Zucht

Deutsche Tierärztekammer fordert Schenkelbrandverbot

Ein Artikel von Pamela Sladky | 21.08.2018 - 10:57
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© Der Schenkelbrand ist in Deutschland und Österreich nach wie vor eine gängige Methode zur Pferdekennzeichnung.  

„Nach der auch nicht schmerzfreien Implantation des Microchip gibt es keinen vernünftigen Grund im Sinne des Tierschutzgesetzes für einen weiteren schmerzhaften Eingriff zur Kennzeichnung“, konstatiert Dr. Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer in einer Aussendung. Die BTK fordert deshalb eine Änderung des Tierschutzgesetzes hin zu einem allgemeinen Verbot des Heiß- und Kaltbrands zur Kennzeichnung von Tieren.

Tauziehen um Schenkelbrand

Seit 2009 müssen Pferde lt. EU-Vorordnung zur eindeutigen Identifikation mittels Mikrochip gekennzeichnet werden. Dennoch akzeptieren einige Länder nach wie vor Brandzeichen. In Österreich ist der Schenkelbrand in Kombination mit Pferdepass und DNA-Typisierung als alternative Kennzeichnung offiziell zugelassen. Eine Variante, die durch die EU-Verordnung ausdrücklich gegeben ist. Für deutsche Pferdezüchter ein Wunschszenario. Sie sehen im Schenkelbrand ein elementares Kulturgut, das insbesondere für Rassen mit zahlenmäßig kleinerem Bestand überlebenswichtig ist.

Dieser Meinung können sich Brandgegner nicht anschließen. Tierschützer kritisieren, dass die Kennzeichnung vornehmlich der Werbung für die Zuchtverbände diene und damit nicht nur unnötig, sondern sogar rechtswidrig sei. Paragraph 3 des Tierschutzgesetzes verbietet klar das Heranziehen von Tieren zu Werbezwecken, sofern sie mit Schmerzen, Leiden oder Schäden für das betroffene Tier verbunden sind.

Unterschiedliche Studienergebnisse

Inwiefern Brandzeichen tatsächlich eine Belastung für das betroffene Tier darstellen, war in der Vergangenheit mehrfach Gegenstand wissenschaftlicher Studien – die teilweise zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kamen.

Für den Schweizer Veterinärmediziner Prof. Dr. Urs Schatzmann von der Universität Bern ist der Schenkelbrand die deutlich pferdefreundlichere Kennzeichnungsmethode als das Chippen. Nach Auswertung einer Studie der Universität Hamburg an 70 Pferdehautproben urteilte er, dass „die Traumatisierung des Gewebes (beim Schenkelbrand) qualitativ deutlich geringer ausfällt, als dies bei der Transponder-Implantation der Fall zu sein scheint.“  Das gesamte Gutachten können sie hier nachlesen.

Anders sah das eine Forschergruppe der Veterinärmedizinischen Universität Wien unter der Leitung von Prof. Christine Aurich, die eine Studie an 16 Fohlen durchführte um die Belastung während und nach den unterschiedlichen Kennzeichnungsmethoden zu untersuchen. Dabei fand sie heraus, dass zwar beide Markierungsmethoden nahezu gleich viel akuten Stress verursachten, die Kennzeichnung mittels Heißbrand im Gegensatz zum Chippen jedoch in der Regel längerfristige Veränderungen bewirkte. Aurich dazu: „Das Fohlenbrennen verursacht eine nekrotische Verbrennungswunde und einen allgemeinen Anstieg der Hauttemperatur an der Oberfläche, beides weist auf eine deutliche Schädigung des Gewebes hin. Studien, die nur die akute Stressantwort betrachten, führen zu einer Unterbewertung der Auswirkung des Fohlenbrennens auf das Wohlbefinden der Tiere.“ Die Schäden am Hautgewebe, die durch das Brennen entstehen, seien den Ergebnissen nach deutlich schwerer, als gemeinhin angenommen.

Lokale Betäubung Pflicht

Ab 1. Jänner 2019 wird die umstrittene Kennzeichnung zumindest während des Brennvorganges weniger schmerzhaft für die betroffenen Pferde. Dann ist brennen in Deutschland nur noch unter Anwendung einer lokalen Betäubung erlaubt. Auf diesen Kompromiss einigte man sich 2012, als der Schenkelbrand unmittelbar vor dem Aus stand. Erst intensive Interventionen durch Interessensvertreter konnte ein allgemeines Verbot buchstäblich in letzter Sekunde abwenden.