Training

Galopp marsch – aber bitte immer auf beiden Händen!

Ein Artikel von Redaktion | 07.06.2023 - 12:37
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Im Galopp werden die beiden Körperhälften des Pferdes auf unterschiedliche Weise beansprucht. Wer eine Überlastung vermeiden will, sollte deshalb Links- und Rechtsgalopp in gleichem Maß trainieren.
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Schritt und Trab sind symmetrische Gangarten, die Gliedmaßen der linken Körperhälfte tun dabei dasselbe wie die der rechten – das gilt für die Bewegungsabfolge ebenso wie für den zeitlichen Rhythmus, nur mit dem Unterschied der zeitlichen Versetzung.

Beim Galopp ist das anders, weshalb man in dieser Gangart zwischen Links- und Rechtsgalopp unterscheidet. Die Namensgebung orientiert sich am sogenannten führenden Beinpaar, sprich jenem Vor- und Hinterbein, das weiter vorgreift. Im Rechtsgalopp sind das das rechte Vorderbein und das rechte Hinterbein, im Linksgalopp das linke Beinpaar.

Welche Unterschiede sich daraus in der Belastung für die Muskulatur ergeben, war jüngst Gegenstand einer Studie britischer und US-amerikanischer Forscher:innen. Das Team rund um Studienautorin Lindsay B. St. George von der Universität in Zentrallancashire (UK) verglich die Muskelaktivität und -bewegung zwischen den führenden und nicht führenden Vorder- und Hinterbeinen von zehn im Links- und im Rechtsgalopp gerittenen Pferden.

Folgende Beobachtungen ergaben sich dabei:

  • Das nicht führende Hinterbein aktivierte die Kruppenmuskulatur (gluteus) deutlich stärker als das führende, weil es das stärker gestreckte Hüftgelenk stabilisieren muss und vornehmlich für das Abstoßen vom Boden – und damit für den Schub nach vorne – verantwortlich ist.
  • In der diagonalen Zweibeinstütze (nicht führendes Vorderbein mit führendem Hinterbein) wurde eine deutliche Phasenverschiebung bei der Aktivierung des Riemenmuskels (musculus splenius), der der Abwärtsbewegung von Kopf und Hals entgegenwirkt, beobachtet.
  • Das führende Vorderbein kam als letztes in Bodenkontakt und zeigte durch stärkere Winkelung des Ellenbogens deutlich mehr Vorgriff als das nicht führende Vorderbein. In der Aktivität des dreiköpfigen Armmuskels (musculus triceps brachii) gab es zwischen den Vorderbeinen keinen signifikanten Unterschied.
  • Die Muskulatur an den Gliedmaßen war im Moment des Schwingens mehrheitlich untätig.

Das wenig überraschende Fazit, das sich daraus ergibt: Durch die Asymmetrie des Galopps kommt es zu unterschiedlichen Bewegungszyklen und damit auch zu unterschiedlichen Belastungen der Muskulatur.

„Diese Erkenntnisse sind für Reiter in der Praxis wichtig, denn sie liefern eine objektive Rechtfertigung dafür, das Pferd gleichmäßig auf beiden Händen zu trainieren, um eine ausgewogene Muskelentwicklung zu fördern und das Risiko von Verletzungen durch Überbeanspruchung zu verringern“, schreiben St. George und ihre Kolleg:innen im Fachjournal Animals.

Das gilt übrigens nicht nur für vierbeinige Athleten im Leistungssport. Gerade beim Reiten im Gelände passiert es nur allzu leicht, dass man vornehmlich auf der „Schokoladenseite“ des Pferdes unterwegs ist. Aufgrund der natürlichen Schiefe hat jedes Pferd einen bevorzugten Galopp. Weil die meisten Pferde Rechtshänder sind, ist das im Großteil der Fälle der Linksgalopp. Und den wird ein Pferd im Zweifelsfall eher anbieten, als der, der ihm weniger leicht fällt. Ausgewogen im Rechts- wie im Linksgalopp zu reiten, sollte deshalb stets ein Ziel sein.  

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Beim Ausreiten kann das Zügelende auf der Seite des Handgalopps als Gedächtnisstütze dienen. © www.Slawik.com

Wer sich nicht merken kann, auf welcher Hand er zuletzt galoppiert ist, kann sich mit einigen Tricks helfen, z. B. die Gerte immer auf die entsprechende Galoppseite nehmen, im Linksgalopp demnach in die Linke, im Rechtgalopp in die Rechte. Hat man keine Gerte mit dabei, kann man auch das Zügelende auf die jeweilige Halsseite legen. Oder man pariert auf der Hälfte der Galoppstrecke durch und wechselt in den anderen Galopp.