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Tamme Hanken, Knochenbrecher von Beruf und Berufung, erfreut sich regen Zulaufs aus der Pferdeszene. Anfang Jänner 2010 war der Ostfriese aus Filsum erstmals auch in Österreich tätig, um Pferden seine „Behandlung“ angedeihen zu lassen – nicht zu jedermanns Zufriedenheit. © Elke Hellmich

Der Knochenbrecher

Ein Artikel von Elke Hellmich | 29.12.2010 - 18:32
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Tamme Hanken, Knochenbrecher von Beruf und Berufung, erfreut sich regen Zulaufs aus der Pferdeszene. Anfang Jänner 2010 war der Ostfriese aus Filsum erstmals auch in Österreich tätig, um Pferden seine „Behandlung“ angedeihen zu lassen – nicht zu jedermanns Zufriedenheit. © Elke Hellmich

Anfang Jänner in einem Reitstall in Villach. Es ist bitterkalt, Schnee fällt in dicken Flocken, und während es sonst nur ganz wenige Unerschrockene an diesem Tag aus ihren warmen Stuben schaffen, herrscht hier reges Treiben. Der Grund für den Trubel – knapp 30 Pferde aus nah und fern wurden von ihren BesitzerInnen angeliefert –: ein Mann, über zwei Meter groß, mit Händen wie Pizzateller, der Kraft eines Stieres und der Feinfühligkeit eines Harfenspielers. Er ist, glaubt man dem deutschen „Stern TV“, „der Knochenbrecher, dem die Tiere vertrauen“ (Sendung vom 25. 11. 2009). Nun, zunächst einmal müssen ihm wohl die TierbesitzerInnen vertrauen und sollten sich nicht von seiner Berufsbezeichnung abschrecken lassen.

Die im Ostfriesischen als „Knakenbreker“ bezeichneten Heiler verdanken ihren Namen der seltenen Gabe, Verrenkungen, Verspannungen und Blockaden im Körper von Tier und Mensch aufspüren und durch gezielte Manipulationen lösen beziehungsweise einrenken zu können. Da es im Zuge dieser Behandlung schon mal vorkommen kann, dass ein Gelenk ordentlich kracht, sind Menschen wie Tamme Hanken zu ihrem Namen gekommen.

Heiler aus Kaisers Zeiten

Die Gabe des Knochenbrechers ist etwas zutiefst Ostfriesisches. Über Hunderte von Jahren gab es auf dieser vom rauen Wind geprägten, dünn besiedelten Halbinsel kaum genügend Ärzte zur Versorgung von Mensch und Tier. Da kam es gerade recht, dass es in manchen Familien Knochenbrecher gab. Ihr Talent hatten sie geerbt, wobei nicht jede Generation gleichermaßen beschenkt wurde, oft war es auch erst das Enkelkind oder der Neffe, die das nötige Fingerspitzengefühl in die Wiege gelegt bekamen. Aufgrund kaiserlichen Erlasses waren die ostfriesischen Knochenbrecher ausdrücklich ermächtigt, ihren Beruf als Heiler auszuüben – dies, weil es nicht so recht gelingen wollte, approbierte Ärzte in der kargen Gegend anzusiedeln.

Die wohl Berühmteste ihrer Zunft war die Knochenbrecherin Antje Gerdes, die zwischen 1885 und 1954 lebte. Missgünstige Geister bezichtigten sie der Kurpfuscherei, doch sie setzte sich durch und konnte ihre Kunst unbehelligt ausüben – allerdings legte man ihr den Besuch von Fortbildungen bei Ärzten nahe, was sie mit diesen Worten kommentierte: „Was die können, will ich gar nicht lernen, und was ich kann, können die sich nie aneignen!“

