Kollabiert

Corona-Opfer: Wieder ein Fiakerpferd in Wien zusammengebrochen

Ein Artikel von Pamela Sladky | 15.11.2021 - 17:58
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Zwei Fiakerpferde auf dem Wiener Stephansplatz (Symbolfoto)
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Es ist bereits das dritte Mal in diesem Jahr, dass ein Fiakerpferd mitten in der Wiener Innenstadt kollabiert. Diesmal traf es Ayana, eine Schimmelstute aus dem Besitz von „Fiakerbaron“ Wolfgang Fasching. Am Montagvormittag brach die Stute auf dem Stephansplatz unvermittelt zusammen und blieb regungslos liegen. Dank einer zufällig anwesenden - kurz vor ihrem Uni-Abschluss stehenden - VetMed-Studentin konnte eine fachgerechte Erstversorgung vorgenommen werden. Im Anschluss musste die Stute von einem Kran in einen Transporter gehoben werden. Damit ging es auf direktem Weg in die Pferdeklinik der Veterinärmedizinischen Universität Wien, wo ein Kreuzschlag diagnostiziert wurde.
 

Fiakerpferde leiden unter Bewegungsmangel

Wenige Stunden nach dem Vorfall gab Besitzer Wolfgang Fasching Entwarnung. Ayana sei außer Lebensgefahr und befinde sich auf dem Weg der Besserung. „Sie erlitt einen Kreuzschlag, schwere Krämpfe mit Lähmungserscheinungen“, so der Fiakerbaron. Der Unternehmer sieht seine Stute als Opfer der Corona-Pandemie. „Meine Pferde sind ohne die Touristen und Wien-Besucher einfach unterbeschäftigt. Obwohl die Tiere trotzdem in Bewegung gehalten werden, fehlt ihnen doch der gewohnte Einsatz als Fiaker-Pferde und dadurch kann es zu so tragischen Vorfällen kommen“, ließ er in einer Aussendung wissen.

Kreuz(ver)schlag

Kreuzverschlag, auch Kreuzschlag, Belastungsmyopathie oder Feiertagskrankheit genannt, bezeichnet eine Erkrankung der quergestreiften Muskulatur, die durch Entgleisung des Muskelstoffwechsels hervorgerufen wird. Die akute Form des Kreuzverschlages entwickelt sich meist als Folge von Überforderung eines nicht entsprechend trainierten Pferdes. Aber auch gut trainierte Pferde können einen Kreuzschlag erleiden, wenn sie weniger als gewohnt ausgelastet sind, gleichzeitig aber weiterhin hohe Kraftfutter-Rationen erhalten. Typischerweise tritt Kreuzschlag bei Pferden auf, die im Winter mangels Halle kaum bewegt werden und plötzlich erhöhte Leistung erbringen sollen, oder Distanzpferden, die an einem sehr heißen Sommertag starten und über vermehrte Schweißabsonderung zu viel Flüssigkeit und Elektrolyte ausscheiden. Auch Pferde, die generell unregelmäßig gearbeitet werden, haben ein erhöhtes Risiko.

Betroffene Pferde fallen zu Beginn durch Bewegungsunlust und einen steifen Gang auf, später sind starkes Schwitzen und absolute Bewegungsverweigerung typisch für die Erkrankung. Die Muskulatur an Rücken, Kruppe, Lende und den hinteren Gliedmaßen ist bei Kreuzschlag-Pferden deutlich verhärtet und sehr schmerzempfindlich. In ausgeprägten Fällen knicken die Pferde in der Hinterhand ein und liegen sich fest. Weil bei der akuten Verlaufsform mitunter große Mengen an Muskelzellen zerstört werden, kann es im Extremfall sogar zu Nierenversagen kommen.

Für Tierschützer:innen ist der Vorfall erneut ein Anlass, das Ende der Fiaker in der Wiener Innenstadt zu fordern. „Ein weiterer, würdeloser Unfall, inmitten von Autos, Asphalt und Abgasen. Wie viele Pferde müssen noch mitten in der Stadt zusammen brechen, bis der zuständige Tierschutzstadtrat  Jürgen Czernohorszky von der SPÖ endlich handelt? Dieses Wegschieben der Verantwortung muss ein Ende haben, es geht hier um Leib und Leben dieser Tiere“, ist VGT-Fiaker-Campaigner Georg Prinz erzürnt.
 

Dritter Fall in einem Jahr

Ende Mai war vor dem Burgtheater ein Pferd zu Sturz gekommen und kurz darauf verendet. Laut Amtstierarzt war das Tier an einem Riss der Aorta zugrunde gegangen. Wenige Wochen später verstarb ein weiteres Fiakerpferd, nachdem es auf dem Michaelerplatz einen schwerwiegenden Kreuzschlag erlitten hatte.