Dressur Europameisterschaften

Jessica von Bredow-Werndl und Dalera holen erneut Gold, Bacher und Max-Theurer auf den Rängen 21 und 22

Ein Artikel von Pamela Sladky | 10.09.2021 - 10:21
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Florian Bacher freut sich über einen gelungen Grand Prix Spécial auf Fidertraum bei den Dressur-Europameisterschaften in Hagen.
© holcbecher.com

Als erstes der beiden österreichischen Paare gingen Florian Bacher und Fidertraum ins Viereck. Wie schon im Grand Prix gelang dem Duo eine gute Prüfung, allerdings gab’s diesmal auch zwei Hacker, die ordentlich Punkte kosteten. Besonders gut gefielen die hervorragend gerittenen Pirouetten und die ausgesprochen gut gesetzten Piaffen, wenngleich sich Fidertraum in Letzteren nicht über die gesamten geforderten 12 bis 15 Tritte stabil in Balance halten konnte. In der zweiten Piaffe führte ein solcher Balanceverlust, der auch den Übergang zur anschließenden Passage in Mitleidenschaft zog, zu einem deutlichen Punkteabzug. Besonders die Piaffe auf der Schlusslinie gelang dafür phasenweise lehrbuchmäßig mit deutlich gesenkter Kruppe und viel Lastaufnahme der Hinterhand. Ganz stark!  

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Hatten tolle Momente in den Piaffen: Florian Bacher und Fidertraum
© holcbecher.com

Die Meinungen der Jury gingen in der Bewertung des Rittes etwas auseinander. Wie übrigens bei sehr vielen Darbietungen an diesem Tag. Besonders gut kamen Bacher und Fidertraum bei Isabelle Judet, der französischen Richterin bei M, an. Sie belohnte die Runde 74,149 %. Mit 69,149 % deutlich zurückhaltender war da schon die Finnin Maria Colliander, Richterin bei E. Im Durchschnitt landeten Bacher und Fidertraum bei 71,687 %. Es sollte das beste Ergebnis für Österreich an diesem Tag sein.

Denn Victoria Max-Theurer und Abegglen, die als erstes Paar der zweiten Startergruppe ins Viereck ritten, hatten in ihrer Runde zwar viele sehr schöne Momente, etwa die ganz hervorragend gerittenen Trab-Traversalen oder die wirklich tollen Zweierwechsel – aber auch zwei teure Fehler. Wie schon im Grand Prix wurden dem Paar die Einerwechsel auf der Diagonalen zum Verhängnis, da gab es von den Richter:innen durchwegs Vierer statt der möglichen Siebener oder Achter. Trotz sehr starkem Finish, in dem Abegglen einmal mehr mit seiner hervorragenden Bewegunsqualität punktete, waren am Ende nicht mehr drin als 71,672 %.

Im Endergebnis belegten Florian Bacher und Victoria Max-Theurer die Plätze 21 und 22, die Qualifkation für das Kürfinale der besten 15 Paare ist damit leider nicht geglückt.

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Für ihre Passagen bekamen Victoria Max-Theurer und Abegglen viele Punkte. © holcbecher.com

Richtig spannend gestaltete sich das Rennen um die Medaillen. Als erste der Favoritinnen ritt Isabell Werth mit Weihegold ins Viereck. Im Grand Prix hatte sich Werth von einigen Richtern noch deutlich unterbewertet gefühlt, diesmal war der Multi-Championesse vom Einreiten weg anzumerken, dass sie keine Punkte liegen lassen wollte – und zwar in keiner einzigen Lektion. Die „Kampflinie“ zahlte sich aus. In vielen Bereichen war das Paar noch einmal ein gutes Stück besser unterwegs als noch am Vortag. „Das war heute wirklich ein top Ritt, ohne Fehler“, fand auch Werth.  „Wir haben viel riskiert, und Weihe hat super mitgekämpft.“ Besonders die Passagen gelangen in herausragender Qualität, ungemein akzentuiert, bestechend sicher in Takt und Gleichmaß. Da gab es reihenweise Neuner und immer wieder auch die Höchstnote zehn. Mit 81,702 % setzte sich Isabell Werth dann auch deutlich vor dem Briten Carl Hester (77,310 %) in Führung, der mit seinem noch sehr unerfahrenen En Vogue ein Lehrstück an harmonischem und gefühlvollem Reiten gezeigt hatte.

