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So gelingt der Umstieg vom Beschlag auf den Barhuf

Ein Artikel von Romo Schmidt | 02.06.2015 - 00:40
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Gesunde und widerstandsfähige Barhufe sind der Traum vieler Reiter – aber häufig wissen sie nicht, wie sie ihr Pferd auf das bloßfüßig Gehen umstellen sollen oder befürchten negative Folgen. © Alex Koch - fotolia.com

Werden Sportpferde in den wohlverdienten Ruhestand geschickt, stellt sich die Frage, ob der für den Leistungssport notwendige Beschlag noch sinnvoll ist. Aber auch für freizeitmäßig gerittene Pferde, die die Mehrheit aller Pferde stellen, kann eine Umstellung zweckmäßig sein. Denn die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Ein voll funktionierender Hufmechanismus ermöglicht eine gute Durchblutung der Hufe mit beschleunigtem Wachstum;
  • das Bodenkontaktfühlen (Tastsinn) wird wieder im vollen Umfang ermöglicht, Stolpern reduziert sich, und die für Gelenke und Knochen schädlichen Schläge und Schwingungen, die beim Auftreffen der Eisen auf harten Böden wie beispielsweise Asphalt entstehen, werden verringert;
  • eine merkliche Schonung des Geldbeutels – auch beim Einsatz von Hufschuhen;
  • die für alle Beteiligten schweißtreibende Prozedur des Beschlagens geht in eine angenehme Barhufbearbeitung über;
  • kein Ärger mehr durch abgetretene Hufeisen;
  • geringere Verletzungsgefahr in der Offenstallhaltung oder auf der Weide, auch für das Pferd selbst, da Barhufe deutlich griffiger auf unterschiedlichen Böden sind als eisenbeschlagene (ohne Stollen), das Pferd also weniger rutscht.

Wird das Pferd dann nach einer leider unumgänglichen individuellen Schonungs- und „Abcheck“-Phase wieder regelmäßig geritten, können Hufschuhe verwendet werden. Hier hat sich in den vergangenen 20 Jahren enorm viel getan, und es sind inzwischen zahlreiche Hufschuhmodelle auf dem Markt, die auch Stellungsfehler ausgleichen (genietete Einlagen etc.) oder für verschiedenste Einsätze konzipiert sind. Gleichzeitig müssen – wenn nicht schon im beschlagenen Leben durchgeführt – die jetzt eisenlosen Hufe auch von innen unterstützt werden, etwa durch die Verabreichung von bestimmten Zusatzfuttermitteln wie Biotin, Bierhefe oder Kieselgur (siehe Kasten), die nachhaltig das Hufwachstum und die Hufqualität des Weich- und Harthorns anregen und verbessern. Gegebenenfalls sollte nach der Umstellung aber auch die bisherige Ernährung hinterfragt und eine mögliche Haltungsverbesserung bzw. Haltungsumstellung ins Auge gefasst werden, die dem Pferd nicht nur eine bessere Lebensqualität ermöglichen, sondern auch die Umstellung auf den Barhuf erleichtern. Und letztlich muss – und das ist das Wichtigste – eine umfassende und korrekte Barhufbearbeitung erfolgen, um Rückschläge oder Scheitern zu vermeiden.

