Oh Wendy! Bei diesem Pferd gehen selbst Isabell Werth allmählich die Superlative aus. © www.sportfotos-lafrentz.de
Nach ihrem Sieg mit 78,085 % im Grand Prix Spécial sorgten Isabell Werth und Wendy de Fontaine auch in der Kür am Sonntag klar für das beste Ergebnis: Satte 89,095 % vergaben die Richter für die Vorstellung der Rappstute. Bei einem Championat wäre das ein Einzelmedaillen-verdächtiges Ergebnis. Für Werth und Wendy, die ja erst seit Jänner gemeinsam trainieren, ist es jedenfalls die nächste persönliche Bestleistung. „Es ist unglaublich. Dieses Pferd ist einfach unfassbar. Da gehen mir allmählich auch die Superlative aus – und das will etwas heißen“, sagte Werth nach ihrer Kür. „Sie hatte kein nasses Haar am Körper, als sie rein ging und auch keins, als sie raus kam.“ Ungeachtet des tobenden Publikums piaffierte und passagierte sie nach einer fehlerlosen Prüfung im Takt weiter und schritt dann gelassen gen Ausgang, während Werth sich winkend beim Publikum für die Ovationen bedankte. Definitiv ein besonderer Moment. Auch für die Dressurreiterin, die schon alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt. „Das war auch für mich unglaublich. Heute war unser Tag. Wir wachsen immer mehr zusammen. Wendy war wirklich total cool, obwohl es so laut wurde. Sie sagt einfach: ,Sag mir, was ich machen soll‘, und dann macht sie es. Ich war schon so oft dort drin. Aber heute war der beste aller Tage. Es ist eine Freude, hier zu sein.“
Wandres und Bluetooth auf der Zwei
Hochzufrieden war auch Frederic Wandres (Hagen a.T.W.) nach seiner Kür. Nachdem sich in den Grand Prix noch einige Fehler eingeschlichen hatten, sei der Druck im Grand Prix Spécial besonders groß gewesen. „Das hat mich ein bisschen aus der Bahn geworfen. Normalerweise ist es meine Stärke, konstant fehlerfreie Prüfungen abzuliefern“, sagte er. Isabell Werth hatte ihn daraufhin mit einem strengen „Reiß dich zusammen!“ den Kopf gewaschen. Was offenbar Wirkung gezeigt hat, denn mit 76,851 % wurde Wandres knapp Dritter im Spécial. Danach habe sich alles schon etwas leichter angefühlt, so Wandres, und in der Kür lief es dann tatsächlich noch einmal besser für ihn und seinen Oldenburger Bluetooth OLD: 83,010 % und Platz 2 lautete diesmal das Ergebnis für die beiden. Mit seiner Prüfung war Wandres zufrieden: „Heute war es wieder eine technisch fehlerfreie Runde. Es gibt noch ein paar Stellschrauben in der Musik, da war ich teilweise nicht ganz passend. Da muss ich gestehen, das hätte ich zuhause auch etwas mehr üben können. Aber das war so eine Letzte-Minute-Nummer. Aber es hat alles gut geklappt und ich bin sehr guter Dinge und happy mit Bluetooth“, sagte er. „Ich hatte keine technischen Fehler, lediglich im Schritt kam etwas Spannung auf und in der B-Note ist noch Luft nach oben. Wir waren an der einen oder anderen Stelle etwas hinter der Musik.“ Was Bluetooth angeht, passt es für Wandres: „Wir sind am Montag gekommen und heute am Sonntag fühlte er sich noch genauso frisch und gut an, wie am Montag.“
Klimke und Franziskus mit teurem Fehler
Ingrid Klimke und Franziskus wurden mit 81,385 % Dritte. Gleich zu Beginn ihrer Kür sieht ihre Choreografie einen Starken Trab vor, die große Stärke von „Franz“. Der Hengst verstand die Aufforderung offenbar falsch und galoppierte einmal kurz an. „Ich habe vielleicht ein bisschen zu viel riskiert und zu viel Druck gemacht. Danach bin ich es dann vorsichtig angegangen“, analysierte Klimke die Situation. Im weiteren Verlauf fanden die beiden allerdings schnell wieder zusammen und zeigten eine harmonische von Durchlässigkeit geprägte Prüfung. Auch wenn der Sonntag für sie nicht optimal gelaufen sei, sei sie glücklich, dabei gewesen zu sein. „Das war das erste Mal, dass ich hier die Kür am Sonntagmorgen geritten bin. Die Atmosphäre ist unglaublich! Schon auf dem Abreiteplatz hört man die Zuschauer und wenn man dann unter der Brücke her ins Stadion einreitet, das ist ein ganz besonderer Moment.“ Und dann erst der Moment, wenn man zum letzten Gruß aufmarschiert ist: „Aachen ist einfach einzigartig. Das Publikum ist so fachkundig. Sie wissen, was sie sehen und was sie wollen.“
Einen Platz auf dem Podest hätte sich auch die Französin Pauline Basquin verdient, die mit ihrem Sertorius de Rima feine Dressur zelebrierte (81,120 %). Patrik Kittel (SWE) und Jovian komplettierten mit 79,840 % die Top 5 der Kür.
Deutschlands Team für Paris
Noch am Abend verkündete die Deutsche Reiterliche Vereinigung ihre Aufstellung für Paris. Neben Jessica von Bredow-Werndl und Dalera BB, die für das CHIO Aachen Dispens erhalten hatten, werden Isabell Werth mit Wendy de Fontaine und Frederic Wandres mit Buetooth OLD im Schlosspark von Versailles reiten. Ingrid Klimke und Franziskus fahren als Reserve mit nach Paris. Fünfmal war Klimke fester Bestandteil der deutschen Vielseitigkeitsequipe bei Olympischen Spielen. Ein Einsatz im Dressurteam wäre ein Premiere für die Reitmeisterin, die damit ihrem Vater Reiner Klimke nachfolgen würde, der ebenfalls in beiden Disziplinen an Olympischen Spielen teilgenommen hatte.
Charlotte Fry und Glamourdale unantastbar
In der Vier-Sterne-Tour knackten Charlotte Fry und Glamourdale nach ihrem haushohen Sieg im Grand Prix auch im Grand Prix Spécial die 80 Prozent-Marke. 80,107 % wurden es, mit denen die zweifachen Weltmeister von Herning 2022 Isabell Werth mit Quantaz (75 %) und Frederic Wandres auf Duke of Britain (73,128 %) auf die Plätze verwiesen - trotz teurer Fehler vor und in der Rechtspirouette. „Ich war so begeistert von meiner Linkspirouette, dass ich irgendwie vergessen habe, den Rest der Mittellinie zu reiten. Es war also mein eigener Fehler", gab Fry selbstkritisch zu. Für die Spiele in Paris habe sie dennoch das allerbeste Gefühl.
Alle Ergebnisse im Detail gibt es hier.