Betrug mit Beistellpferden

Vom Gnadenhof zum Geschäftsmodell? Betreiber unter Verdacht des illegalen Pferdehandels

Ein Artikel von Redaktion | 14.05.2025 - 14:03
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Symbolfoto © Christiane Slawik, Würzburg, Germany

Pferde wie jenes von Eva Dürlinger, das aufgrund schwerer Arthrose nicht mehr reitbar war, sollten ihren Lebensabend auf einem guten Platz verbringen. „Ich habe eine Anzeige aufgegeben, dass ich einen Beistellplatz für mein krankes Pferd suche“, erzählt sie gegenüber dem ORF Steiermark. Eine vermeintlich engagierte Tierfreundin mit eigenem Pferdehof in Bad Schwanberg habe sich daraufhin gemeldet. Dürlinger vertraute der Interessentin – unter der Bedingung, dass ihr Tier nicht weiterverkauft und bei Veränderung der Umstände zurückgegeben würde.

Doch es kam anders. Das Pferd von Eva Dürlinger verschwand – und es war nicht da einzige. In den vergangenen Wochen sprach der ORF Steiermark mit knapp einem Dutzend Betroffenen, deren Pferde auf dem weststeirischen Hof untergebracht und plötzlich verschwanden. Wie sich herausstellte, wurden die Tiere – offenbar unter Angabe falscher Tatsachen – gewinnbringend verkauft. Manche konnten über Soziale Medien ausfindig gemacht werden. Viele andere sind bis heute unauffindbar.
 

Verdacht: Verkauf unter falschen Angaben

Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt in diesem Fall bereits seit 2023. Sprecher Christian Kroschl bestätigt: „Ermittelt wird wegen schweren gewerbsmäßigen Betruges. Die Besitzer eines vermeintlichen Gnadenhofes stehen im Verdacht, Pferde, die ihnen wegen diverser teils chronischer Krankheiten und des Alters übergeben worden sind, unter der Vorgabe, dass es sich um gesunde und zum Reitsport geeignete Pferde handelt, um teils mehrere tausend Euro weiterverkauft zu haben.“

Laut ORF haben die Ermittler mindestens vier Personen im Visier – darunter auch das Ehepaar, das den Hof betrieb. Inzwischen haben sie die Steiermark verlassen und führen offenbar einen neuen Pferdebetrieb in Niederösterreich.
 

Beistellpferde: Welche Rechte bleiben bei der Abgabe?

Der Fall wirft nicht nur moralische, sondern auch juristische Fragen auf. Viele Pferdehalter:innen sind sich der Konsequenzen bei der Abgabe ihrer Tiere nicht vollständig bewusst. Rechtsanwältin Dr. Ollinger* (pferde-rechtsanwalt.at) stellt klar: „Üblicherweise ist ein Beistellpferd ein Pferd, an dem auch das Eigentum an denjenigen übergeht, bei dem das Pferd dann steht. In diesem Fall ist der neue Eigentümer berechtigt, über das Pferd zu entscheiden. [...] Wer etwas hergibt – egal ob als Verkauf oder als Schenkung –, sollte sich dessen bewusst sein, dass er seine Rechte daran aufgibt.“

Das bedeutet: Ohne klare vertragliche Regelungen haben ehemalige Besitzer:innen kein Mitspracherecht mehr über den Verbleib des Pferdes – auch dann nicht, wenn emotionale Bindungen bestehen bleiben. „Natürlich ist es möglich, Regelungen zu vereinbaren, die das Pferd auch nach dem Eigentumswechsel betreffen. So kann etwa ein Besuchsrecht vereinbart werden oder auch ein Vorkaufsrecht, falls man das Pferd wieder zurückkaufen möchte“, so Dr. Ollinger weiter.

Auch sogenannte Schutzverträge, die eine Weitergabe oder Verbringung des Pferdes untersagen, sind ohne klar geregelte Konsequenzen rechtlich oft zahnlos. Die Juristin rät deshalb: „Empfehlenswert ist es, sich im Vorfeld genau zu überlegen, was man möchte, und gegebenenfalls im Detail abzuklären, was juristisch umsetzbar ist [...] Im Wege des Vertragsrechts sollte man sich Rechtsfolgen überlegen wie z. B. Vertragsstrafen.“
 

Fazit: Vertrauen ist gut – Verträge sind besser

Die Ereignisse rund um den weststeirischen Gnadenhof zeigen klar, wie wichtig rechtliche Absicherung beim Abgeben eines Pferdes ist – gerade wenn es sich um ein nicht mehr einsatzfähiges Beistellpferd handelt. Wer seinem Tier einen würdigen Lebensabend ermöglichen möchte, sollte sich nicht nur auf mündliche Zusagen verlassen, sondern vertraglich klare Bedingungen mit überprüfbaren Konsequenzen vereinbaren. Tierliebe allein ist leider kein Schutz vor Täuschung.

*) aus Pferderevue 7/2019