Schwarzmaler, Schönredner und Realisten

Beim Thema rund um den Hufbeschlag treffen die kontroversesten Meinungen aufeinander. Um es aber klarzustellen: wir reden hier nicht von Sportpferden im regulären Einsatz. Für Sportpferde in den meisten Disziplinen gibt es derzeit leider noch keine Alternative zum Beschlag. Im Distanzsport hingegen sieht man hier und da schon Pferde mit Hufschuhen, seltener auch ausschließlich barhuflaufende ohne Hufschutz. Es dreht sich beim Umstieg vom Eisen auf den Barhuf also ausschließlich um Freizeit und Zuchtpferde sowie Sportpferde mit beendeter Karriere. So schreibt die „Realistin“ Dr. med. vet. Bettigna Musterle vom Tierspital Zürich in ihrer 2009 erstellten Dissertation „Standortbestimmung des aktuellen Wissens zu Hufbeschlag und Huferkrankungen in der Schweiz“ im Abschnitt „Umstellung vom Beschlag zum Barhuf“: „Bei physiologischen Hufen (= normal funktionierenden, gesunden Hufen, Anm. d. A.) ist die Umstellung erfahrungsgemäß oft kein Problem. Bestehen aber Veränderungen, können sich Schwierigkeiten über Monate hinziehen, oder bei manchen Pferden ist die Umstellung gar nicht möglich“. Und der Besitzer müsse damit rechnen, „dass das Pferd während der Umstellungsphase für längere Zeit nicht reitbar ist“. Denn bei Abnahme der Eisen und der anschließend zunehmenden Bewegungsfreiheit der Hufkapsel, vor allem auch in sagittaler Richtung (= von vorne nach hinten verlaufend, Anm. d. A.), würden alle Weichteilanteile im Huf ebenfalls mitgedehnt, was zum Teil ein Dauerstretching von Bändern und Sehnen zur Folge habe und für das Pferd schmerzhaft sein könne. Deshalb seien „eine gründliche Abklärung der Voraussetzungen, allenfalls vorhandene kritische Befunde und ein schrittweises Vorgehen unabdingbar“. Heißt: vor einem gedankenlosen Abnehmen der Eisen – besonders an den Vorderhufen – muss die Situation der Hufe von einem, besser zwei ausgewiesenen Fachleuten (Tierarzt, Hufschmied) dahingehend eingeschätzt werden, ob sich durch die veränderte Konstellation Probleme ergeben könnten.

Radikaler schätzen die Vertreter des Deutschen Verbandes der Hufpfleger und Hufheilpraktiker nach Dr. Strasser (VdHp e. V.) die Situation ein. So heißt es in ihrer Veröffentlichung „Umstellung auf Barhuf“ von 2011: „Die Umformung, die immer mit entzündlichen Vorgängen und Schmerzen verbunden ist, kann Wochen und Monate dauern, bei besonders stark verkrüppelten Hufen auch ein Jahr und länger – in solchen Fällen ist eine stationäre Behandlung für die ersten Monate zu empfehlen“.

Eine solche bietet zum Beispiel das Institut für Hufgesundheit Österreich von Barbara und Patrick Spieleder in Lichtenberg bei Linz. Dort wird – neben der Aufnahme von Reha-Pferden – auch regelmäßig das dreitägige Basisseminar „Ein Pferdeleben lang gesund“ abgehalten. Es soll den Seminarteilnehmern helfen, „ihre Pferde ganzheitlich zu betrachten und die Hufe ihrer Pferde selber zu beurteilen“. Themen sind Umwelteinflüsse, Einfluss der Reitweise und optimale Haltungsbedingungen, aber auch Anatomie, Huffunktionen und Hufbeschlag und dessen Wirkung sowie das Abnehmen der Eisen. Ein weiterer Schwerpunkt ist alternativer Hufschutz und grundsätzliche Hufbehandlung

Wie Phönix aus der Asche

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Eine gute Hufberabeitung ist bei der Umstellung auf Barhuf das A und O. © anjajuli - fotolia.com

Schenkt man den Schönrednern des Umstiegs vom Beschlag auf den Barhuf Glauben, verhalten sich durch langfristig unsachgemäßen Beschlag ramponierte Hufe nach dem Abnehmen der Eisen wie der sprichwörtliche Phönix aus der Asche. Dem ist aber leider nicht so. So sieht das auch Silke Plantzen von der Deutschen Huforthopädischen Gesellschaft (DHG). In ihrer Abhandlung „Umstellung von Eisen auf Barhuf“ heißt es: „Entscheidet sich der Pferdebesitzer für eine Umstellung auf Barhuf, spielen für das Gelingen viele Faktoren eine Rolle. Die meisten Hufe brechen an den Nagellöchern aus, und die Intensität der Ausbrüche hängt von der Hufsituation ab. Schräge Wandanteile werden heftiger ausbrechen als relativ steile Wände“. Oft sei nach kurzer Zeit der komplette Tragrand weggebrochen, dann müssten Sohle und Strahl verstärkt Tragefunktion übernehmen. „Das kann zu einer so starken Reizung der Sohlenlederhaut führen, dass sie mit einer Entzündung reagiert.“ Deshalb rät Silke Plantzen auch, bereits bei der Eisenabnahme und in der ersten Phase der Umstellung eine/n qualifizierte/ n Huforthopäden/in hinzuzuziehen. Denn „zum einen wird der Huforthopäde die Eisen möglichst hufschonend entfernen, zum anderen sollte unbedingt die erste Behandlung direkt vom HO durchgeführt werden.“ Und der Huforthopäde/Hufschmied würde schon bei der ersten Bearbeitung dafür sorgen, dass sich die Hufsituation verbessert und bemüht sein, dem Pferd die Umstellung so angenehm wie möglich zu machen.

