Dressur

Frederic Wandres: "Ein Start bei der WM wäre ein wahrgewordener Traum"

Ein Artikel von Redaktion | 10.07.2022 - 22:27
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Frederic Wandres (GER) und sein Spitzenpferd Duke of Britain genießen den Jubel des Publikums beim CHIO in Aachen.
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Frederic Wandres, 35, ist der Shootingstar der deutschen und internationalen Dressursportszene dieses Jahres, wenngleich er auch schon im Vorjahr Anwärter auf einen Platz im deutschen EM-Team war. Erst sicherte er sich heuer bei der Deutschen Meisterschaft in Balve im Juni sowohl im Special als auch in der Kür mit Duke of Britain FRH den deutschen Vizemeister-Titel, dann wurde er in allen drei Prüfungen der CDIO5*-Tour in Aachen als bester Deutscher Zweiter und gewann mit Bluetooth den CDI4*-Grand Prix Special. Mit beiden Pferden steht er nun auf der Longlist fürs deutsche WM-Team. Und nun, bei seinem Debüt beim CDI4* auf dem Schindlhof in Fritzens, feierte er mit seinem Nachwuchs-Grand-Prix-Pferd, dem elfjährigen Oldenburger Schimmelwallach Hot Hit OLD, zwei Siege in der Kür-Tour und sicherte sich als Sahnehäubchen auch noch den Manfred & Hilde Swarovski-Wanderpreis. Am Rande des Turniers hat ihn Birgit Popp für uns zum Interview gebeten.
 

Herr Wandres, Sie waren zwar schon 2021 Mitglied des deutschen Nationenpreisteams beim CHIO in Aachen, bislang aber vornehmlich Insidern bekannt. Jetzt gehören Sie zum engsten Favoritenkreis für einen Platz im deutschen WM-Team. Wo hat ihre Dressurkarriere ihren Anfang genommen?

Ich komme aus Baden-Württemberg, aus der Nähe von Offenburg. Ich habe mit neun Jahren begonnen zu reiten und bin in der Schulzeit E- und A-Dressuren geritten, auch mal E- und A-Springen. Meine Eltern hatten nichts mit dem Reitsport zu tun und für mehr reichten die finanziellen Mittel nicht. Ich wollte damals schon gerne beruflich in den Reitsport gehen, aber mein Vater wollte, dass ich erst mal eine andere Ausbildung absolviere und so bin ich Industriekaufmann geworden. Eine kaufmännliche Lehre ist nie verkehrt. Danach bin ich 2007 an den Hof Kasselmann gegangen und habe dort meine Ausbildung zum Pferdewirt FN – Klassische Reitweise absolviert und bin bis 2013 geblieben, war dann zwei Jahre auf dem Gestüt Bonhomme bei Berlin und habe vor allem junge Pferde ausgebildet und bin 2015 auf den Hof Kasselmann als Bereiter zurückgekehrt. Damals habe ich begonnen, Duke of Britain FRH, der heute 15-jährig ist, zu reiten und auszubilden und wir sind gemeinsam über den Louisdor-Preis für Grand-Prix-Nachwuchspferde in den Grand-Prix-Sport hineingewachsen.
 

Duke ist Ihr erstes Pferd, mit dem Sie im Grand Prix starten. Mit wem auf dem Hof Kasselmann trainieren Sie? Mit Seniorchefin Bianca Kasselmann, die Duke auch fit gehalten hat, als Sie in Florida mit anderen Pferden an der dortigen Turnierserie teilnahmen? Oder schaut Seniorchef Ullrich Kasselmann nach Ihnen?

Einen speziellen Trainer habe ich nicht. Wir schauen alle nach den jeweils anderen, die am Reiten sind. Auf den Turnieren begleitet mich mein Lebensgefährte Lars Ligus, der ebenfalls als Bereiter auf dem Hof Kasselmann angestellt ist und dort meistens die jungen Pferde ausbildet und selber bis Intermediaire II reitet. Ja, meistens sind es ansonsten Ulli und Bianca.
 

