Wien ohne Fiaker? Für viele kaum vorstellbar. Seit Jahrhunderten prägen die traditionsreichen Kutschen das Stadtbild. Doch Klimawandel und Tierschutzdebatten stellen diese Tradition zunehmend auf den Prüfstand. Jetzt startet in der Bundeshauptstadt eine umfassende wissenschaftliche Untersuchung, die das Leben der Fiakerpferde genauer beleuchten soll – und vielleicht ihre Zukunft mitgestalten könnte.
Ein Jahr unter Beobachtung
Unter dem Titel „Pferdenutzung in Zeiten des Klimawandels“ begleiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Veterinärmedizinischen Universität Wien ein Jahr lang zwölf Fiakerpferde des Betriebs Carmen Blantz. Die Tiere werden während der Arbeit auf Wiens Straßen und im Stall untersucht – zu allen Jahreszeiten und unter möglichst unterschiedlichen Witterungsbedingungen.
Auf diese Weise will man dokumentieren, wie Hitze, Wind, Regen oder Kälte den Kreislauf, die Leistungsfähigkeit und das Verhalten der Pferde beeinflussen.
Hightech im Dienst des Pferdes
Die teilnehmenden Kutschen sind mit moderner Messtechnik ausgestattet. Über Blut-, Speichel- und Schweißproben sowie die regelmäßige Messung der inneren Körpertemperatur wird die körperliche Belastung der Pferde erfasst. Videokameras dokumentieren das Verhalten während der Fahrt und im Stall. Ein GPS-Sender zeichnet die Routen exakt auf.
Die Studien-Kutschen sind durch eine spezielle Beschriftung erkennbar – ein kleines Detail, das auch touristisch für Aufmerksamkeit sorgen dürfte.
Tradition unter Druck
Fiakerfahrten sind ein fester Bestandteil des Wiener Tourismus, doch Tierschutzorganisationen kritisieren seit Jahren den Einsatz der Tiere bei extremen Temperaturen. In manchen Bundesländern wie Salzburg oder Innsbruck gibt es bereits klare Hitzeregeln, die den Pferden ab einer bestimmten Temperatur „hitzefrei“ garantieren. Wien hat in den letzten Jahren ebenfalls Maßnahmen eingeführt, doch die aktuelle Temperaturgrenze von 35 Grad ist vielen zu hoch angesetzt. Die nun gestartete Studie soll helfen, die Maßnahmen zum Schutz der Pferde zu optimieren.
Mögliche Folgen für die Sportpferdenutzung
Die Nutzung von Pferden bei Hitzeund von Sportpferdendas ist nicht nur für Fiaker ein heißes Eisen, wie Florian Fellinger, Gruppenleiter aus dem Gesundheitsministerium betont. „Zunehmend ist auch die Verwendung von Sportpferden z.B. bei Turnieren an Hitzetagen ein Stein des Anstoßes.“ Ob zurecht, darüber soll die Studie fundierte Erkenntnisse liefern.
Je nachdem wie die Ergebnisse der Forschung ausfallen, könnte sie weitreichende Folgen haben – nicht nur für touristische Kutschenfahrten, sondern auch für Pferdesportveranstaltungen. Das Ziel der Stadt Wien ist diesbezüglich klar formuliert: Gegebenenfalls sollen Maßnahmen abgeleitet werden, die die Einsatzbedingungen der Fiakerpferde in Wien verbessern können - und die ihrer vierbeinigen Kollegen auf den Turnierplätzen des Landes.