Bei einem ungleichmäßigen Huf mit einer schrägen und steilen Wand (= halbeng – halbweit) oder einer schiefen Hufebene, die sich nach dem Abnehmen des Eisens einschließlich eventuell vorhandener Einlagen oftmals offenbaren, müssten diese Stellungsfehler langsam und nach und nach in mehreren Hufbehandlungen korrigiert werden. So „werden z. B. Hebelkräfte an schrägen Wänden minimiert, um sowohl die Wand wieder aufzurichten als auch dem Pferd Schmerzen, welche durch Hebelkräfte verursacht werden, zu nehmen.“

Auch Karin Junkersdorf vom VdHp e. V. (s. o.) sieht bei der Umstellung vom Beschlag auf den Barhuf etliche Schwierigkeiten: „Die Pferde müssen sich nicht nur an andere Bewegungsabläufe gewöhnen, sondern auch noch mit der Umformung der Hufkapsel, der Zehengelenke und der Gelenkbänder fertig werden“. Und wie stark ein vormals beschlagener Huf deformiert ist, hänge von mehreren Faktoren ab: „Wie lange ein Pferd beschlagen war, auf welche Art es beschlagen war und wie lange die Intervalle zwischen den Beschlägen waren, wie es genutzt wurde und ob es als junges Pferd vor dem ersten Beschlag gesunde Hufe und eine korrekte Huf- und Gliedmaßenstellung hatte usw.“

Silke Buchner, Barhuftherapeutin aus dem hessischen Dieburg, verweist in diesem Zusammenhang auch auf ein Phänomen, welches bei ihren zahlreichen Umstellungen immer wieder auftrat: „Die meisten Pferdebesitzer entscheiden sich erst für einen Barhufversuch, wenn es fast zu spät ist und das Pferd bereits große Probleme in Form von Lahmheiten oder untragbaren Hufzuständen hat“. Unter dem Beschlag würden die meisten Hufe trachtenlastig, da unter dem Eisen nur im Trachtenbereich scheinbar Abrieb stattfindet, die Trachten in Wirklichkeit aber nur untergeschoben und weggedrückt werden, während der Rest des Hufes in die Höhe wächst. So werde der Huf mit der Zeit immer flacher, die Zehe immer länger. Silke Buchner weist auch darauf hin, bei welchen Hufformen die Umstellung besser vonstattengeht. Es kann „in der Praxis beobachtet werden, dass Pferde mit eher steilen Wänden und guter Sohlenwölbung oft problemlos umgestellt werden können, während Pferde mit flachen Wänden und sehr flacher Sohle gerne mit deutlicher Fühligkeit und auch Lahmheit reagieren“.

Maßnahmen während und nach der Eisenabnahme

Franz Balmer aus dem schweizerischen Kallern, gelernter Messerschmied, Distanzreiter und Streiter für das Barhuflaufen von Pferden ist der Meinung, dass über die Umstellung auf den Barhuf „zu viel Aufsehens gemacht wird“. Er ist aufgrund seiner Erfahrungen der Ansicht, dass bei vier von fünf Pferden keine Probleme auftreten, „wenn mit Umsicht vorgegangen und bestimmte Grundsätze beachtet werden“. Solche Grundsätze und Maßnahmen wurden anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse sowie Praxiserfahrungen zahlreicher Huffachleute zusammengetragen und werden im Folgenden dargestellt. Sie können jedoch nur richtungsweisend sein, denn jeder einzelne Huf muss individuell betrachtet und eingeschätzt werden, bevor man zur Tat schreitet.

