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Spielen macht Mensch und Pferd gleichermaßen Spaß und stärkt ganz nebenbei die Beziehung zueinander. © www.slawik.com

Spiele für Pferde

Ein Artikel von Pamela Sladky | 30.11.2016 - 09:09
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Spielen macht Mensch und Pferd gleichermaßen Spaß und stärkt ganz nebenbei die Beziehung zueinander. © www.slawik.com

Spielen bringt Freude, erleichtert den Alltag, regt an und entspannt gleichermaßen. Das ist nicht nur beim Menschen so, auch Pferde profitieren von der absichtslosen Beschäftigung. Beim gemeinsamen Spiel können diese Vorzüge zusammen genossen werden. Nebenbei lernt der Mensch viel über das Verhalten und den Charakter seines Vierbeiners, trainiert die eigene Beobachtungsgabe und übt sich in der Motivation. Und natürlich wird die Beziehung der beiden Spielpartner gestärkt, denn was verbindet mehr, als gemeinsam Spaß zu haben? Die Grundvoraussetzung dafür ist eine gute Spielatmosphäre. Um diese zu erhalten, gibt es Spielregeln.

Spielregel 1: Das Pferd soll Spaß haben!

Ja, ausnahmsweise steht hier nicht der Wille des Menschen im Vordergrund, sondern die Laune des Pferdes. Der Mensch darf und soll motivieren und überreden, aber das Pferd bestimmt im Endeffekt, ob es Lust hat oder nicht. Diese Möglichkeit nimmt den Druck aus der Sache, was das Spiel für viele Pferde erst so richtig interessant macht. Der Mensch kann in dieser Situation viel Nützliches über den Charakter, das Selbstbewusstsein, die Frustschwelle und die Vorlieben seines Pferdes lernen und schließlich auch darüber, wie er es für neue Dinge begeistern kann. Und dieses Wissen kann einem immer weiterhelfen, egal, in welcher Disziplin man normalerweise mit seinem Pferd trainiert.

Der Karottenlauf

Ein Pferd für den Karottenlauf zu begeistern, ist im allgemeinen nicht sonderlich schwer. Er lässt sich in der Reitbahn spielen, aber auch ganz einfach in einen Spaziergang integrieren. Das Pferd wird geführt, der menschliche Partner wirft eine Karotte, so gut er kann, den Weg entlang. Die Aufgabe ist simpel und leicht verständlich. Pferd und Mensch laufen gemeinsam zur Karotte, das Pferd sammelt sie ein und d arf sie sofort auffuttern. Es ist leicht vorzustellen, wie dieses Spiel die Aufmerksamkeit und den Tatendrang des Pferdes steigert. Gleichzeitig bietet der Karottenlauf aber auch eine Möglichkeit zur Überprüfung der Führdisziplin. Das Pferd soll nicht ungefragt die Kleidung seines Menschen durchsuchen, es soll brav loslaufen und wieder stehen bleiben und nicht den Menschen rüpelhaft umherziehen – und das alles angesichts wohlschmeckender Leckereien. Mit einem wohlerzogenen Pferd kann auch der zweibeinige Partner das Spiel genießen (solange seine Fitness ausreicht).

Spielregel 2: In der Kürze liegt die Würze!

Ein Spiel sollte nur ein paar Minuten dauern, um auch längerfristig begeistern zu können. Vor allem, wenn das Erlernen des Spiels nicht so einfach ist, reichen drei bis fünf Minuten aus. Wenn das Pferd das Spiel bereits kennt und mag, kann man etwas mehr Zeit dafür einplanen. Aber über zehn Minuten sollte die Spielzeit auch dann nicht gehen. Diese kurzen Einheiten kann man sehr gut vor das normale Training im Dressurviereck oder auf dem Sprungplatz legen. Das steigert die Aufmerksamkeit des Pferdes und kann als „geistiges Aufwärmen“ gesehen werden. Auch nach der Arbeit kann die lockere Atmosphäre eines Pferdespiels genutzt werden. Vor allem wenn das Pferd das Spiel schon länger kennt, kann es beim Entspannen und „Runterkommen“ helfen.

Das Kübelspiel

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Pferde können während des Spiels herrlich kreativ werden – so wie Merlin, der den Ball gerne mit seinem Maul in den Kübel wirft. © Sibylle Ortner

Drei Kübel stehen umgedreht nebeneinander – doch nur unter einem befindet sich die ersehnte Belohnung. Was klingt wie das spannende Finale einer Fernseh-Spielshow, ist eine Variante des Kübelspiels – eine Variante für Fortgeschrittene. Fangen wir beim Anfang an. Dort steht nur ein umgedrehter Kübel, unter ihm ragt eine Karotte hervor. Das ist der erste Schritt, bei dem man dem Pferd zeigt, dass sich unter Kübeln Leckereien befinden können. Später wird die Karotte direkt vor der Pferdenase ganz unter den Kübel geschoben. Das Pferd muss nun selbst herausfinden, wie es an die Karotte kommt. Damit sich der Huf nicht durch einen ungeschickten Tritt am Kübel verfangen kann, sollte man den Henkel entfernen. Man kann das Pferd am Strick haben oder es ganz frei seiner Aufgabe nachgehen lassen, auf jeden Fall gibt es Gelegenheit, etwas über das eigene Pferd zu lernen.

