Schlechte Nachrichten für die deutsche Dressurequipe: Matthias Alexander Rath und Totilas werden nicht an den Olympischen Spielen in London teilnehmen. © Tomas Holcbecher
Fährt er, oder fährt er nicht? Diese Frage hat in den vergangenen Wochen nicht nur den Deutschen Dressurausschuss beschäftigt, auch für die Fach- und Boulevardpresse war die Spekulation um Totilas’ und Raths Olympiateilnahme ein regelrechter Dauerbrenner. Damit ist nun Schluss. In einer Pressemitteilung teilte die Deutsche Reiterliche Vereinigung heute Nachmittag mit, dass sich Rath aufgrund seines Gesundheitszustandes auch in der nächsten Zeit strikt schonen müsse. Ursprünglich war für morgen, Freitag, geplant, dass eine Abordnung des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) Rath und Totilas auf dem Schafhof in Kronberg einen Besuch abstatten solle, um sich vor Ort ein Bild vom Leistungsstand des Paares zu verschaffen. Danach wollte man eine Entscheidung über die Berufung ins Olympiateam fällen. Dazu kommt es nun gar nicht mehr. „Die heutige Auswertung seiner Blutwerte lassen auch in absehbarer Zeit keine körperliche Belastung zu. Eine weitere Vorbereitung auf die Olympischen Spiele und ein möglicher Start in London wären mit einem zu hohen gesundheitlichen Risiko verbunden“, erklärte der deutsche Mannschaftsarzt Dr. Manfred Giensch.
Die Misere rund um Totilas findet mit dem vorzeitigen Olympia-Aus des Paares ihren unglücklichen Höhepunkt. Als Totilas im Herbst 2010 für kolportierte 10 Millionen Euro von Pferdemagnaten Paul Schockemöhle erworben wurde und sich Raths Stiefmutter Ann Kathrin Linsenhoff die Sportrechte am schwarzen Superstar auf vier Hufen sicherte, galt Olympiagold als großes Ziel für den Hengst und seinen jungen Reiter. Nach den enttäuschenden Ergebnissen bei den Europameisterschaften im vergangenen Jahr, den immer wieder verschobenen ersten Turnierstarts und einer desaströsen Vorstellungen bei einer Hengstvorführung in Vechta Anfang Februar, gerieten die Träume von Einzelgold ins Wanken. Trotz guter Leistungen in Hagen Ende April, bei denen das Paar souverän zwei Siege einfuhr, war das Medienecho weit entfernt von der früheren Euphorie, die Totilas noch zu Edward Gal-Zeiten ausgelöst hatte. Viel wurde hingegen über Raths umstrittene Abreitemethoden im Rollkurstil diskutiert und berichtet, die sportliche Leistung geriet zusehends in den Hintergrund. Ein weiterer herber Rückschlag folgte, als Rath und Totilas bei den Deutschen Meisterschaften in Balve ihre beiden Titel nicht verteidigen konnten und sich sowohl im Spécial als auch in der Kür hinter Helen Langehanenberg und Damon Hill mit Rang zwei begnügen mussten.
Erinnerungen an Hongkong 2008
Olympische Spiele vor Augen noch auf der Zielgerade zu scheitern ist eine Situation, die Rath nur zu gut kennt. Bereits 2008 hatte der Kronberger hervorragende Chancen sich für die Spiele in Hongkong zu qualifizieren. Doch bei der letzten Sichtung in Aachen verpatzte der damals 23-Jährige mit Sterntaler-UNICEF die alles entscheidende Prüfung. Mit mageren 66,75 Prozent gab es für den jüngsten Reiter im deutschen Team zwar eine goldene Schleife für den Sieg im Nationenpreis, das Olympiaticket war jedoch futsch. Umso größer muss nun die Enttäuschung für den BWL-Studenten sein: „Es war mein großer Traum, mit diesem einmaligen Pferd und dieser tollen jungen Mannschaft für Deutschland bei den Olympischen Spielen an den Start zu gehen“, so Rath. „Es wäre aber für meine eigene Gesundheit und auch meinen Teamkollegen gegenüber unverantwortlich, wenn ich in diesem Gesundheitszustand nominiert würde.“
Wer rückt nach?
Auch Dressurausschuss-Vorsitzender Klaus Roeser bedauert den Ausfall seines Top-Paares: „Das ist überaus bitter für Matthias und sehr bedauerlich, dass wir ohne dieses Paar zu den Olympischen Spielen fahren müssen. Wir wünschen ihm von Herzen, dass er schnell gesund wird.“
Matthias Rath und Totilas galten neben Kristina Sprehe mit Desperados und Helen Langehanenberg mit Damon Hill nach den Deutschen Meisterschaften praktisch als fix gesetzt für die deutsche Olympiamannschaft. Die größten Chancen, ins Olympiateam nachzurücken, dürfen sich derzeit wohl Anabel Balkenhol mit Dablino und Dorothee Schneider mit Diva Royal machen. Nach ihrem Sieg in der Aachener I-Tour wäre auch Monica Theodorescu mit Whisper eine Option.