Lust auf den ganz persönlichen Bewegungsmoment? Wir verlosen ein persönliches Coaching für ein Pferd-Mensch-Paar mit Personal- und Gesundheitstrainerin Stephanie Kollin! Mehr lesen ...
Wer seinen Reitplatz liebt und lange Freude an ihm haben möchte, der muss auch für seine Pflege sorgen. Pferdeäpfel nach jeder Einheit sofort einzusammeln gehört eigentlich zum guten Ton, aber auch das regelmäßige Ebnen und Abziehen der Fläche trägt maßgeblich zum Erhalt einer lockeren, elastischen und dennoch stabilen Unterlage bei und darf deshalb nicht vernachlässigt werden. Die Reitplatzpflege gehört nun aber nicht unbedingt zu den Lieblingsaufgaben der meisten Reiter:innen – vor allem, wenn geballte Muskelkraft zum Einsatz kommen muss. In größeren Reitställen steht meist ein Traktor samt passenden Gerätschaften wie etwa einem auf den vorhandenen Boden abgestimmten Reitplatzplaner zur Verfügung. In privaten Haltergemeinschaften oder bei kleineren Einstellbetrieben ist eine adäquate Mechanisierung auf diesem Gebiet aber oft schlicht zu teuer. Falls jetzt der bloße Gedanke an das gemeinschaftliche Workout beim mit Rechen bewaffneten Hufschlag-Ausbessern schon für lange Gesichter sorgt – die Lösung lautet: ab zum Sandspielen mit dem Pferd!
Das Equipment
Wer den Reitplatz mit dem Pferd pflegen möchte, für den ist die passende Ausrüstung das Um und Auf. Wichtig ist vor allem ein passendes Geschirr für das Zugtier: Hier sollte man keine Abstriche machen, denn mit notdürftig zusammengebastelten Konstruktionen tut man dem Pferd auf Dauer keinen Gefallen – das Gewicht, das die Pferde ziehen müssen, wird leicht unterschätzt! Neben einem Geschirr in der passenden Größe benötigt man auch ausreichend lange Zugstränge – diese sollten so lange sein, dass das Ortscheit, an dem man die Schleppe befestigt, die Hinterbeine nicht berühren kann.
Zur Hilfengebung sind neben Stimmkommandos auch Fahrleinen und eventuell eine Bogenpeitsche für den Fahrsport oder eine lange Gerte nötig. Hat man ein sehr sensibles Pferd, das sich schnell gruselt, wenn sich hinter oder neben ihm etwas bewegt, kann ein Zaum mit Scheuklappen die Situation verbessern. Regelmäßiges Üben ist hier allerdings die bessere Variante, um auf Dauer ein Pferd zu erziehen, das mit unterschiedlichsten Reizen gelassen umzugehen weiß.
Etwas Kreativität braucht's bei der Schleppe, meist werden Eigenkonstruktionen verwendet. Bewährt haben sich auf Sandplätzen z. B. umgedrehte (Kunststoff)Paletten, aber auch Baustahlmatten oder Stabmattenzaun-Elemente finden in manchen Ställen Verwendung. Sogar Aluleitern, die mit Gewichten beschwert werden, wurden schon hinter Mensch oder Pferd gespannt. Die Kreativität kennt also keine Grenzen. Michele Ortner, die unserem Aufruf auf Facebook und Instagram gefolgt ist und uns Fotos sowie ihre Erfahrungen zum Thema zukommen ließ, hat sich für ausgediente Autoreifen entschieden, vor allem wegen des geringeren Verletzungsrisikos für ihr Pony: „Ich verwende zwei kleinere Reifen, das funktioniert recht gut, denn durch das geringe Eigengewicht gleicht sich das Gewicht des Sandes, der immer mitgezogen wird, wieder ein wenig aus. Außerdem habe ich das Gefühl, dass, sollte Bellino doch einmal erschrecken und einen Satz rückwärts Richtung Schleppe machen, Gummi weniger problematisch ist als etwa Holz oder Metall. Glücklicherweise haben wir dahingehend bisher aber keine Schwierigkeiten gehabt.“ Die Reifen hat sie mit Karabinern aneinander und am Ortscheit befestigt, „dazu muss man kein begabter Handwerker sein, ein wenig Erfindungsgeist schadet aber nicht“, erklärt Ortner.
Gut vorbereitet zum Erfolg
Damit die neue Beschäftigung für Pferd und Mensch gleichermaßen geordnet und möglichst risikoarm über die Bühne gehen kann, bedarf es wie so oft guter Vorbereitung. Die Basis für ein erfolgreiches Schleppen des Reitplatzes bildet eine solide Grundausbildung, vor allem das sichere Führen, Stehen und ein wenig Anti-Schreck-Training haben sich als sehr wertvoll erwiesen. Beachtet man diese Grundpfeiler und geht mit viel Ruhe, Zeit und im Idealfall einem Coach, der im Fahren oder der Arbeit an der Doppellonge bewandert ist, an die Sache heran, muss das Training bis zum Einsatz zur Reitplatzpflege keine Hexerei sein.
