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Corona-Lockdown und Pferdesport: Was ab 3. November noch erlaubt ist und was nicht

Ein Artikel von Mag. jur. Nina Zappl | PS | 03.11.2020 - 11:04

Im Folgenden finden Sie als Hilfestellung eine Auslegung der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung von COVID-19 getroffen werden (COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung – COVID-19-SchuMaV), die am 3. November in Kraft getreten ist und bis einschließlich 30. November 2020 gültig ist. Es gibt davon abweichende Auslegungen, da manche Formulierungen der Verordnung einen Interpretationsspielraum lassen. Im konkreten Einzelfall ist daher zu raten, die lokale zuständige Behörde bzw. den Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin des Vertrauens zu konsultieren.

Der Text der Schutzmaßnahmenverordnung zeigt, dass sich der Gesetzgeber um einfache und einheitliche Vorgaben bemüht hat und eine Flut an Einzelfallregelungen vermeiden wollte. Das bringt den Vorteil von Klarheit und den Nachteil des „über einen Kamm Scherens“:

Individualsportarten, wie das Reiten, sind outdoor (unter Einhaltung des Mindestabstandes von 1 m) zulässig, sofern es dabei nicht zu Körperkontakt kommt.

Da beim Anfängerreitunterricht Körperkontakt, der über die erlaubten Sicherungs- und Hilfeleistungen hinausgeht, nicht ausgeschlossen werden kann, ist dieser derzeit unzulässig.

Reiten in der Halle – erlaubt oder nicht?

Indoor-Sportanlagen dürfen zum Zweck der Ausübung von Sport derzeit nicht betreten werden.

Als „Indoor-Sportanlage“ bezeichnet das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz „alle Anlagen, die zum Zwecke der Sportausübung im geschlossenen Raum frequentiert werden“. Ein geschlossener Raum bleibt übrigens ein geschlossener Raum, auch wenn er durch Türen, Tore und Fenster geöffnet werden kann! Als Beispiel werden seitens des Ministeriums etwa Kletterhallen angeführt. Eine Reithalle ist somit per Definition auch eine Indoor-Sportanlage.

Allerdings stellt die Schutzmaßnahmenverordnung auf die Betretung der Indoor-Sportanlage „zum Zweck der Sportausübung“ ab. Bereits im März wurde geklärt, dass die Grundversorgung von Tieren zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse zählt. Regelmäßige Bewegung zählt bei Pferden zur Grundversorgung. Es steht daher meines Erachtens außer Frage, dass man – wenn die Witterung das Bewegen des Pferdes im Freien nicht zulässt – die Reithalle betreten darf, um ein Pferd dort zu bewegen. Aus sachverständiger Sicht ist auch klar, dass bei Sportpferden Training mit „Bewegen“ gleichzusetzen ist.  

Diese Einschätzung wurde inzwischen auf Nachfrage der Pferderevue auch noch einmal schriftlich durch das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz bestätigt. Hier heißt es: "Die Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens beinhaltet auch die Grundversorgung von Tieren, die Betreuung von Pferden, zu der auch die Bewegung kommt, ist schon daher zulässig und stellt keine Sportausübung dar." Und weiter: "Sofern es sich bei der Reithalle um eine Sportstätte handelt, ist das Betreten zur Sportausübung nur den Sitzensportlern möglich; die notwendige Bewegung der Pferde ist möglich."
 

Ausnahme Spitzensport

Spitzensportler sowie Sportler, die ihre sportliche Tätigkeit beruflich ausüben und daraus Einkünfte erzielen oder bereits an internationalen Wettkämpfen teilgenommen haben, sowie deren Betreuer und Trainer haben in der neuen Verordnung eine Sonderstellung. (Unter Spitzensportlern sind gemäß § 3 Z 6 BSFG 2017 Sportler zu verstehen, die wettkampforientierten Sport mit dem Ziel ausüben, nationale oder internationale Höchstleistungen zu erbringen.) Sie alle dürfen sich weiterhin in der Reithalle zum Zweck der Sportausübung aufhalten, müssen jedoch einen Abstand von mindestens 1 m einhalten. Betreuer und Trainer müssen überdies Mund-Nasen-Schutz tragen.

Die Wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick

Darf ich den Stall oder Reitbetrieb betreten, um mein Pferd zu versorgen? Wie sieht es in der Zeit der Ausgangssperre aus? Darf ich da zu meinem Pferd?
Ja, das ist erlaubt – auch zwischen 20.00 und 06.00 Uhr. Die Grundversorgung von Tieren zählt als notwendiges Grundbedürfnis.