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Isabell Werth und Weihegold
© copyright of FEI / Liz Gregg

Mit Charlotte Dujardin und Gio gingen im Anschluss bereits die nächsten Medaillenkandidaten an den Start. Auch dieses Paar glänzte in den Passagen und mit seinem ungemein korrekten und punktgenauen Reiten. Der Starke Trab wirkt bei dem kleinen Fuchswallach manchmal etwas gelaufen, da hat er sicherlich nicht die Bewegungsqualität, die andere seiner Kollegen mitbringen. Auch im Galopp kommt Gio stellenweise der Durchsprung in der Hinterhand abhanden. Das war beispielsweise in den Traversalen deutlich zu merken, aber auch in den Phasen zwischen den Lektionen. Ganz hervorragend gelangen dafür die beiden Wechseltouren, die das Paar schnurgerade, sicher und mit viel Ausdruck zeigte. Die Jury bewerte den Ritt mit 79,787 %. Zu wenig für Dujardin, um an Werth vorbeizuziehen. Am Ende ging sich für die Britin nach Olympia-Bronze diesmal keine Medaille aus – es wurde Platz vier.

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Catherine Dufour und Bohemian in der Galopppirouette © copyright of FEI / Liz Gregg

Mit Spannung war der Auftritt von Catherine Dufour und Bohemian erwartet worden. Das Paar war im Grand Prix im Trend auf über 83 % unterwegs gewesen, bis ein teurer Fehler in einer der beiden Pirouetten das Duo viele Punkte und die Dänen die Silbermedaille kostete. Im Spezial begann das dänische Duo mit einer beeindruckenden Trabtour. Leider kam Bohemian seiner Reiterin – anders als noch im Grand Prix – immer wieder hinter die Senkrechte. Und dort blieb er auch mehrheitlich. Davon abgesehen zeigte das Paar jedoch eine ungemein starke Prüfung, auch in den Pirouetten. Ganz ohne Hoppala war aber auch diese Prüfung nicht: Nach der Piaffe auf der Schlusslinie galoppierte der Fuchs kurz an, was sich in den Noten für den Übergang in die Passage merklich niederschlug. Dieser Fehler sollte sich am Ende als besonders teuer erweisen, denn mit 81,079 % musste Dufour hauchdünn Isabell Werth den Vortritt lassen. Das bedeutete letztlich Bronze für die Dänin.

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Holen nach ihrem Olympiasieg auch EM-Gold: Jessica von Bredow-Werndl und Dalera BB
© copyright of FEI / Liz Gregg

Schlussreiterin Jessica von Bredow-Werndl musste nach dieser Vorgabe nur noch eines: eine Runde in gewohnter Dalera-Qualität abliefern, um erneut eine Goldmedaille mit nach Hause nehmen zu können. Genau das tat das Paar – in begeisternder Harmonie udn mit tänzerischer Leichtigkeit. Nur am Ende, da machte es das Duo noch einmal spannend. Da patzte Dalera in den Einerwechseln auf der Diagonalen. Das gab reihenweise Vierer statt der möglichen Neuner. Danach ließ das Gold-Paar von Tokio aber keine Punkte mehr liegen. Die Schlusslinie gelang Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB annähernd perfekt. Ganze 13 Mal zückte das Richtergremium hier die Höchstnote zehn. „Es fühlt sich einfach krass an, und ich kann es noch nicht glauben“, sagte die neue Europameisterin nach ihrem Siegesritt. Nach ihrem Olympiasieg ist dies der zweite Einzel-Titel für die 35-jährige Bayerin. „Ich glaube, dass das Publikum Dalera noch einen weiteren Kick verschafft hat. Sie kam hier rein mit gespitzten Ohren und hat sich erstmal umgeguckt. Ehrlich gesagt, ich auch. Es ist doch anders, ungewohnt, aber verdammt schön, endlich wieder mit Publikum zu reiten. Man fühlt sich auch irgendwie noch mehr getragen von der Atmosphäre. Also tausend Dank an das super Publikum.“

Die Grand Prix Kür, in der es noch einmal ein Medaillensatz vergeben wird, steht am Samstag ab 13 Uhr auf dem Programm.

Alle Ergebnisse im Detail gibt es hier.