Wer fährt nach Paris? Thomas Haller (Grad II), Julia Sciancalepore (Grad I), Pepo Puch (Grad II), Valentina Strobl (Grad IV) und Bernd Brugger (Grad IV) bewerben sich um einen Startplatz bei den Paralympics 2024
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Auch wenn seitens der Veranstalter die offizielle Bekanntgabe der tatsächlich teilnehmenden Nationen erst Ende März erfolgen wird (derzeit steht noch nicht feststeht, welche Nationen eventuell wieder zurückziehen oder kein Team schicken werden) ist eines schon jetzt sicher: Wie bereits in Rio und in Tokio werden auch diesmal vier rot-weiß-rote Reiterinnen und Reiter fix in den Para-Dressurbewerben antreten, die, wie auch die olympischen Reitdisziplinen, vor Schloss Versailles zur Austragung kommen werden.
Bei der Europameisterschaft in Riesenbeck hatte es im Vorjahr für Österreich leider noch nicht für ein direktes Ticket gereicht. Als bestes Team der Rangliste der noch nicht fix qualifizierten Nationen schafften Pepo Puch und Co. es dennoch nach Paris. Mit 868 Punkten lag Österreich nämlich klar vor den direkten Konkurrenten Norwegen (850) und Irland (840). Beim Olympiaworkshop des OEPS waren daher auch alle fünf Mitglieder des Paralympics-Kaders dabei, allen voran natürlich Pepo Puch, der seinen vierten Paralympics entgegensieht und als Medienprofi ein begehrter Interviewpartner war!
Pepo, du hast uns schon sehr früh prophezeit, dass ihr die Qualifikation schaffen werdet. Und es war am Schluss wieder so wie du es gesagt hast.
Pepo Puch: Ja das stimmt, wir haben in Motesice im November nochmals 16 % draufgelegt und das war schon gut! Denn so hatten wir einen genügend großen Vorsprung auf die Konkurrenz.
Du hast jetzt mit Auheim’s Secret Love ein neues Pferd das erste Mal gestartet. Wie sieht es Richtung Paris aus?
Es ist sehr großzügig von der Familie Pengg, dass ich ihn zum Reiten bekommen habe, da bin ich wahnsinnig stolz drauf. Er macht sich auch gut, wir müssen halt noch mehr zusammen finden. Auf seinem ersten Turnier in Genemuiden hat er im Dezember mit 69, 70 und 71 Prozent schon einmal sein erstes Statement abgegeben. Er war vorher noch nie auf einem Turnier und dann gleich international, daher war das schon toll. Dann habe ich auch noch den sechsjährigen Vis Viva, der war auch noch nie auf einem Turnier. Mit ihm fliege ich nach Doha und stürze ihn gleich mal richtig ins kalte Wasser, dann werden wir mal schauen, wie das geht.
Du bist ja schon ein alter Hase was Olympische Spiele und Paralympics anbelangt. Wie ist die Atmosphäre bei solchen Spielen?
Ich habe in London Gold und Bronze gewonnen und es war einfach abartig im Stadion! Es war so laut, du hast nicht einmal den Lautsprecher gehört. Aber die Engländer sind auch richtige sportguys.
Ist nun auch für dich Paris etwas Besonderes, so wie für die meisten anderen Reiterinnen und Reiter?
Ja, was absolut Besonders. Man ist nun wirklich mitten in Europa und ich glaube, dass es beim Schloss Versailles richtig toll und ganz cool werden wird. Das große Stadion bleibt bis zu den Paralympics. Wir haben auch die gleichen Stallungen, es ist das gleiche olympische Dorf.
Wie siehst du generell die Entwicklung in der Paradressur?
Es ist alles noch viel professioneller geworden. Das sieht man auch daran, dass die großen Zuchtverbände aufgesprungen sind, dass die ganzen großen Trainer und Dressurställe der Welt am Abreiteplatz stehen. Darum hilft es eigentlich fast nix, wenn man ein alter Hase ist, weil jeder so professionell gemanagt wird. Egal, ob es der Cadre Noir der Franzosen ist, oder ob Isabell Werth da ist. Die Ausgangslage ist heute nicht mehr mehr mit früher vergleichbar. Vor Rio habe ich gesagt, mit den Medaillenritten von London gewinnen wir in Rio keinen Blumentopf. Und die Entwicklung ist so weitergegangen - wirklich steil nach oben. Entscheidend wird in Paris die Tagesverfassung sein und wie viel „fun“ das Pferd hat, dort wirklich zu performen und dort glücklich zu sein. Unsere Aufgabe ist jetzt die Leistung für den Moment parat zu haben und so abrufen zu können.
Julia Sciancalepore und Para-Referentin Eva Bachinger stehen am Medientag des OEPS Rede und Antwort © OEPS | Jasmin Walter
Julia Sciancalepore, auch für dich wären es nach Rio und Tokio bereits die dritten Paralympischen Spiele. Wie fühlt sich das an?
Julia Sciancalepore: Sehr gut fühlt sich das an. In Rio war ich ja selbst noch grün, in Tokio war mein Pferd ja auch mehr oder weniger halbgrün. Und jetzt freue ich mich richtig auf die dritten Spiele in Paris, in Frankreich, in Europa, dass man da alles geben und durchstarten kann.
Thomas Haller, du bist wieder im Olympia-Kader. Was bedeutet das für dich?
Thomas Haller: Ja, es ist super, nachdem ich Tokio freiwillig wegen der Pandemie ausgelassen habe. Da habe ich auf die Firma und die Kurzarbeit meiner Mitarbeiter Rücksicht genommen. Ich bin ja der Älteste im Para-Team und daher habe ich vielleicht noch zweimal die Chance dabei zu sein, das wäre in Paris und dann noch einmal in Los Angeles.