In zehn Minuten ist alles gut

Und damit wären wir auch schon beim Problem an der Sache – und zurück in Villach. Dort wird dem Knochenbrecher der nächste Patient vorgeführt: eine ältere Stute aus Offenstallhaltung, dick bepelzt und gut genährt. Das Pferd wurde kurz zuvor vom Anhänger abgeladen und gleich in die Halle gebracht. Dort bittet Hanken die Besitzerin, das Pferd ein paar Meter im Schritt vorzuführen, dann geht es los: Mit seinen Händen tastet Hanken das Pferd ab, bringt es durch gezielten Druck auf die Kruppe dazu, den Rücken rund zu machen. Dann sind die Beine dran: Zunächst wird der Beschlag begutachtet, dann jedes Bein aufgehoben und nach einem bestimmten System eingerenkt. In den Karpalgelenken kracht es deutlich, etwas gedämpfter dann, als Hanken mit einem festen Ruck an der Hintergliedmaße des Pferdes zieht, die für einen Moment waagrecht auf Höhe des Bauches nach hinten gerissen wird. Raunen in der Besuchermenge, die frierend am Rand steht und gebannt zusieht. Man sieht, dass die Körperkraft dem Knochenbrecher gerade bei solchen Eingriffen zugute kommt – und allein die Vorstellung, sich selbst in einem ähnlich „kalten“ Zustand auf diese Weise einrenken zu lassen, ist nicht nur kühn, sondern schlicht schmerzhaft.

Dann kommt das Maul dran: Routiniert zieht der Knochenbrecher die Zunge aus der Maulspalte und begutachtet die Zähne: „Der hat eine Allergie auf die Trense, weißt du das?“, teilt er der sichtlich erstaunten Besitzerin mit. Es sei eine Kupferallergie – den Einwand, dass das Pferd eine Trense aus kupfer- und nickelfreier Legierung trage, lässt er nicht gelten: Trensenwechsel ist angesagt. Gut die Hälfte aller an diesem Wochenende vorgestellten Pferde wird die Diagnose „Trensenallergie“ bekommen.

Magengeschwür auf halb vier

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Durch einen Blick ins Pferdeauge will der Landwirt aus Filsum feststellen können, ob ein Pferd an Magengeschwüren leidet – oder eben nicht. Hier ist alles in Ordnung. © Elke Hellmich

Die Besitzerin hat Hanken zu Beginn mitgeteilt, dass das Pferd in der Früh „immer so starken Mundgeruch“ habe und wollte wissen, ob das mit einem Magengeschwür zu tun haben könnte. Hanken hat in Sekundenschnelle eine Antwort: Mit einem kleinen Lämpchen leuchtet er in das Pferdeauge: „Magengeschwüre sind auf halb vier“ – soll heißen: Liegt ein Magengeschwür vor, wären Veränderungen im Auge zu sehen, und zwar dort, wo auf ein Uhrzeiger auf halb vier liegt. Die wortwörtliche „Blickdiagnose“ fällt negativ aus – die Besitzerin freut sich. Eine Empfehlung gibt ihr Hanken noch: Sie solle nochmals eine Wurmkur durchführen, und zwar zweimalig im Abstand von zehn Tagen – übrigens auch ein Tipp, den an diesem Wochenende einige BesitzerInnen mit nach Hause nehmen. Nach Aussage der Besitzerin wurde das Pferd bereits vor zwei Monaten entwurmt, sein Ernährungszustand ist sehr gut, sodass es keine direkten Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Wurmkur gibt. Hanken erklärt: „Man muss die Wurmbabys auch erwischen. Deshalb muss man ein zweites Mal nach zehn Tagen entwurmen.“ Dazu soll die Besitzerin regelmäßig Rote Beete, Karotten und Essig ins Futter geben, das wirke heilend und sei gut für den Magen. Nun ist die Sitzung aber zu Ende, knapp zehn Minuten hat alles gedauert, Pferd und Besitzerin ziehen erleichtert von dannen. Erleichtert auch um 250,– Euro, die an diesem Wochenende pro Pferd zu berappen sind.

Anrecht auf Kompetenz?

Vor Ort sind sich ZuschauerInnen wie PferdebesitzerInnen aber einig, dass Hanken sein Geld wert ist. „Sonst hätte ich mit meinem Pferd zu ihm nach Filsum fahren müssen, das kostet um einiges mehr. Und wenn ich einen Tierarzt hole, bin ich schnell bei dieser Summe angelangt“, meint eine der Teilnehmerinnen. Einzig ein mit einem Pferd, das unter seltsamen Bewegungsstörungen leidet, aus Graz Angereister ist nicht mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis zufrieden. Nach einer langen Odyssee durch Therapien und Klinikaufenthalte hat er viel Hoffnung in den Knochenbrecher gesetzt – und wendet sich entnervt ab, als dieser ihm bei der Begutachtung seines Pferdes erklärt, es habe eine Trensenallergie. „Das Pferd hat doch seit Monaten keine Trense mehr im Maul gehabt!“ Dann noch eine Empfehlung: Wurmkur, das Pferd sei zu dünn und sicher verwurmt – für den Pferdebesitzer Hannes Hainzl ist es damit gelaufen. Er wendet sich kurze Zeit darauf an die Pferderevue: „Ich sehe aufgrund der fürstlichen Honorarforderung – 250,– Euro pro Pferd und Termin, das ist ein Stundenlohn von etwa 1.000,– Euro – das Anrecht auf kompetente und umfangreiche Erbringung der Gegenleistung.“