Michele Ortner und ihr Welsh Pony Bellino sind mittlerweile richtige Profis was das Abschleppen des Reitplatzes betrifft. Die Tirolerin hat uns verraten, worauf es ihrer Meinung nach gerade am Anfang des Übens ankommt: „Ich habe das Reitplatz Abziehen als Vorbereitung für das Fahren gesehen. So konnten wir spielerisch vom Boden aus üben, ich konnte Bellino an die Kommandos und das Gewicht beziehungsweise den Druck an der Brust gewöhnen, bevor es dann wirklich an das Fahren ging. Wichtig ist vor allem, dass man dem Pferd Zeit gibt, sich langsam an das ungewohnte Equipment und alles drumherum zu gewöhnen. Bei uns war das größte Problem tatsächlich, dass Bellino sehr empfindlich auf die gruseligen Geräusche hinter ihm reagiert hat, und er fand auch die Zugstränge an der Hinterhand etwas unheimlich. Daher würde ich jedem empfehlen, das Pferd zuerst daran zu gewöhnen, dass es etwas an beziehungsweise um die Hinterhand gelegt bekommt, bevor man das Pferd dann wirklich anspannt.“ Doch nicht nur die Zugstränge an der Hinterhand können für das Pferd zu Beginn unheimlich sein. Die wenigsten Reitpferde sind an ein Geschirr gewöhnt, das heißt, man sollte auch der Adaptierung an Druck im Brustbereich Zeit einräumen. Man kann sich hier ganz gut damit behelfen, dass man das Pferd zunächst führt und eine zweite Person mit ausreichend Sicherheitsabstand hinter dem Pferd hergeht und langsam etwas Zug auf die Zugstränge bringt. Klappt das gut, kann man den Druck erhöhen und schließlich das Ortscheit befestigen, bevor man wieder eine Stufe weiter geht und die Schleppe mitnimmt.
Damit man sein Pferd vom Boden aus auch präzise lenken kann, eignet sich die Arbeit an der Doppellonge gut zum Üben, bevor man sich an das „Fahren am Boden“ heranwagt. Wer sich an der Doppellonge sicher fühlt und auch die Handwechsel beherrscht, ist dem Fahren am Boden schon sehr nahe: Beim Handwechsel verschiebt sich die Position des Longenführers beziehungsweise der Longenführerin nämlich zwangsläufig ein Stück weiter hinter das Pferd. Aus dieser Position heraus kann man dann, anstatt das Pferd wieder auf die gebogene Linie des Zirkels zu bringen, versuchen geradeaus weiterzugehen. Anfangs ist es oft hilfreich, wenn man dabei leicht versetzt zum Pferd geht, und sich erst nach und nach direkt hinter ihm einfindet.
Tipps vom Profi
Peter Kreinberg
Im Rahmen unseres Trainingsprogrammes (thegentletouch.de) haben wir einige Übungen erarbeitet, die die Pferde gut auf die Aufgabe des Reitplatzabschleppens vorbereiten, etwa gezieltes Führtraining. Unabhängig der Reitweise gibt es ein paar Aspekte, die bei dem Unterfangen helfen. Anti-Schreck-Training und ruhiges Stehenbleiben gehören dazu: Immer wieder begegnen uns Pferde, die nicht gelernt haben längere Zeit still zu stehen. Dabei ist es auch unerlässlich, dass das Pferd sich nicht aus der Ruhe bringen lässt, wenn an ihm hantiert wird, das Geschirr nachjustiert wird, es ein- oder ausgespannt wird etc. Auch enge Wendungen sollte man vorab üben, dafür eignen sich viele Übungen aus der Bodenarbeit.
Ein kleiner Tipp zum Schluss: Es gibt Sicherheitskarabiner, die man zwischen die Zugstränge und das Ortscheit hängt, damit kann im Fall der Fälle die Schleppe gelöst werden. Anfangs ist es ratsam das Ortscheit mit Schaumstoff zu polstern, damit, sollte das Pferd doch einmal einen Schritt nach hinten machen, keine Verletzungen entstehen.
Peter Kreinberg hat gemeinsam mit seiner Frau Rika das Bodenschul- und Reitprogramm „The Gentle Touch®“ entwickelt und ist einer der renommiertesten Horsemanship-Ausbilder Deutschlands.
Bauch, Beine, Po
Der nette Nebeneffekt der Reitplatzpflege mit dem Pferd: Sie tut nicht nur dem Platz gut, sondern trainiert auch die Pferde und bringt ihnen Abwechslung. „Unseren 40 mal 40 Meter großen Reitplatz ziehe ich einmal die Woche mit Bellino ab. Dafür brauchen wir, wenn wir im Schritt bleiben, circa eine Stunde. Bellino muss sich dabei einerseits gut auf mich und meine Hilfen konzentrieren, andererseits ist es auch ein hervorragendes Training für seine Muskeln, denn man glaubt gar nicht, wie schwer die Ponys tatsächlich zu ziehen haben. Der Widerstand ist ein ganz anderer als beim Fahren, denn die Rollwirkung eines Reifens bleibt ja vollständig aus, und der Sand, der sich bei der Schleppe sammelt, kann, wenn er feucht ist, schon recht schwer werden“, meint Michele Ortner. Neben dem Ausdauer- und Krafttraining profitieren die Pferde aber auch mental von der neuen Herausforderung und lernen, mitzudenken. Mutet man seinem Pferd nicht zu schnell zu viel zu, kann die Reitplatzpflege nämlich zur willkommenen Abwechslung im Reitpferdealltag werden: „Bellino parkt mittlerweile sehr gut ein, reagiert auf unterschiedlichste Kommandos, hat gelernt, wie er mit den Reifen im Schlepptau umgehen muss. Kurz gesagt: Er weiß was er zu tun hat und hat sichtlich Spaß an der Arbeit!“