Übergangsalternative Klebebeschlag

Ist nach Einschätzung des Hufschmieds oder Tierarztes abzusehen, dass Teile des Tragrandes im Bereich der Nagellöcher nach dem Abnehmen der Eisen abbrechen, können bis zum Herauswachsen der Nagellöcher (etwa drei bis vier Monate) übergangsweise auch Klebebeschläge aufgebracht werden. Bei den Klebeschlägen hat sich in den vergangenen Jahren viel getan, sprich, sie sind wesentlich stabiler geworden und fallen seltener ab. Der Verein der österreichische n Barfußpferdehalter (VDÖB) bietet sogar regelmäßig Lehrgänge rund um den Klebeschuh im Austrian Horse-Man-Center in Wolfern an. Die Kosten zwischen 200 und 300 Euro für beide Vorderhufe sind zwar recht hoch, allerdings müssen sie auch nur etwa zweimal angebracht werden, bis die Nagellöcher hinuntergewachsen sind. Einziges Problem: Es ist nicht einfach, Klebebeschläge fachgerecht aufzubringen – und nur wenige Hufschmiede können es wirklich gut. Und je länger die Anfahrt des/der Klebefachmanns/-frau ist, umso teurer wird es.

Der richtige Zeitpunkt

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Besonders zu Beginn der Umstellungsphase sollte sich das Pferd auf weichen Böden bewegen können. Sand, Weideböden ohne Steine, Holzschnitzel, Gummi oder bedeckte Bodengitterplatten sind besonders geeignet. © mrcats - fotolia.com

Da das Hufwachstum im Frühjahr und Sommer besonders ausgeprägt ist, wäre dies ein geeigneter Zeitpunkt. Denn die Umstellung im Spätherbst oder Winter hat den Nachteil, dass die Hufe ihr Wachstum verringern. „Im Winterhalbjahr reduziert sich das Hornwachstum jedoch um circa die Hälfte“, wie Dr. med. vet Bianca Patan in ihrer Doktorarbeit an der FU Berlin („Saisonaler Einfluss auf Hornbildungsrate, Hornabrieb und Hornqualität in der Hufwand von Przewalskipferden“) herausfand: „Im Sommer wird der Huf durch den Blutkreislauf, der durch die feingliedrigen Kapillaren strömt, mit Nährstoffen gut versorgt und ermöglicht so ein rasches Wachsen des Hufes“. Im Winter wird der Blutfluss durch die Kapillaren jedoch gebremst, „der Huf bekommt weniger Nährstoffe und wächst langsamer. Durch den Kronrand erhält er dennoch eine ausreichende Versorgung und dadurch mehr Dichte und Härte“. Hinzu kommt im Winter ggf. das Problem, dass die Hufe des umgestellten Pferdes mit gefrorenen Böden konfrontiert werden, was die jetzt empfindlicheren Sohlen besonders beansprucht und eine Sohlenlederhautentzündung provozieren kann. Zusätzlich sollte der letzte Beschlag mindestens sechs Wochen zurückliegen, damit genügend Tragrand vorhanden ist. Wurde bei der vorausgehenden Einschätzung im Hinblick auf die Umstellungstauglichkeit mit tierärztlicher und huforthopädischer Hilfe eine zu geringe Hufhöhe – also zu wenig Substanz – festgestellt, können (wenn zu vertreten) auch noch einige Wochen drangehängt werden, bis die Eisen abgenommen werden.

Unterstützung von innen

Der Bedarf des Haut- und Horn-Vitamins H (= Biotin) ist normalerweise durch qualitätsvolles Grundfutter ausreichend gedeckt. Bei kräuterarmem Heu oder bei Pferden mit schlechter Huf- und Hornsubstanz kann jedoch eine Zufütterung von Biotin notwendig werden. Biotin lässt den Huf zwar nicht schneller wachsen, beeinflusst ihn aber zugunsten einer härteren Beschaffenheit und stärkeren Hufwand. Denn es ist am Aufbau des Eiweißmoleküls Alpha-Keratin beteiligt, welches ein hohes Maß an Elastizität aufweist. Biotin darf allerdings nur als mehrmonatige Kur (drei bis sechs Monate) zugefüttert und nicht dauerhaft verabreicht werden. Denn der Organismus des Pferdes bildet Biotin über das Raufutter im Darm selbst, und diese Fähigkeit könnte durch eine dauerhafte Vergabe durcheinandergeraten.