Hanken habe auch auf Nachfrage per E-Mail keine weiteren Behandlungsempfehlungen gegeben, sondern eher mit seiner „Ostfriesischen Schnauze“ geglänzt. In einer der Pferderevue weitergeleiteten E-Mail ist da unter anderem von der „Frechheit“ und dem „schlechten Benehmen“ des Herrn Hainzl die Rede. Auch Hainzls Bitte um eine schriftliche Beurteilung des Pferdes und die Zusendung der Behandlungsempfehlungen beantwortet Hanken unwillig: „Eine derartige Zusage gab es von mir nicht, denn es wird immer alles an Fragen rund um das Pferd vor Ort abgeklärt.“

Ein Hanken für alle Fälle

Doch dieser Einzelfall soll die Stimmung in Villach an diesem Wochenende nicht trüben. In der Pause scharen sich die ZuschauerInnen um den Protagonisten – alle wollen von seinem Wissen und von seinen Talenten profitieren. Fragen zur Fütterung von Ziervögeln behandelt er genauso wie die Finger, die ihm zum Einrenken vorgehalten werden – alles in wenigen Sekunden und über jeden Zweifel erhaben. „Mit den Händen spüre ich die Kriechströme im Körper, wenn ein Nerv blockiert ist. So weiß ich, wo das Problem liegt und kann die Blockade lösen“, erklärt er seine Vorgehensweise, die er als Chiropraktik und Physiotherapie bezeichnet. Daher sei es gar nicht notwendig, die Vorgeschichte eines Pferdes zu kennen, auch Details wie Alter oder Verwendungszweck interessieren ihn nur gelegentlich: „Wenn ein Pferd bei mir war, dann kenn’ ich alle seine Probleme.“

Unter dem Reiter – eine Pferden doch recht vertraute Problemquelle – schaut sich Hanken die Pferde nur ganz selten an. Carmen Hanken, die Frau an der Seite des Knochenbrechers, dazu: „Das wäre zu viel, wenn wir das Pferd auch noch unter dem Sattel anschauen.“ Am heimatlichen Hof in Filsum ist Carmen Hanken für den Reitunterricht und die Pferdeausbildung zuständig, neben einer Pferdezucht führen die beiden ein Rehabilitationszentrum für Pferde.

In seiner Heimat ist Tamme Hanken so populär, dass er eigene Behandlungstage, sogenannte „Kummertage“, auf seinem Hof eingerichtet hat. Samstags können Pferde und anderes Getier vorgestellt werden, montags sind die Menschen dran – oft bis zu 300 an einem Nachmittag. Seine Gabe ist also ein einträgliches Geschäft für den gelernten Landwirt, der zuvor einen Geflügelbetrieb mit 15.000 Hühnern, dann eine Stutenmilchfarm führte, bevor er vor etwa 20 Jahren beschloss, sich ganz dem Knochenbrechen zu verschreiben. Der ­letzte Knochenbrecher in Hankens Familie war der Großvater, von dem er bis zu seinem neunten Lebensjahr „alles gelernt“ hat. Zusätzliche Ausbildungen führt er nicht an – und so fragt man sich: Was macht der Knochenbrecher eigentlich, wenn er Pferde behandelt? Und was ist der Unterschied zu einem Chiropraktiker oder Osteopathen, der zwar keine „Gabe“, dafür aber eine Ausbildung hat?

