Distanz

20 Jahre Sperre für Distanzreiter nach Pferdemissbrauch mit Todesfolge

Ein Artikel von Pamela Sladky | 09.06.2020 - 10:54
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Der Distanzsport bleibt weiterhin ein Sorgenkind in der Disziplinenfamilie der FEI.
© FEI/Arnd Bronkhorst

Der Zwischenfall liegt fast vier Jahre zurück. Im Oktober 2016 ritt Scheich Abdul Aziz Bin Faisal Al Qasimi (UAE) das Pferd Castlebar Contraband im Rahmen einer Ein-Sterne-Distanz in Fontainebleau, Frankreich. Während des Rennens erlitt der zehnjährige Partbred-Araberwallach aus dem Besitz der Australierin Margaret Wade einen offenen Bruch am rechten Vorderbein und musste eingeschläfert werden.

Blutproben, die dem Pferd im Anschluss entnommen wurden, enthielten Xylazin, eine Substanz, die als Beruhigungsmittel, Analgetikum und Muskelrelaxans wirkt, im Wettbewerb aber verboten ist. Xylazin ist bekannt dafür, dass es schnell aus dem Körper ausgeschieden wird. Für den Distanzsport ist es auch deshalb interessant, weil es die Herzfrequenz senkt und die Pferde so leichter durch die Verfassungsprüfungen kommen.

In seinem Bericht erklärte FEI-Veterinärdirektor Dr. Göran Åkerström, dass die Substanz darüber hinaus die Nervenblockaden aufhebt. Letztere hätten eine „grundlegende Schutzfunktion“, sind sie ausgeschaltet, erhöht sich das Risiko einer katastrophalen Verletzung deutlich. Unter dem Einfluss von Xylazin würden Pferde keine Anzeichen von Schmerz oder Lahmheit zeigen, was Frakturen, die sich auf Knochenermüdung zurückführen lassen, also sogenannte Stressfrakturen, begünstigt.

Die Verteidigung des 32 Jahre alten Reiters hatte behauptet, die Substanz sei beim Einschläfern in den Körper des Pferdes gelangt, was von der behandelnden Veterinärin jedoch dementiert wurde. 
 

Systematisch gedopt

Wie die Obduktion ergab, war Castlebar Contraband wohl systematisch Xylazin verabreicht worden. Nicht nur im Wettbewerb, sondern auch im Training. Die regelmäßige Desensibilisierung habe zusammen mit Arthrosen im rechten vorderen Fesselgelenk zu Stressfrakturen, und letztendlich zur katastrophale Verletzung geführt, hieß es im Post-Mortem-Bericht.

Das FEI-Tribunal sah damit sowohl die Verletzung der Medikationsregeln, als auch den Tatbestand der Tierquälerei bestätigt. Als Konsequenz wurde Scheich Abdul Aziz Bin Faisal Al Qasimi zu einer 20-jährigen Sperre und einer Geldstrafe von 17.500 Franken verurteilt. Zusätzlich kommen weitere 15.000 Franken an Prozesskosten auf ihn zu. Die Sperre läuft bis zum 2. Juni 2040. Es ist dies die härteste Strafe in der Geschichte des Weltreiterverbandes. Al Qasimi war bereits 2012 für zwei Jahre gesperrt worden, nachdem ein von ihm gerittenes Pferd positiv auf den verbotenen Einsatz von Steroiden getestet worden war.

"Dies ist ein wirklich großartiges Ergebnis für das Pferdewohl und den Kampf gegen Doping im Pferdesport", sagte FEI-Rechtsdirektor Mikael Rentsch. "Wir begrüßen es sehr, dass das FEI-Tribunal derart harte Sanktionen verhängt hat. Dieses Urteil soll als Warnung dienen, dass das Tribunal Fälle von Pferdemissbrauch nicht tolerieren wird."
 

Erstmals bewiesen

„Dies ist der tragische Fall eines Pferdes, das sein Leben aufgrund von Desensibilisierung und Mikrodosierungen lassen musste“, sagte FEI Veterinär-Direktor Dr. Göran Åkerström. „Wir hatten zwar schon lange den Verdacht, dass dieses Vorgehen bereits eine ganze Weile praktiziert wird, allerdings war dies der erste Fall, bei dem wir handfeste Beweise für das Blockieren von Nerven während eines Rennens und Mikrodosierungen hatten. Dies hat dazu geführt, dass wir unsere Obduktionspraxis nun forensischer gestalten. Zudem ist es uns gelungen, ein Hypersensibilitäts-Kontrollsystem zu entwickeln, das nun zum Einsatz kommt.“

Die Parteien können innerhalb von 21 Tagen nach Eingang dieser Entscheidung (3. Juni 2020) beim Schiedsgericht für Sport (CAS) Berufung einlegen.