Ausbildung

Training für alte Pferde: So bleibt der Senior fit und gesund

Ein Artikel von Claudia Jung/ps | 25.11.2015 - 10:39
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Pferde können bis ins hohe Alter fit bleiben, wenn sie ausgewogen und abwechslungsreich trainiert werden. © www.slawik.com

Wer rastet, der rostet. Diese alte Weisheit gilt nicht nur für uns Menschen, sondern auch für das alte Pferd. Regelmäßige Übungen und beständiges Training verbessern den Muskeltonus und die Beweglichkeit. Einschränkung und Mangel an Bewegung schwächen Muskeln und Knochen. Aus diesen Gründen tut man seinem Pferdesenior ganz und gar keinen Gefallen, wenn man ihn nach einem langjährigen Reitpferdedasein in den kompletten Ruhestand entlässt und überhaupt nicht mehr fordert - und fördert. Natürlich sind von einem alten Pferd keine Höchstleistungen mehr zu erwarten. Dennoch gilt: Auch alte Pferde können und wollen sich noch bewegen, Aufgaben erfüllen und Abwechslung geboten bekommen. All das ist bis ins hohe Alter möglich, wenn die Dosierung stimmt.

Reiten: Fitnessprogramm unter dem Sattel

Bestehen keine Lahmheiten oder sonstige gesundheitlichen Einschränkungen, spricht nichts dagegen, das alte Pferd auch weiterhin regelmäßig zu reiten. Dabei gilt es allerdings die Tagesform des Oldies richtig einzuschätzen, das Arbeitspensum darauf abzustimmen oder den Sattel auch mal unbenutzt wieder in den Schrank zu hängen.

Wichtig beim alten Pferd:  Auf eine 20-minütige Aufwärmphase im Schritt – wobei die erste Zeit auch gern geführt werden darf – sollte keinesfalls verzichtet werden. Danach helfen leichte, gymnastizierende Dressurübungen, die Beweglichkeit zu erhalten. Beim gemütlichen Ausritt kann man Baumreihen für Slaloms, Äste als Bodenstangen oder kleine Hügel zum Klettern nutzen und damit zusätzlich etwas für die Fitness des Oldies tun.

Handarbeit und Doppellonge: reiterlose Gymnastizierung

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Auch im höheren Alter sind viele Pferde durchaus noch reitbar und freuen sich, wenn sie gelegentlich die Chance bekommen zu zeigen, dass sie längst noch nicht alles aus ihrer Dressurvergangenheit verlernt haben. © www.slawik.com

Mit der Arbeit an der Hand und der Doppellonge lässt sich das alte Pferd noch gut gymnastizieren, ohne dass es durch das Reitergewicht belastet wird. Ferner wird es auch geistig noch gefordert. Biegen, dehnen und sanfte Versammlung – die Arbeit an der Hand kann einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Beweglichkeit leisten und ist dank ihres schonenden Charakters ideal für die Gesunderhaltung des in die Jahre gekommenen Pferdepartners.

Gute Übungen für Oldies an der Hand sind:

  • Geradeaus im Schritt und Trab
  • Rückwärtsrichten (nicht bei schwerer Arthrose in den Sprunggelenken)
  • Antreten und Antraben aus dem Rückwärts – das stärkt die Bauch- und Rückenmuskulatur
  • Seitwärtstreten im Schritt
  • Vor- und Hinterhandwendungen
  • Versammelte Übungen je nach Ausbildung und Gesundheitszustand des Oldies

Für mehr Schwung sorgt die Arbeit an der Doppellonge. Richtig eingesetzt kann sie die Rückenmuskulatur lockern, dehnen und kräftigen und die Kondition erhalten. Ihr Vorteil: Der Oldie kann in großen Wendungen und auf geraden Strecken gut bewegt werden.

Sowohl für die Doppellongearbeit als auch die Arbeit an der Hand gilt: Der Oldie sollte mindestens 15 Minuten im Schritt gehen, bevor mit der Trabarbeit begonnen wird. Außerdem ist es wichtig auszuprobieren, wie viel das alte Pferd noch leisten kann. Widersetzt es sich vehement bei bestimmten Übungen, sollte man diese keinesfalls erzwingen. Es ist durchaus möglich, dass bestimmte Bewegungen dem Senior Schmerzen in den Gelenken bereiten oder die Muskulatur nicht mehr ausreichend gekräftigt ist. Besser ist es, sich schrittweise heranzutasten um zu sehen, was noch möglich ist. Mit der Zeit kann so die Belastungsgrenze unter Umständen sogar langsam wieder angehoben werden.

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Die Arbeit an der Hand ist dank ihres schonenden Charakters ideal für die Gesunderhaltung des in die Jahre gekommenen Pferdepartners.

