WeG Tryon

Horrortag für den Distanzsport: WM-Rennen endet in Eklat

Ein Artikel von Pamela Sladky | 13.09.2018 - 08:59
Endurance start 2.jpg

Schon beim Start gab es Ungereimtheiten.
© May only be used for editorial purposes

Unbeschreibliche Szenen spielten sich beim allerersten Bewerb der WEG 2018, dem Distanzreiten über 160 km ab: Beim Starschuss um 6 Uhr 30 in völliger Finsternis gab es keine Scheinwerfer, nicht alle Reiter gingen ordnungsgemäß im Massenstart ins Rennen, zwei Gruppen wurden mit 15 Minuten Abstand separat in den Bewerb geschickt. Obendrein wurde auch noch einige Reiter „versehentlich falsch geleitet“. Viel chaotischer hätte der Rennauftakt also wohl kaum ablaufen können.

Nach der ersten von insgesamt fünf Runden entschied sich die Ground Jury daher den Bewerb abzubrechen und neu zu starten. Was freilich bei den in Führung liegenden Reitern aus dem arabischen Raum für heftige Proteste sorgte.

Schon im Vorfeld der Weltreiterspiele hatten mehreren Seiten Bedenken im Bezug auf die Fairness beim WM-Lauf geäußert. Dazu muss man wissen: Mit Meydan kommt der Sponsor der Endurance-Bewerbe direkt aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, Familienmitglieder des Staatsoberhauptes Scheich Mohammed, Ehemann der ehemaligen FEI-Präsidentin Haya, nehmen aktiv an der Konkurrenz teil und der Mannschaft wurden in der Vergangenheit schwere Vorwürfe gemacht, was die Sauberkeit des Sportes (Doping, Manipulationen, Tierquälerei etc.) betrifft.

Endurance-Vertreter aus der Schweiz und aus Deutschland hatten in offenen Briefen an FEI Generalsekretär Ingmar de Vos verstärkte Bemühung zur Wahrung der Fairness und des Pferdewohls gefordert. Ein Konflikt beim Rennen lag also förmlich in der Luft. Dass aber dann die (erste) Entscheidung der Offiziellen in heftigen Wortduellen endete, die vom arabischen 4*Richter Ahmed Al Hammadi auch noch auf den sozialen Medien publiziert wurden, sorgte bei den meisten Kollegen nur für Kopfschütteln. Dabei wäre gerade diese Sportart dazu angetan, die Beziehung Pferd und Mensch in den Vordergrund zu stellen.

Es sollte aber noch ärger kommen: Ein Platzregen am Nachnachmittag machte die Piste viel zu schwierig und dazu kamen noch tropische Bedingungen mit hoher Luftfeuchte, was die FEI-Veterinäre veranlasste, das Rennen aus Sicherheitsgründen ganz abzubrechen. Da wird das letzte Wort noch nicht gesprochen sein, was die Zukunft des Distanzreitens anbelangt. Werbung dafür ist das Chaos in North Carolina jedenfalls nicht.

Das Fass voll machten schließlich die Szenen nach Abbruch des Rennens, als Reiter und Betreuer gegen die FEI-Funktionäre auftraten was sogar das Eingreifen der örtlichen Polizei notwendig machte.

Inzwischen gibt es von mehreren Seiten die Forderung, den Bewerb an einem anderen Ort neu auszutragen. Für all jene, die die Kosten für den Start in Tryon aus der eigenen Tasche berappt haben, könnte die Finanzierung eines weiteren Antretens allerdings schwierig werden…

Endurance Alex Luque Moral ESP.jpg

Am Nachmittag wurde das Rennen neu gestartet - nur um wenig später Ganz abgebrochen zu werden. © May only be used for Editorial puposes

Stellungnahme der FEI

Der Rest des heutigen Endurance-Wettbewerbs wurde aufgrund einer möglicherweise gefährlichen Kombination aus Hitze und Feuchtigkeit und den Bedingungen auf dem Trail nach den starken Regenfällen am Nachmittag abgesagt. Die Entscheidung, die gemäß Artikel 109.12 der FEI-Allgemeinen Bestimmungen, getroffen wurde, erfolgte einstimmig zwischen dem Präsidenten der Ground Jury, dem Technischen Delegierten, dem Präsidenten der Veterinärkommission, sowie dem Organisationskomitee.

Diese Entscheidung steht im Einklang mit dem FEI-Verhaltenskodex für das Wohlergehen des Pferdes, der besagt: c) Extremes Wetter: Wettkämpfe dürfen nicht unter extremen Wetterbedingungen stattfinden, die das Wohlbefinden oder die Sicherheit des Pferdes beeinträchtigen könnten.

"Dies war eine schwierige Entscheidung, sie wurde jedoch im Hinblick auf das Wohlergehen von Pferden und Sportlern getroffen, da die Bedingungen an diesem Nachmittag nach dem Regen zu extrem hoher Luftfeuchtigkeit geführt haben und in Verbindung mit steigender Hitze als zu unsicher galten, um den Ritt fortsetzen zu können", sagte der Präsident der Veterinärkommission Thomas Timmons.

Der britische Wissenschaftler Dr. David Marlin, der seit den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta an Hitze- und Feuchtigkeitsstudien für die FEI arbeitet, lieferte der Ground Jury Daten aus dem Wet Bulb Globe Temperature (WBGT) Index, der einen Wert von 31. Alles, was über 25 liegt, gilt als problematisch und die Offiziellen entschieden einstimmig, dass ein Wert von 31 ein unakzeptables Risiko für das Wohlergehen der Pferde darstelle.

Davon abgesehen hat die FEI nach dem Fehlstart heute Morgen die unabhängige Equestrian Community Integrity Unit (ECIU), die hier bei Tryon vor Ort ist, beauftragt, eine umfassende Untersuchung der Umstände durchzuführen, die dazu führten, dass einige Pferd-Reiter-Duos fehlgeleitet wurden. Die Untersuchung wird Gespräche mit den Offiziellen, Freiwilligen, dem Organisationskomitee und allen anderen relevanten Mitarbeitern beinhalten, um ein vollständiges Bild von dem zu erhalten, was passiert ist. Die Ergebnisse werden dem FEI-Büro vorgelegt und die Schlussfolgerungen veröffentlicht.