Während manche Charaktere sehr schnell erkennen, wie man einen Kübel wegkickt, gehen andere behutsamer vor und versuchen, den Kübel mit der Schnauze zu verschieben. Erstaunlich viele Pferde zeigen sich von der schüchternen Seite, lenken ab oder wollen es am liebsten nur unbeobachtet versuchen. Das Spiel lässt sich zu verschiedenen Varianten ausbauen. Zum Beispiel kann man mehrere solcher Leckereien-Kübel aufstellen und sie mit dem Pferd gemeinsam abklappern.

Eine andere Variante ist, zwei oder später auch mehr Kübel aufzustellen und das Pferd zuschauen zu lassen, wie man unter einem der Kübel eine Karotte versteckt. Seien Sie nicht enttäuscht, wenn Ihr Pferd zunächst zum falschen Kübel geht. Viele Pferde haben auch Spaß daran, jeden der Kübel umzuwerfen und zu untersuchen. Nur ein sehr aufmerksames Pferd mit guter Beobachtungsgabe (und großem Appetit auf Karotten) wird sofort zum richtigen Kübel gehen. Es ist nicht ratsam, bei Misserfolg der Übung auf mangelnde Intelligenz des Tieres zu schließen. Viel mehr steht hier seine Aufmerksamkeit und Beobachtungsgabe auf dem Prüfstand. Zur Aufmunterung kann das Kübelspiel auf jeden Fall beitragen.

Spielregel 3: Das Pferd darf Ideen einbringen!

Ein Pferd, das die erste Spielregel verinnerlicht hat und mit Lust und Laune beim Spielen glänzt, wird früher oder später selbst die eine oder andere Idee haben, wie man ein Spiel abwandeln kann oder ein ganz neues Spiel erfinden. Das ist nicht so ungewöhnlich wie es vielleicht im ersten Moment klingt, denn Pferde sind von Natur aus sehr neugierig und verspielt. Für den Menschen allerdings kann es sich ungewöhnlich anfühlen, schließlich kann ein Dressurreiter nicht auf die Gangartenwünsche seines Reittieres eingehen, genauso wenig wie ein Springreiter dem Pferd Entscheidungsfreiheit lassen kann, welches Hindernis als nächstes übersprungen wird. Im Spiel allerdings hat das Pferd mehr Freiheit. Hält der pferdige Vorschlag der Überprüfung durch den menschlichen Teil des Spiel-Teams stand (das bezieht sich vor allem auf Fragen der Sicherheit), kann die Idee in ein neues Spiel integriert werden. Die Spiele, die Pferde selbst entdecken, machen oft auch am meisten Spaß.

Ball rollen

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Im gemeinsamen Spiel lernt derMensch viel über das Verhalten und denCharakter seines Pferdes. © www.slawik.com

Für dieses Spiel benötigt man einen Ball in einer Größe zwischen Tennis- und Fußball. Um gut spielen zu können, muss das Pferd zunächst einen kleinen Trick erlernen. Mit einem Leckerli dicht unter dem Ball kann das Pferd lernen, dass es sich lohnt, den Ball mit der Schnauze anzutippen. Früher oder später wird es den Ball von alleine anstupsen und wird dafür sofort gelobt.

Das alleine ist für viele Pferde bereits ein großer Spaß, und sie laufen von selbst zum Ball hin, um ihm einen Stups zu geben. Man kann aber noch weiter üben. Indem man mehrere „Schüsse“ hintereinander lobt und so zum Beispiel die spielbare Strecke verlängert. Oder indem man weit gehende Schüsse besonders lobt.

Spielt das Pferd gerne mit dem Ball, kann man Varianten entwickeln. Zum Beispiel können Zwei- und Vierbeiner den Ball zwischen sich hin und her rollen oder gemeinsam abwechselnd den Ball einen Weg entlang rollen lassen. Das Pferd kann lernen, den Ball in einen großen umgelegten Kübel oder ähnliches zu bugsieren. Das erfordert sehr viel Geschicklichkeit und viel Gefühl von Seiten des menschlichen Spielpartners, der immer darauf achten muss, den Vierbeiner nicht zu frustrieren.

Bei allen Spielen sollte nicht an Lob gespart werden. Gerade das Ball-Rollen ist meist eine gute Gelegenheit, Spielregel 3 anzuwenden. Pferde entwickeln gern ihre eigene Technik, um den Ball zum Rollen zu bringen. Manche Pferde wollen den Ball nur von der Seite anspielen, andere fühlen sich wohler, wenn sie den Ball mit dem Huf kicken. Seien Sie offen für die Vorschläge Ihres Pferdes und lassen Sie sich von ihm überraschen. 

Sibylle Ortner

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Dieser Artikel von Sibylle Ortner wurde erstmals in Ausgabe 6/2014 der Pferderevue veröffentlicht. Pferderevue AbonnentInnen können diese Artikel zusammen mit über 40.000 weiteren in unserem Online-Archiv kostenlos nachlesen. Einfach unter Service/Online-Archiv einloggen und in allen Heften aus über 25 Jahren Pferderevue zum Nulltarif blättern!

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