Wichtig: Nichts geht ohne Aufwärmen

Jede aktive Arbeit sollte mit einer mindestens 20-minütigen Aufwärmphase im Schritt begonnen werden. Liegen bereits Arthrosen vor, sidn 30 Minuten Aufwärmzeit im Schritt angebracht.

Trail: Training mit Hindernissen

Trailhindernisse bieten eine nahezu unendliche Vielfalt an Übungen verschiedenster Schwierigkeitsgrade und erfordern Fantasie und Konzentration von Mensch und Pferd. Die Arbeit mit den Stangen schult die Koordination und das Köperbewusstsein, die Biegungen oder auch Seitwärtsbewegungen sind eine hervorragende Möglichkeit der Gymnastizierung des alten Pferdes. Allerdings darf dabei nicht vergessen werden: Beim alten Pferd lassen die Sinne langsam nach. Das heißt, dass es unter Umständen noch viel mehr Geduld bedarf, dem Oldie eine neue Übung beizubringen. Dabei ist nicht unbedingt wichtig, dass alles perfekt klappt, sondern dass der Senior geistig gefordert und sein Körper beweglich und geschmeidig gehalten wird.

Achten Sie bei der Trailarbeit darauf dass

  • die Abstände zwischen den Stangen, Tonnen und dergleichen groß genug sein, dass das alte Pferd keine engen Wendungen mehr bewältigen muss.
  • Sie den Rückwärtsgang nicht mehr zu fordern, wenn es bereits Bewegungseinschränkungen (Arthrosen) gibt
  • Übungen für das Pferd logisch Schritt für Schritt aufgebaut sind.
  • der eigene Ehrgeiz nicht überhand nimmt. Wenn Übungen auch mit Gelduld nicht klappen, lassen Sie sie weg. Unter Umständen ist die geforderte Bewegung krankheitsbedingt nicht mehr möglich.
  • der Boden nicht zu tief ist, um Sehnen, Bänder und Gelenke nicht zu strapazieren.

Spazieren: gut für Körper und Seele

Mit etwas Fantasie kann man auch Spaziergänge mit dem Pferdesenior interessant gestalten und ganz nebenbei noch ein kleines Training absolvieren. Wie beim Ausreiten lässt sich die Natur hervorragend als Gymnastikparcours nutzen. Das fördert die Bauch-, Rücken- und Hinterhandmuskulatur. Häufige Tempowechsel veranlassen den Oldie, auf seinen zweibeinigen Partner zu achten und nicht einfach durch die Landschaft zu schlurfen. Wer im Schritt mal langsamer, mal schneller geht und ab und an auch ein paar Meter Trab einbaut, hält sein Pferd aufmerksam und interessiert. Als Pausen kann man dann einen gemütlichen Bummelschritt einbauen oder den Oldie grasen lassen.

Individuelles Training

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Gemeinsame Spaziergänge mit dem Oldie sind eine schöne Abwechslung und vertiefen die Bindung zwischen Mensch und Pferd. © ARochau - fotolia.com

Wie oft und wie viel man dem eigenen Pferdesenior noch zumuten kann, ist individuell sehr verschieden. Zu beachten ist auch, dass das Älterwerden ein ständiger Prozess ist. So kann der Ausritt, den der Senior vor einem halten Jahr noch mühelos geschafft hat, heute bereits zu viel für ihn sein. Wichtig ist, dem alten Pferd Abwechslung zu bieten. So bleibt es lange fit und kann zufrieden alt werden.

Buchtipp: Wenn Pferde älter werden

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© Cadmos

Durch den verantwortungsvollen Umgang und die Berücksichtigung der besonderen Ansprüche, die ein Pferdesenior an ein glückliches Leben stellt, kann der Mensch eine ganze Menge dazu beitragen, dass sein Pferd auch im höheren Lebensalter noch lange fit und munter bleibt.

In "Wenn Pferde älter werden" erklärt Claudia Jung alle wichtigen Aspekte, die der Besitzer eines alten Pferdes wissen sollte – von der bedarfsgerechten Fütterung über idealen Haltungsbedingungen bis hin zur abwechslungsreichen und gymnastizierenden Bewegung an der Hand und unter dem Sattel. Praktische Tipps sorgen dafür, dass es dem Pferdebesitzer leicht fällt, die Ratschläge in die Tat umzusetzen.

Als Tierphysiotherapeutin hat die Autorin insbesondere gute Erfahrungen mit Massagen und ähnlichen Behandlungen älterer Pferde gemacht. Diejenigen Handgriffe und Übungen, die auch der interessierte Laie problemlos und ohne Risiko für sein Pferd durchführen kann, werden deshalb ausführlich beschrieben und in detaillierten Bildern gezeigt.


Wenn Pferde älter werden
So bleibt der Senior gesund und fit

Claudia Jung
ISBN 978-3-86127-452-0
UVP 19,90 EUR
erhältlich bei Cadmos: bestellen