Auch das biochemische Heilmittel Schüßler-Salz Nr. 11 (Silicea; auch als Kieselerde bezeichnet) begünstigt nachweislich u. a. nicht nur das Hornwachstum, sondern auch die Qualität der Hornstruktur.

Für stabile und gesunde Hufe können auch Kräuterkuren durchgeführt werden. Folgenden Kräutern werden positive Einflüsse auf Wachstum und Struktur der Hufe zugeschrieben: Goldrutenkraut, Ginkgoblätter, Mädesüßkraut, Weißdornkraut, Mariendistelkraut, Hagebutten, Birkenblätter, Brennnesselblätter, Labkraut und Weidenrinde. Pro Kraut und Tag können 10 bis 20 Gramm für insgesamt zwei Monate verabreicht werden. Die Kräuter gibt es als Fertigmischungen oder als hochdosiertes Zusatzfuttermittel vom Tierarzt.

Bierhefe erhöht grundsätzlich die biologische Verfügbarkeit von Nähr- und Wirkstoffen und hat positiven Einfluss auf die Futterverwertung. Sie verbessert aber auch die Härte und Elastizität des Hufhorns und der Huflederhaut und fördert die Hufdurchblutung. Die Inhaltsstoffe sind u. a. Vitamine B2, B3 (Niacin) und B5 (Pantothensäure) sowie Biotin. Zusammen mit Kieselgur (= fossile Kieselalgen, Kieselerde) wird die hufstabilisierende Wirkung noch verstärkt.

Auch Mikroalgen können bei weichen Hufen eingesetzt werden. Besonders die aus Myanmar stammende Mikroalge Spirulina platensis mit ihrer geballten Ladung an Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen und essenziellen Aminosäuren sagt man bezüglich der Hufregeneration wahre Wunder nach.

Der isländische Seetang setzt sich aus Rot- und Braunalgen zusammen und eignet sich als mineralisches Zusatzfutter für Pferde mit Hufproblemen. Im Seetang sind reichlich Vitamine, Mineralien, Aminosäuren und Spurenelemente enthalten. Dieser Cocktail wirkt besonders nachhaltig auf den gesamten Stoffwechsel (gute Verdauung, gesundes Fell, Haut und Hufe).

Dimethylsulfon ist unter der Bezeichnung Methylsulfonylmethan oder MSM als Nahrungsergänzungsmittel für Pferde im Handel. MSM wird als weißes, geruchloses, kristallines und wasserlösliches Pulver angeboten und stellt eine organische und biologisch aktive Form des Schwefels dar. Es gleicht einen Mangel an organischem Schwefel im Organismus aus. Organischer Schwefel wird bei Gelenkproblemen (Knorpel), Problemen mit Fell, vor allem aber auch beim Hufwachstum benötigt.

Eisenabnahme, erste Hufbearbeitung und Maßnahmen im Stall

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Hufqualität und Hufwachstum lassen sich durch bestimmte Futterzusätze unterstützen. © www.slawik.com

Die Hufnägel müssen einzeln gezogen werden, um die Hufwand zu schonen. Absolut tabu ist das komplette Abreißen des Eisens samt Nägeln mit der Hufzange, wie man es hier und da leider noch sieht. Anschließend Sohle, Strahl, Eckstreben und Strahlfurche sorgfältig vom Zerfallshorn reinigen. Wichtig ist auch das „Zurückschneiden der Eckstreben auf Sohlenniveau und das Reinigen der Trachtenecken. Ansonsten kann eventuell Fäulnis im Blättchenhorn übersehen werden“, so Franz Balmer. Auch müsse der Tragrand umsichtig gekürzt werden und mindestens etwa zwei bis drei Millimeter über Sohle, Strahl und Eckstreben hinausragen. „Belässt man ihn zu lang, kann er ausbrechen. Ist er zu kurz, muss die dafür nicht konstruierte Sohle das Pferdegewicht tragen“.

Lebt das Pferd in einer Gruppenhaltung, kann es notwendig werden, das Pferd vorübergehend von der Gruppe zu trennen – aber immer mit Sicht- und Schnupperkontakt. Denn besteht z. B. ein gewisser Gruppenzwang wie gemeinsames und plötzliches Losgaloppieren auf Paddocks oder Weiden, kann sich dies in der ersten Zeit zu belastend auf die noch nicht ausreichend gestärkte Sohle sowie den fragilen und mit Nagellöchern durchsetzten Tragrand auswirken. Erst nach etwa zwei Monaten ist die Sohle nachgewachsen und der Tragrand einigermaßen stabil.