„Wir wissen heute, dass diese ,Anreißermethoden‘ langfristig zu Knorpel- und Bänderschäden führen können. Es kommt zu absolut unphysiologischen Überdehnungen, die zur Entwicklung eines Spats führen können.“

Dr. Patricia Wanas, Fachtierärztin für Chiropraktik

Lange Hebel mit unbeherrschbarer Wirkung

Auf diese Fragen Antworten zu erhalten ist schwieriger als man glaubt. Denn einerseits herrscht in der Fachwelt eine klare Meinung über die Arbeit des Knochenbrechers, andererseits gibt es aber nur wenige, die im Zusammenhang mit ihm überhaupt zitiert werden wollen. Univ. Prof. Dr. Horst Wissdorf von der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Mitautor des Standardlehrwerks „Praxisorientierte Anatomie des Pferdes“ und Vorsitzender des Beirates des Deutschen Instituts für Pferde-Osteopathie (DIPO), macht’s kurz: Tamme Hanken habe keinerlei Fachkenntnisse und sei nur durch Zufall erfolgreich. „Seine Griffe funktionieren nur über lange Hebel. Das macht sie unbeherrschbar. Ein ausgebildeter Osteotherapeut lernt zwei Jahre Anatomie und die daran angepassten Handgrifftechniken. Man arbeitet mit kurzen Hebelwirkungen, um präzise einwirken zu können.“ Zur Erklärung: Unter „Hebel“ versteht man in der Physiotherapie die Beteiligung der spezifischen Beweglichkeit von Gelenken im Bewegungsablauf. Arbeitet man beim Einrenken von Bewegungseinschränkungen mit „kurzen Hebeln“, so wirkt der Handgriff genau an dem zu manipulierenden Gelenk. Wird über „lange Hebel“ gearbeitet, sind mehrere Gelenke betroffen, die Kraft der Einwirkung pflanzt sich über die Gelenksetagen fort und wird verstärkt. Das ist etwa der Fall, wenn man das Hinterbein eines Pferdes aufhebt und nach hinten ausstreckt. Osteotherapeut im klassischen Sinne ist der Knochenbrecher demnach nicht.

In die Schublade der Chiropraktiker kann man ihn aber auch nicht stecken. Dr. Patricia Wanas, Fachtierärztin für Chiropraktik, erklärt: „Das Ziel in der Chiropraxis ist es, sehr spezifisch und beinahe ohne Krafteinwirkung an einem bestimmten Gelenk zu arbeiten. Dabei arbeitet der Chiropraktiker immer in der Bewegungsrichtung des Gelenkes und nicht dagegen.“ Wanas hält es durchaus für möglich, dass sich die Beschwerden der Pferde nach der Behandlung durch den Knochenbrecher bessern, aber: „Wir wissen heute, dass diese ,Anreißermethoden‘ langfristig zu Knorpel- und Bänderschäden führen können. Es kommt zu absolut unphysiologischen Überdehnungen, die zur Entwicklung eines Spats führen können. Wenn etwa das rechte Iliosakralgelenk durch eine lange Hebelwirkung eingerenkt wird, kann es links zu einem Spat und rechts zu einer Kniegelenksarthrose kommen. Auch die Pferde zeigen sich bei wiederholter Anwendung dieser Griffe mit langem Hebel nicht mehr so kooperativ. Ich würde das als Hinweis darauf verstehen, dass ihnen die Behandlung Schmerzen bereitet hat.“ Eine Tatsache, die auch der Leiter der Pferdeklinik Burg Müggenhausen und Chefredakteur einer Fachzeitschrift für Pferdemediziner, Dr. Thomas Weinberger, bestätigen kann. Er musste bereits ein Pferd nach einer nicht fachgerechten Einrenkung der Wirbelsäule einschläfern – der zugefügte Schaden war irreparabel.

Was nun die zahlreich festgestellten Gebissallergien betrifft, so berichten alle befragten TierärztInnen, dass das Krankheitsbild zwar existiert und auch in der Literatur erwähnt wird. Allein, in der Praxis sieht man diese Art von Allergien sehr selten. Dr. Patricia Wanas kennt die „Allergie“ in einem anderen Zusammenhang: „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Pferde, die von ihren Reitern mit sehr harter Hand geritten werden, positiv auf den Akupunkturpunkt ,Magen 4‘ reagieren. Selbst habe ich nur sehr selten mit wirklichen Allergien auf Metalllegierungen zu tun. Manchmal habe ich aber den Eindruck, dass manche Reiter einfach hören wollen, dass die Ausrüstung schlecht und sie selbst vollkommen tadellos sind.“

„Wenn die Tierärzte flächendeckend seriös arbeiten würden und alle ehrlich genug wären, den Besitzern mitzuteilen, wenn ihre Kompetenz erschöpft ist, hätten Leute wie Tamme Hanken in dieser Branche nicht so viel zu tun.“

