional sehr Unterschiedliches: Wo genug Futter wächst, erholen sich die Tiere, wo Dürre und Geldmangel die Ernährung erschweren, leiden sie. Die größte Gefahr ist für sie alle die wirtschaftliche Unsicherheit, die die Menschen in den armen Regionen der Welt nun noch stärker in der Mangel hat als vor Covid-19.

Krise als Chance

Die Auswirkungen der Pandemie auf Pferde, Esel und ihre Verwandten sind aber bei weitem nicht auf diese Länder beschränkt: Selbst in reichen Staaten ist die Wirtschaft rund ums Pferd schwer in Mitleidenschaft gezogen, die Versorgung der Tiere oftmals nicht mehr gesichert. Es bedarf laut World Horse Welfare eines ganzheitlichen Ansatzes, der das Wohlergehen von Mensch und Tier gleichermaßen in den Fokus stellt. Wichtig sind auch die Nachhaltigkeit und Resilienz der Strategien, die jetzt entwickelt werden, damit Krisensituationen in Zukunft besser überwunden werden können. Es gilt, die Gelegenheit für langfristige Verbesserung, die die Pandemie bietet, wahrzunehmen. Wir sitzen schließlich alle, ob Mensch oder Tier, im selben Boot.