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Nerven wie Stahlseile muss Katharina Luschin haben: Zweimal auf Rang 3 nach Sturz vom Pferd. © Andrea Fuchshumer

Aufregung um Volti-Team

Ein Artikel von Ernst Kopica | 20.08.2015 - 14:32
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Nerven wie Stahlseile muss Katharina Luschin haben: Zweimal auf Rang 3 nach Sturz vom Pferd. © Andrea Fuchshumer

Aber was im den ganzen Tag über abging, das kostete Nerven und brachte Equipechef Manfred Rebel sicher das eine oder andere graue Haar ein. Das österreichische Team musste mit Startnummer 1 um Punkt 10 Uhr in die Arena und alles lief eigentlich nach Plan, als plötzlich ein am Rande des Zirkels kauernder Kameramann aufstand und seine Kamera auf Alessio l'Amabile richtete, gerade als dieser an ihm vorbeigaloppierte. Der Wallach scheute natürlich, Katharina Luschin musste vom Pferd und es gab empfindliche Punkteabzüge. "Außerdem wurde nun die Zeit knapp, da wir ja in sechs Minuten alle Übungen unterbringen mussten," war Rebel entsprechend sauer. "Die Nummer 1 war für uns ein extremer Nachteil." Und über die Medaillenchancen gab er sich zu diesem Zeitpunkt keinen Illusionen mehr hin: "Das ist nicht mehr zum Aufholen!"

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Der ersten Enttäuschung folgten zufriedene Mienen: Magdalena Riegler und Anna Weidenauer. © Ernst Kopica

Auf den Vorfall angesprochen erläuterte der technische Delegierte der FEI Rob de Bruin: "Der Kameramann hatte die Anweisung nicht aufzustehen, aber er hielt sich nicht daran. Um einigermaßen Chancengleichheit wiederherzustellen, bleibt er jetzt die ganze Prüfung an dieser Stelle." Allerdings in der Hocke und nicht in voller Körpergröße. Dass sich diese Causa nicht zum Skandal ausweitete, war der Entscheidung der Jury zu verdanken: Sie räumte unserem Team einen neuerlichen Start um 17.40 ein. Titelfavorit Deutschland und andere Länder wollte nun Protest gegen diese sportliche Entscheidung einlegen, was aber reglementgemäß nicht möglich war.

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Jury gestattete RC Wildegg einen zweiten Start. © Ernst Kopica

In dieser nervenaufreibenden Situation bewies die Mannschaft des RC Wildegg Nerven wie Stahlseile! Für die feine Leistung am Abend gab es um fast 0,5 Punkte mehr als am Vormittag bei ihrem Missgeschick. Damit ist die Medaillenchance weiterhin aufrecht, denn Österreich liegt nur knapp hinter Deutschland und der Schweiz auf Platz 3, die vierplatzierten Franzosen sind doch schon ein wenig zurück!

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Daniela Fritz liegt in der Damenwertung auf viertem Platz! © Andrea Fuchshumer

Hochzufrieden durften auch die drei gestarteten Damen sein, die nach der Pflicht auf den Rängen 3 (Katharina Luschin), 4 (Daniela Fritz) und 6 (Lisa Wild) liegen. Die Italienerin Anna Cavallaro – eine der heißen Medaillenanwärterinnen – hatte Pech, da ihr Pferd nicht "fit to compete" war und w.o. geben musste.

Auch die rot-weiß-roten Herren (Pas de Deux-Weltmeister Lukas Wacha verzichtete auf ein Antreten im Einzel) haben nach der ersten von vier Wertungen überraschend mit Ramin Simon Rahimi als Fünften einen Teilnehmer im Vorderfeld.

Voltis am Kasernenhof

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Trotz Quartierproblemen prächtige Laune bei Österreichs Voltigierern! © Ernst Kopica

Ein wenig Schmunzeln musste ich schon als der Shuttle-Fahrer mir diese Geschichte erzählte: "Was glauben sie, was mir gestern passierte. Ich brachte junge Voltigierer in ihr Quartier. Als ich sie fragte, woher sie kommen, da meinten sie: Aus Russland. Ich dachte mir meinen Teil, russische Voltigierer in einer russischen Kaserne! Wenn das nur gut geht!" Daher nahm ich diese Begebenheit zum Anlass an den österreichischen Volti-Teamchef Manfred Rebel beim Fototermin vor dem Deutsche-Bank-Stadion die Frage zu stellen, wie denn das nun mit dem Quartier seiner Mannschaft sei. Und bei Rebel, der sich zuvor nur lobend über die Europameisterschaft, über die gesamte Vorbereitung, über die Bedingungen im Stadion und über seine Sportler geäußert hatte, verfinsterte sich die Miene: "Eigentlich habe ich nur einen einzigen Kritikpunkt: Unsere Unterbringung! Stell dir vor, die wollten uns in Sechs-Bett-Zimmern in einer Kaserne einquartieren. Das geht doch gar nicht! Deswegen habe ich in Eigenregie ein Hotel für alle organisiert und beim Verband durchgesetzt, dass wir dort wohnen können!" Klare Worte und professionelles Reagieren!

Als ich anschließend in den Rider's Club ging, wo es das Mittagessen für Funktionäre, Sportler und Journalisten gibt, da traf ich den verletzten Voltigierer Stefan Csandl. Meine Frage, ob er der Vorkoster für seine Kollegen sei, beantwortete er mit einem Lachen: "Nein, ich bin der einzige, der hier essen darf und ich habe die Akkreditierung für den Rider's Club nur der Tatsache zu verdanken, dass ich in Aachen gewonnen habe. Deswegen bekam ich eine Ehreneinladung!" Na, vielleicht kommen im nächsten Jahr noch ein paar österreichische Sportler in den Genuss des vorzüglichen Do&Co-Essens!