Ein Tierarzt (Name der Redaktion bekannt)

Gefordert: Wenig Zeit, viel Zuversicht

Für Weinberger ist der Hype um sogenannte Heiler ein Kind unserer Zeit: „Viele Leute ­wollen schnell eine Antwort und am liebsten sofort eine Heilung. Als Tierarzt bin ich verpflichtet, meine Diagnose mit den Befunden der von mir durchgeführten Untersuchungen zu begründen. Das muss ein Heiler nicht. Meistens wird ja nicht einmal nachgefragt!“ Die Popularität von Knochenbrechern und anderen selbsternannten Therapeuten gründet Weinbergers Ansicht nach „in erster Linie auf Mundpropaganda. Die Theke (syn. für das österreichische „Stüberl“, Anm.) ist der Feind jeder seriösen Medizin. Wer sich an der Theke behauptet, dem hört man auch zu, wenn er am Pferd manipuliert. Die Kollegen in der Fahrpraxis sind in dieser Beziehung einem viel größeren Druck ausgesetzt. Die Besitzer wollen einen Tierarzt, der immer Zuversicht versprüht – aber das ist einfach nicht seriös.“

Vielleicht sind aber auch die Tierärzte ein gutes Stück mit dafür verantwortlich, dass Leuten wie Tamme Hanken so viel Vertrauen – und Geld – entgegengebracht wird. Schließlich einte die hoffnungsfrohe Schar in Villach vor allem eines: Alle haben sie mit ihren Pferden eine lange Reihe erfolgloser tierärztlicher Behandlungsversuche hinter sich. Und so mancher konnte von Eingriffen berichten, über deren Sinnhaftigkeit sich in Fachkreisen lange streiten ließe. Viele setzen in Tamme Hanken ihre letzte Hoffnung. „Wenn die Tierärzte flächendeckend seriös arbeiten würden und alle ehrlich genug wären, den Besitzern mitzuteilen, wenn ihre Kompetenz erschöpft ist, hätten Leute wie Tamme Hanken in dieser Branche nicht so viel zu tun. Zum Teil ist das ein selbstgeschaffenes Problem, mit dem wir es hier zu tun haben“, meint ein Tierarzt, der allerdings nicht namentlich erwähnt werden möchte. Am Ende liegt es an uns Pferdebesitzern, zu entscheiden, welchem Therapeuten wir unsere Pferde anvertrauen wollen. Und diese Entscheidung wird, wie so viele im Leben, weniger mit dem Kopf als mit dem Bauch gefällt.

Die rechtliche Situation

Wer darf Pferde in Österreich behandeln?

Auf Anfrage bei der österreichischen Tierärztekammer, wie ein Knochenbrecher wie Tamme Hanken hierzulande für seine Tätigkeit legitimiert ist, erhielten wir von Kammeramtsdirektor MMag. Alexander Tritthart folgende Antwort: „In § 12 Abs 1 Tierärztegesetz wird geregelt, dass die Untersuchung und Behandlung von Tieren nur von Tierärzten ausgeübt werden darf. Das Tierärztegesetz stellt dabei nicht darauf ab, ob diese Behandlungen entgeltlich oder unentgeltlich durchgeführt werden. Wer entgegen dieser Bestimmung Tiere untersucht und/oder behandelt, ist gemäß § 68 Z 4 Tierärztegesetz von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafen bis zu 4.360,– Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbare Handlung bildet. Hier wäre zum Beispiel an Täuschung zu denken. Daneben ist im Einzelfall die Haftungslage zu überprüfen, etwa, wenn ein Tier durch die Behandlung Schaden nimmt. Personen, bei welchen der Verdacht der tierärztlichen Kurpfuscherei besteht, werden von der österreichischen Tierärztekammer regelmäßig bei der Bezirksverwaltungsbehörde angezeigt.“

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Dieser Artikel ist in Ausgabe 2/2010 erschienen und wurde mit dem Österreichischen Zeitschriftenpreis ausgezeichnet. Pferderevue AbonnentInnen können ihn zusammen mit über 40.000 weiteren in unserem Online-Archiv kostenlos nachlesen. Einfach unter Service/Online-Archiv einloggen und in allen Heften aus 25 Jahren Pferderevue zum Nulltarif blättern!

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