Es geht gegenständlich primär um die Frage, ob ein Stallbetreiber bei einem eingestellten Pferd ohne vorherige Zustimmung des Eigentümers eigenmächtig eine Entwurmung durchführen darf sowie auch um die damit zusammenhängenden Fragen,
a) ob der Stallbetreiber den Eigentümer dazu zwingen kann, sein Pferd (für den Eigentümer kostenpflichtig) wiegen zu lassen, um es für die Entwurmung besser in eine Gewichtsklasse einordnen zu können und
b) ob der Stallbetreiber dem Eigentümer des Pferdes verbieten kann, sein Pferd selbst zu entwurmen und die Entwurmung durch einen vom Stallbetreiber beauftragten Tierarzt zwingend erforderlich machen kann.
Vorab sei dazu angemerkt, dass es natürlich absolut wünschenswert ist, wenn ein Stallbetreiber dafür Sorge tragen möchte, dass der gesamte Pferdebestand gleichzeitig entwurmt wird, zumal (insbesondere bei gemeinsamem Weidegang) nur auf diese Art und Weise auch eine erfolgreiche Entwurmung des Pferdebestandes durchgeführt werden kann!
Rein rechtlich betrachtet geht es dabei um eine sogenannte „Geschäftsführung ohne Auftrag“. – Im Wirtschaftsleben ist es eher selten, dass jemand ohne vertragliche Verpflichtung oder Ermächtigung für einen anderen tätig wird. Üblicherweise werden Aktivitäten erst dann gesetzt, wenn man sich einer vertraglichen Gegenleistung sicher sein kann (so wird ein Installateur üblicherweise nur dann tätig, wenn man ihm ausdrücklich einen Auftrag erteilt und vielleicht auch einen Kostenvorschuss bezahlt). Manchmal wird jemand aber auch „ohne Auftrag“ tätig. Entscheidend dafür, ob rechtlich betrachtet eine sogenannte „Geschäftsführung ohne Auftrag“ vorliegt, ist die Absicht, Interessen eines anderen und nicht etwa die eigenen zu fördern. Genau dies ist aber der Fall, wenn ein Stallbetreiber ohne vorheriges Einverständnis bzw. ohne vorher erteilten Auftrag des Eigentümers des Pferdes für eine Entwurmung des Pferdes Sorge tragen lässt. Der primäre Nutzen daraus kommt ja eigentlich dem Einsteller bzw. der Gemeinschaft der Einsteller zu Gute und nicht dem Stallbetreiber selbst zu.
Die Einstellung des Gesetzgebers zur „Geschäftsführung ohne Auftrag“ ist zwiespältig:
Einerseits möchte das Gesetz verhindern, dass jemand sich eigenmächtig in Angelegenheiten eines anderen einmischt, andererseits ist in bestimmten Fällen (insbesondere bei „Gefahr im Verzug“) ein rasches Eingreifen auch ohne Einwilligung dessen, den es eigentlich angeht, wünschenswert. Das Gesetz differenziert daher auch ganz danach, ob die jeweilige Handlung für den, den es eigentlich angeht, als sinnvoll und / oder notwendig anzusehen war oder nicht. Es wird daher unterschieden in
a. Geschäftsführung ohne Auftrag im Notfall,
b. nützliche Geschäftsführung und
c. nutzlose und verbotene Geschäftsführung.
Von einer Geschäftsführung im Notfall kann keinesfalls ausgegangen werden, wenn es um die Entwurmung von Pferden geht. Wenn es aber beispielsweise darum geht, bei einer Kolik einen Tierarzt zuzuziehen, so wäre zweifelsfrei eine Geschäftsführung im Notfall gegeben und es müsste der Eigentümer des Pferdes die entstandenen Aufwendungen (also Tierarztkosten) tragen.
Die sogenannte „nützliche Geschäftsführung“ muss zum klaren und überwiegenden Vorteil dessen, den es eigentlich angeht, führen, das heißt aber, dass sie auch dem Willen des Eigentümers des Pferdes entsprechen muss. Nur dann sind vom Eigentümer des Pferdes die entstandenen Aufwendungen zu ersetzen. Wenn etwa der Eigentümer des Pferdes schon vorab erklärt haben sollte, dass er nicht wünscht, dass sein Pferd mit entwurmt wird und lässt der Stallbetreiber dennoch eine Entwurmung vornehmen, so wären die entstandenen Kosten alleine vom Stallbetreiber zu tragen.
Führt jemand gegen den ausdrücklichen Willen dessen, den es angeht (= Eigentümer des Pferdes), dessen Geschäfte oder bringt die jeweilige Handlung keinerlei Nutzen, so steht selbstverständlich kein Aufwandersatz zu. Wenn also der Eigentümer eines Pferdes keine Entwurmung seines Pferdes möchte und der Stallbetreiber ordnet eine solche dennoch an, so ist dies ein rechtswidriges Verhalten des Stallbetreibers und er haftet auch für allenfalls entstandene Nachteile und natürlich für allfällige gesundheitliche Schäden am Pferd.
Aus rechtlicher Sicht kann daher nur dringend dazu geraten werden, dass schon im schriftlichen Einstellvertrag eine entsprechende Formulierung mitaufgenommen wird, mit der der Stallbetreiber dazu ermächtigt wird, für eine Entwurmung der Pferde (und auch damit einhergehend für das Wiegen des Pferdes) auf Kosten des Besitzers Sorge zu tragen. Alternativ dazu kann natürlich auch ein eigenes Schriftstück aufgesetzt werden, mit dem der Eigentümer Ermächtigung an den Stallbetreiber erteilt.