Was die Bodenbeschaffenheit in den Außenbereichen des Stalls (befestigte und unbefestigte Böden, Koppelböden, Paddocks, Reitplatz etc.) betrifft, sind folgende Aspekte grundsätzlich zu beachten: Das Pferd in den ersten Wochen nach der Umstellung nicht ohne Schutz (Hufschuhe) über Böden führen oder laufen lassen, die mit Steinen durchsetzt sind. Einzelne Steine sind pures Gift für die noch dünnen Sohlen und labilen Tragränder. Geeignet sind Sand, Weideböden ohne Steine, Holzschnitzel, Gummi oder bedeckte Bodengitterplatten. Die Einstreu sollte möglichst elastisch, weich, sauber und trocken sein. Je hygienischer und trockener der Boden, desto widerstandsfähiger wird das Horn. Normalerweise erhält der Huf ausreichend Feuchtigkeit von innen. Von kurzfristigem Hufwässern ist abzuraten. Denn das Horn wird im Sommer durch das anschließende Verdunsten noch spröder. Fette, Öle und Hufhärter als zusätzliche Hilfe von außen sind inzwischen umstritten und sollen laut einiger Hufexperten keinen nennenswerten Einfluss auf die Hornqualität haben. Ich selbst habe jedoch was Huffestiger betrifft andere – nämlich gute – Erfahrungen gemacht.

Was auf den Pferdebesitzer zukommen kann

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Anfangs sind die Tragränder noch labil, brechen leicht aus. © BildPix.de - Fotolia.com

In einem Punkt sind sich alle Huffachleute einig: Nach dem Abnehmen der Eisen und einer umsichtigen Barhufbearbeitung muss das Pferd geschont werden. Wie lange, hängt von der Situation der Hufe ab. „Zunächst einmal sollte sich jeder Pferdebesitzer im Klaren darüber sein, dass sich sein Pferd während der Umstellungsphase in der Rehabilitation befindet“, so Huforthopädin Silke Plantzen. So sollte das Pferd anfangs komplett aus der Nutzung genommen werden, um erst einmal beobachten zu können, wie gut es die Umstellung verkraftet. „Steinige Böden sind vorerst zu meiden, und wenn es nicht anders geht, können Hufschuhe Abhilfe schaffen“.

Sehr hilfreich ist auch eine durchgehende Sommerkoppelpause, bei der sich das Pferd selbst so bewegen kann, wie es will. Allerdings muss gewährleistet sein, dass es nicht von ranghöheren Artgenossen gescheucht und zum Laufen gezwungen wird. Geduld ist das A und O beim Umstieg vom Beschlag auf den Barhuf. Denn wird es zu früh wieder in Nutzung genommen, kann das Gelingen der Umstellung verhindert werden oder sich verzögern. „Wer zu alledem nicht bereit ist, kann eine erfolgreiche Umstellung nicht erwarten“, warnen die Vertreter des Verbandes der Hufpfleger und Hufheilpraktiker nach Dr. Strasser. Ähnlich sieht das auch Franz Balmer: „Das größte Hindernis zum guten Gelingen der Umstellung ist nicht das Pferd, sondern der Besitzer, da er sich oft erst zur Eisenabnahme entschließt, wenn der Huf schon schwer beschädigt ist“.

Hat das Pferd „durch langjährigen Beschlag völlig aus der Form gewachsene Hufe oder Wände von so schlechter Hornqualität, dass sie das Pferdegewicht nicht mehr zu tragen vermögen, haben Sie nicht einfach ein Pferd mit schlechten Hufen. Sie haben ein invalides Pferd!“ So würden sich Pferdebesitzer beispielsweise bei einem Sehnenschaden ohne weiteres ein Jahr Zeit zur Genesung des Tieres nehmen, beim Pferd mit kaputten Hufen jedoch nicht. Sind jedoch alle Voraussetzungen gegeben, ist das Pferd als barhuftauglich ausgewiesen und der Besitzer bzw. die Besitzerin bereit, ihm die notwendige Schonzeit zu gewähren, wird sich die Eisenabnahme in jeder Hinsicht positiv auswirken.