Der Olympiasieger von Sydney bewies dabei eiserne Nerven, denn der vom Publikum frenetisch akklamierte Patrice Delaveau hatte nur einen Zeitfehler am Konto als es in die Entscheidung ging. Ausgerechnet mit Casall Ask (der Holsteinerhengst wirkte bereits am Vortag etwas müde) musste er nun die letzten zehn Sprünge absolvieren. Aber kontrolliert und stilistisch vorbildhaft ritt Dubbeldam im totenstillen Stadion zu Gold und das Orange der Niederländer war erneut die Modefarbe im Stade d'Ornano. "Ich habe mir selber Druck gemacht, denn mein Pferd ging vorher mit Patrice fehlerfrei, aber ich bin sehr froh, dass Zenith so gut ging und ich trotzdem gewonnen habe!"
Das Springreiten war fest in niederländischer Hand: Gold für das Team und durch Jeroen Dubbeldam auch im Einzel. © Ernst Kopica
Hinter Delaveau holte sich die US-Amerikanerin Beezie Madden, die in Aachen schon 2006 im Final Four war (damals als Zweite), die Bronzemedaille und konnte sich damit trösten, dass ihr Pferd Cortes C alle vier Runden mit Null absolvierte. Generell sahen die Zuschauer (das Stadion war bei weitem nicht ausverkauft!) wirklich vorbildhafte sportsmanship der vier Finalisten, die gerade einmal drei Minuten vor jeder Runde Zeit hatten, sich auf das fremde Pferd einzustellen.
Den Titel im Gespannfahren gewann der nach dem Marathon bereits in Führung liegende Australier Boyd Exell, der dem Druck standhielt und ohne Fehler das Kegelfahren beendete. Silber ging an Chester Weber aus den USA und Bronze an den Niederländer Theo Timmermann, der mit seinem Team auch den Mannschaftssieg holte.
Im Parcours
Seit einer Reglementänderung der FEI dürfen Parcoursbauer im Springreiten nur noch einmal in ihrem Leben bei einer WM oder den Olympischen Spielen tätig sein. Für die Normandie wurde der ehemalige französische Springreiter Frédéric Cottier mit dieser Aufgabe betraut und der Mannschaftsbronzemedaillengewinner von 1988 machte seine Hausaufgaben ausgezeichnet. Es gelang ihm vom ersten Tag an Kurse zu entwerfen, die einerseits den Anforderungen ALLER Teilnehmer gerecht wurden, andererseits blieben am Ende wirklich vier Reiter übrig, über deren reiterliches Können keine Zweifel herrschten, nämlich Beezie Madden, Ralf-Göran Bengtsson, Jeroen Dubbeldam und Patrice Delaveau.
Am Samstag bot sich mir die Gelegenheit Cottier beim "Course Walk" zu begleiten und es war interessant, wie er alle Klippen und Kanten des Parcours erläuterte. Der 60jährige ist mit einer gewissen Eitelkeit ausgestattet und war mächtig stolz auf seine Arbeit, aber dennoch war es interessant zu erfahren, wie er an die Sache heranging. Etwa, dass er die Wassergräben der letzten Championate für zu schwer hielt und daher mit vier Metern Breite das Auslangen fand. Ironie des Schicksals, dass gerade dieser Sprung der Französin Pénélope Leprevost zum Verhängnis. Auch unsere Steffi Bistan musste hier bitteres Lehrgeld zahlen, da sie mit ihrer Apollonia mit vollem Schwung übers Wasser ging und daher entsprechend zu knapp zum nächsten Sprung kam.
Das Design der Sprünge fand ich diesmal nicht ganz so spektakulär wie in London oder Hong Kong bei den Olympischen Spielen, aber alle österreichischen Reiter bestätigten unisono, dass es viel zu schauen gab – keine leichte Situation für unseren nicht so routinierten Pferde, die sie aber allesamt gut meisterten.
Nach 22 Blogs, 16 Wettkampftagen, 4 österreichischen Medaillen, 32 Startern in 7 Disziplinen und vielen Höhepunkten und Ärgernissen verabschiede ich mich aus Caen. Nicht ohne Danke zu sagen an unseren tollen Fotografen Tomas Holcbecher, der zu noch weniger Schlaf kam als ich und auch an alle Aktiven und Betreuer des rot-weiß-roten Teams, welche für unsere erfolgreichsten Weltreiterspiele aller Zeiten sorgten. Bis zum nächsten Mal, Ernst Kopica.