Wie würden Sie Duke charakterisieren?

Er hat einen unbeschreiblichen Charakter. Ich kann mich immer darauf verlassen, dass er sein Bestes gibt. Er ist ein Kämpfer. Mit seiner Lektionssicherheit überzeugt er einfach.
 

…aber auch durch seine Ausstrahlung. Sie gehörten 2021 bereits zum engsten Favoritenkreis für die EM, aber wann haben Sie gedacht, dass Ihnen endgültig der Durchbruch in die Weltspitze gelingen könnte?

Nach der Deutschen Meisterschaft in Balve 2022. Da dachte ich, es läuft nicht so verkehrt mit zwei deutschen Vize-Meistertiteln, zumal mit ziemlich guten Prozenten. Aber noch sind wir nicht fürs deutsche EM-Team nominiert.
 

Nachdem Duke und Sie nach dem Ausfall von Dorothee Schneiders Showtime derzeit das beste Paar im deutschen Team sind, dürfte der deutsche Dressurausschuss wohl kaum an Ihnen vorbeikommen. Wann fällt die Entscheidung, gehen Sie bis dahin noch ein Turnier?

Nominiert wird am 25. Juli. Turniere gehen wir bis dahin nicht mehr. Das Wichtigste ist, dass Duke und ich gesund bleiben. Ich hoffe allerdings, dass Bluetooth als Ersatzpferd für Duke nominiert wird, sollte er doch ausfallen. Auf der Longlist stehe ich mit beiden. Ich habe aus sportlicher Sicht das Beste gegeben, nun entscheiden die anderen. Es liegt nicht mehr in meiner Hand. So richtig realisiert habe ich es auch nicht. Wenn es denn zu einer Nominierung kommt, dann werde ich es wohl so richtig erst in oder sogar nach der WM in Herning realisieren. Auf jeden Fall freue ich mich darauf, es wäre ein Traum, der wahr werden würde. Aber bisher sind wir noch nicht am Ziel angekommen, bisher haben wir nur ein Etappenziel erreicht. Es ist eine Grundanspannung da.


Der Hof Kasselmann ist ja ein Verkaufsstall. Wussten Sie von Anfang an, dass Duke nicht zum Verkauf stehen würde?

Nein, das hat sich so ergeben, aber er ist auch ein Aushängeschild für unseren Ausbildungsstall. Bluetooth, den ich vor einem Jahr von Ingrid Kimke übernommen habe, steht auch nicht zum Verkauf.


Wie fühlt sich die jetzige Situation für Sie an?

Ich denke, ich habe jahrelang dafür gearbeitet, dass es sich irgendwann auszahlt. Das hat es jetzt. Meine Emotionen sind eine Mischung aus allem. Ich bin schon ein bisschen stolz, aber ich freue mich vor allem auf das, was kommt und bleibe fokussiert darauf. Ich richte immer wieder den Blick nach vorne. Bei jedem Turnier geht es wieder von vorne los.


Es wird viel über Reiterfitness gesprochen. Manche Topreiter haben ganze Trainingsprogramme für die eigene körperliche Kondition, die anderen eher weniger. Wie halten Sie sich fit?

Ich reite 15 Pferde am Tag. Ich denke, das ist Fitnessprogramm genug. Wenn ich Zeit habe, arbeite ich auch gerne im eigenen Garten.


Sie sind zum ersten Mal auf dem Schindlhof. Wie gefällt es Ihnen hier?

Es ist ein sehr schönes Turnier. Ich hatte schon viel von seiner einzigartigen, familiären Atmosphäre gehört. Der Hof Kasselmann versucht jedes Jahr, mit einem größeren Aufgebot an Pferden und Reitern dabei zu sein. Hier stimmt einfach alles und die Bedingungen sind optimal. Traumhafter als hier vor der Bergkulisse geht es nicht.

Das Interview führte Birgit Popp.