Eleve Vinzenz Zöchling beim Schneiden der Birkenzweige © ÖBf | F. Helmrich
Während heutzutage allerorts hauptsächlich moderne Gerten aus Fiberglas oder Polyamid zum Einsatz kommen, setzt man in der Spanischen auf Natur pur. Seit dem 16. Jahrhundert vertraut man im Wiener Traditionsinstitut ausschließlich auf Gerten aus Birkenzweigen. Und das aus gutem Grund: „Junge Birkenzweige sind trotz ihrer hohen Stabilität biegsam und äußerst elastisch. Sie bringen somit von Natur aus beste Voraussetzungen für die außergewöhnliche Verwendung in der Spanischen Hofreitschule mit“, beschreibt Andreas Gruber, Vorstand für Forstwirtschaft und Naturschutz der Österreichischen Bundesforste, die Vorzüge des Naturmaterials.
Um Nachschub für die Spanische zu beschaffen, rückten dieser Tage Elev:innen und Bereiteranwärter:innen ins Bundesforste-Revier Pressbaum aus. Per Hand wurde dort „Naturrohstoff“ für rund 1.000 Reitgerten geerntet,
Tradition und Handarbeit
Der Winter ist die beste Erntezeit für die Zweige. In dieser Zeit stehen die Bäume in der sogenannten Saftruhe, der Wasser- und Nährstofftransport in der Pflanze kommt zum Erliegen, Schnittmaßnahmen sind dadurch besonders schonend. Für die Gerten der Spanischen werden ausschließlich die Haupttriebe, sogenannte Terminaltriebe, von jungen, meist drei- bis sechsjährigen Birken verwendet. Diese sind gerade gewachsen, wenig verzweigt und verfügen über einen Durchmesser von ein bis zwei Zentimeter – perfekte Voraussetzungen für eine Karriere als Reitgerte.
Bis sie ihre neuen Gerten auch verwenden können, müssen sich die Lipizzanerreiter:innen allerdings noch etwas gedulden. Nach dem Schnitt werden die Äste gebündelt und über mehrere Monate im Keller der Hofreitschule luftgetrocknet. Unmittelbar vor ihrem Einsatz kommen sie dann für einen Tag lang ins Wasserbad. Auf diese Weise wird die Elastizität gesichert, die eine gute Gerte ja benötigt. „Diese Tradition, die über die Jahrhunderte bewahrt und an die Jüngsten in unserem Team übertragen wurde, zeigt in wunderbarer Weise wie lebendige Geschichte in der Spanischen Hofreitschule weitergeschrieben wird“, so Alfred Hudler, neuer Geschäftsführer der Spanischen Hofreitschule.
