Olympische Spiele

Gold geht auch ohne Eisen – Barhufpferde gewinnen das Olympische Mannschaftsspringen

Ein Artikel von Eva Schweiger | 10.08.2021 - 08:50
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Peder Fredericson und H&M All In © www.sportfotos-lafrentz.de

Die schwedische Spring-Mannschaft war bei den heurigen Olympischen Spielen zu zwei Dritteln barhuf unterwegs. Der 15-jährige Wallach H&M All In hatte unter Peder Fredericson bereits im Einzelspringen eine Silbermedaille geholt. Neben seinem ebenfalls Hufeisen-losen Kollegen King Edward trug er dann zum ersten schwedischen Olympia-Gold im Mannschafts-Springreiten seit 97 Jahren bei. Henrik von Eckermanns 11-jähriger King Edward vervollständigte damit seinen sensationellen Auftritt in Tokio: Er hatte in allen fünf Runden in der vergangenen Woche keine einzige Stange abgeworfen.

Beide Pferde waren früher beschlagen. All In gehe seit etwa zwei Jahren barhuf, erklärte Fredericson gegenüber dem US-amerikanischen Pferdemagazin „The Chronicle of the Horse“ vor Kurzem. Es gäbe damit auch keine Probleme: Zum Ausreiten ziehe man eben einen Hufschutz an, aber sonst bräuchte man keine Eisen. „Ich habe einfach das Gefühl, dass er sich ohne Eisen wohler fühlt“, sagte der schwedische Goldmedaillen-Gewinner. 

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Henrik von Eckermann und King Edward © holcbecher.com

Barhufige Pioniere 

Barhufpferde sind im Spitzensport nach wie vor die Ausnahme. Man findet Wenige, die sich ohne Hufeisen bis in die hohen Klassen des Dressur- oder Springsports wagen. Warum eigentlich? Oft wird wohl einfach nicht darüber nachgedacht, dass Pferde ohne Beschlag genauso gute Leistungen bringen können. Die britische Dressurreiterin Emma Hindle, die ihre beiden Grand Prix-Pferde Diamond Hit und Wie Weltmeyer („Wally“) schon vor Jahren mit großem Erfolg barhuf vorstellte, sagte dazu gegenüber EuroDressage.com über ihren Erfolg beim CDIO Saumur 2005: „Ich habe unglaubliche Erfahrungen mit dem Reiten ohne Hufeisen gemacht. Wie alle anderen dachte ich, ein Pferd brauche Eisen. Aber Pferde werden nicht mit Hufeisen geboren!“   

Der französische Springreiter Julien Epaillard, der sich auch angesichts der erfolgreichen Barhuf-Starts in Tokio bereits als Fan dieser neuen Arbeitsweise deklariert hat, sprach bereits 2019 ausgiebig über das Thema. In einem Interview erklärte er, dass er durch den Einfluss von Michel Hecart, dessen Pferde er reite, zu der Idee kam. Hecart gilt als Barhuf-Pionier unter den französischen Springreitern. Die Umstellung sei für die Pferde durchaus schwierig und langwierig, wenn sie ihr Leben lang beschlagen waren, sagte Epaillard. Wenn ein junges Pferd nie beschlagen würde, könnte es sich problemlos langsam mit den Anforderungen mitentwickeln. Einschränkungen für Barhufer gäbe es im Sport aber zum Beispiel auf Rasen – da wäre zeitweiser Beschlag manchmal nötig. Das sei für die Pferde jedoch kein Problem. Überhaupt: Es gäbe keine strikte Regel, stattdessen sei die Anpassung an die jeweilige Situation wichtig. Manche Pferde profitierten ohne Beschlag, zum Beispiel bei Störungen des Bewegungsapparats. Sie könnten durch die Umstellung auf Barhuf wieder symptomfrei werden. „Egal was passiert, ich denke es kann nur gut tun, die Eisen von Zeit und Zeit abzunehmen und den Huf seine Funktionalität wiederfinden zu lassen. Dann schauen wir auf das Pferd und beschlagen es wieder, wenn es das wirklich braucht.“

Mit genauem Beobachten, Eingehen aus das einzelne Pferd und viel Geduld sind Erfolge von Barhufern also auch im Spitzensport möglich. Eine Inspiration für alle Barhuf-Anhänger:innen sind die Goldmedaillen für H&M All In und King Edward auf alle Fälle!