Darf ich mein Pferd weiterhin reiten/bewegen?
Ja, auch das ist erlaubt.

Ist Reiten/Longieren in der Halle erlaubt?
Ja, wenn es darum geht, das eigene Pferd zu bewegen. Reitunterricht in der Halle ist aber derzeit nicht gestattet, weil hier nicht das Bewegen des Pferdes im Vordergrund steht, sondern die Sportausübung. Anders nur im Spitzensport – hier ist auch Training erlaubt.

Kann ich weiterhin an Reitunterricht (einzeln mit Trainer oder in der Gruppe) teilnehmen?
Anfängerunterricht ist derzeit nicht erlaubt, weil es dabei zu Körperkontakt mit dem Trainer kommen kann. Fortgeschrittene können im Freien an Einzelunterricht teilnehmen. Das wurde auch durch das Gesundheitsministerium auf Nachfrage der Pferderevue auch noch einmal schriftlich bestätigt: "Einzelunterricht und die Ausübung des Reitsports (z.B. Training für Wettkämpfe im Springen oder Dressurreiten) ist im Freien gestattet."

Wie sieht es beim Aufenthalt in geschlossenen Räumlichkeiten wie Sattelkammer, Stüberl, Stall/Stallgasse aus? Sind hier irgendwelche Sicherheitsvorkehrung zu treffen?
Beim Betreten öffentlicher Orte in geschlossenen Räumen ist der Abstand von 1 m einzuhalten und ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Als "öffentlicher Ort" wird jeder Ort zu sehen sein, der von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis betreten werden kann. Die meisten Reitställe werden also als öffentliche Orte zu qualifizieren sein, und es sind daher die genannten Regelungen zu beachten.

Darf ich meinen Reitbetrieb (Schulbetrieb) fortführen?
Derzeit ist nach Auskunft des Gesundheitsministeriums nur Einzelunterricht im Freien erlaubt. Gruppenunterricht ist bis vorläufig 30. November nicht möglich.

Ist Voltigieren erlaubt?
Laut Information aus dem Gesundheitsministerium ist Voltigieren wie Reitunterricht zu behandeln, d.h. in der Halle derzeit nicht erlaubt, sehr wohl jedoch im Freien, sofern es sich um Einzelvoltigieren handelt, also ein Longenführer/Trainer und ein Athlet/Schüler (zwei Personen aus zwei verschiedenen Haushalten). Gruppenvoltigieren ist bis vorläufig 30. November nicht möglich.
(Update 03.11.2020 15:29)

Ist Hippotherapie möglich?
Hippotherapie ist Physiotherapie auf dem Pferd (durchgeführt von einem Physiotherapeuten mit der Zusatzausbildung Hippotherapie und in der Regel ärztlich verordnet). Physiotherapie ist grundsätzlich weiterhin zulässig, weshalb ich davon ausgehe, dass dies auch für die Hippotherapie gilt, sofern sie im Einzelsetting stattfindet. Findet die Therapie in der Gruppe statt, dann handelt es sich um eine Veranstaltung, die im Rahmen der Prävention und Gesundheitsförderung jedenfalls derzeit unzulässig ist. Zur Frage, ob Gruppen im Rahmen von verordneten Therapien weiterhin durchgeführt werden dürfen, lässt die Schutzmaßnahmenverordnung keine eindeutige Aussage zu. 

Darf ich bereits gebuchte Seminare/Kurse abhalten/besuchen?
Kinder – und Anfängerunterricht ist derzeit nicht erlaubt. Andere Seminare und Kurse im Bereich des Reitsportes wären als Veranstaltungen zu qualifizieren und daher ebenfalls unzulässig, es sei denn, es handelt sich um berufliche Zusammenkünfte, die zur Aufrechterhaltung der beruflichen Tätigkeit unbedingt erforderlich sind, oder es nehmen daran nicht mehr als sechs Personen teil, wobei diese nur aus zwei verschiedenen Haushalten stammen dürfen.

Dürfen Reitveranstaltungen/Turniere durchgeführt werden?     
Zulässig sind derzeit nur Veranstaltungen, an denen ausschließlich Spitzensportler im Sinne des § 3 Z 6 BSFG 2017 teilnehmen.

Dürfen Zuchtveranstaltungen durchgeführt werden?
Nein, Zuchtveranstaltungen dürfen aktuell nicht ausgeführt werden.

In eigener Sache

Angesichts des oftmaligen Fehlens gefestigter Rechtssprechung übernehmen wir keine Haftung für die hier zitierten Antworten. Im konkreten Einzelfall wird empfohlen, mit der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde Rücksprache zu halten.