Wie oft warst du schon bei Paralympischen Spielen?
Es wären für mich die sechsten Paralympics. Ich habe in Sydney angefangen, dann Athen, Hongkong, London und Rio!
Valentina Strobl, Was bedeutet es für dich, das zweite Mal die Paralympics-Qualifikation geschafft zu haben?
Valentina Strobl: Es war natürlich wieder ein super tolles Gefühl, dass wir uns als Team qualifiziert haben. Obwohl wir bis zum Schluss nicht sicher waren.
Für dich und Bernd Brugger entsteht heuer eine neue Situation, es gibt einen fünften Konkurrenten um nur vier Plätze. Ist das jetzt anders für dich?
Also vom Prinzip her nicht, weil im Endeffekt muss sich jeder auf seine eigene Leistung konzentrieren. Das war im Vorfeld für Tokio auch so, dass jeder bei den Qualifikationsturnieren abzuliefern hatte. Deswegen verändert sich dadurch jetzt eigentlich nichts, weil wir harmonieren im Großen und Ganzen als Team sehr gut.
Bleibt es bei der bewährten Paarung mit deinem Sportpartner?
Genau, immer noch mit meinem Simba.
Du bist seit November im Grad IV eingestuft, bis dahin warst du ja im Grad V auch schon mit guten Erfolgen unterwegs. Wie ist diese Neu-Einstufung für dich?
Meine letzten Klassifizierungen waren alle immer recht grenzwertig zu IV, deswegen habe ich über kurz oder lang damit gerechnet. Ich fühle mich jetzt eigentlich wohl damit. Bei unserer Premiere in Motesice haben Simba und ich ja bereits gute Ergebnisse erzielt und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir darauf noch weiter aufbauen können.
Was verbindest du mit dem Begriff Paris?
Paris ist ganz was Einzigartiges, auf das man sich einfach wirklich freut, da wir im Schlossgarten von Versailles unser Viereck haben werden.
Bernd Brugger, wie schaut es mit deinen Pferden aus, dein Bellagio ist ja bereits 19 Jahre alt?
Bernd Brugger: Dieses Jahr fange ich erst mit meinem neuen Pferd Sir Rinjio an, aber Bellagio kommt auch noch auf die Turniere mit und dann schauen wir, wer besser geht. Sir Rinjio habe ich letztes Jahr im März gekauft, jetzt ist er acht und ich bin soweit ganz gut mit ihm zusammengewachsen.
Für dich wären es auch bereits die zweiten Paralympics, Routine oder prickeln?
Es ist immer ein Prickeln dabei und natürlich wäre ich sehr stolz, wenn ich mein Land in Paris vertreten könnte.
Wer schlussendlich in Paris an den Start gehen darf wird erst nach den Qualifikationsturnieren feststehen. Eva Bachinger, wie lauten da ihre Vorgaben als Equipechefin?
Eva Bachinger: Ja, die Reiterinnen und Reiter gehen verschiedene Turniere, fix sind Mannheim und Stadl-Paura in Österreich. Nach diesem Turnier werden vier nominiert werden.
Premieren in Doha
Wie im Interview angekündigt, nutzten Pepo Puch und Bernd Brugger das CHI in Doha für erste Testläufe mit der jungen Garde. Im Falle von Pepo Puch war es Vis Viva, der im Al Shaqab Reitzentrum seine Premiere im internationalen Turnierzirkus feierte. Der sechsjährige Oldenburger hat ein Dressurpedigree vom Feinsten mit Vivaldi als Vater und der Sandro-Hit-Tochter Poetin VI, Vollschwester zur legendären Wunderstute Poetin, als Mutter. Wie qualitätsvoll diese Anpaarung ist, zeigt der für Oldenburg, Hannover und DWB gekörte Blue Hors Viconte, der bei der deutschen Hengstleistungsprüfung mit Bestnoten für Galopp, Interieur, Charakter und Arbeitseinstellung bedacht wurde. Mit außergewöhnlicher Rittigkeit und einer top Einstellung kann auch dessen sechsjährige Vollbruder Vis Viva punkten, wie Pepo Puch verriet. Die Sensibilität, die er dabei an den Tag legt, macht ihn zu einem echten Erlebnis beim Reiten - aber auch zur Herausforderung, denn große Sensibilität verlangt nach entsprechend exakter und gefühlvoller Hilfengebung. Doha stand für das Paar deshalb vordergründig unter dem Motto „aufeinander abstimmen, zusammenfinden und Erfahrungen sammeln“. Und dieses Ziel hat das Paar erreicht, wie Pepo Puch via Facebook wissen ließ: "Der junge Kerl hat einen großartigen Job gemacht - trotz der beeindruckenden Arena und einer lärmenden Schulklasse an den Ständen, hat er mehrheitlich den Fokus halten können." Das Resultat: Ein zweiter (66,034 %) und zwei dritte Plätze (64,667 u. 67,222 %) für das neu formierte Paar.
Das Debüt von Bernd Brugger und seinem achtjährigen Sir Heinrich-Sohn Sir Rinjio verlief noch nicht ganz nach Wunsch. Der bildhübsche Fuchs mit der markanten Blesse wirkte doch recht beeindruckt von der Kulisse und mit seiner Aufmerksamkeit nicht immer zu 100 % bei seinem Reiter, was sich negativ in der Durchlässigkeit bemerkbar machte. Mit 61,528 und 56,396 % im A- und B-Grand Prix hat das Paar sicherlich noch einiges an Luft nach oben.
Die Ergebnisse aus Doha finden Sie hier.