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Finger weg: Regelmäßige Intimpflege beim Wallach stört das natürliche Hautmillieu erheblich und öffnet der Besiedelung mit schädlichen Mikroorganismen Tür und Tor. © Tierfotoagentur.de

Intimpflege beim Wallach: Schlauchreinigung schadet häufig mehr als sie nützt

Ein Artikel von Pamela Sladky | 11.03.2015 - 08:57
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Finger weg: Regelmäßige Intimpflege beim Wallach stört das natürliche Hautmillieu erheblich und öffnet der Besiedelung mit schädlichen Mikroorganismen Tür und Tor. © Tierfotoagentur.de

Reiter lieben saubere Pferde. Das Fell soll strahlen, Mähne und Schweif seidig glänzen und die Hufe blitzen. Doch mit dem Putzwahn kann man es auch übertreiben. Das gilt ganz besonders, wenn es um das beste Stück des Pferdemannes geht. Zugegeben: Manchmal sieht der Pferdepenis wirklich nicht gerade ansehnlich aus. Hauptverantwortlich dafür ist das sogenannte Smegma, eine recht unappetitliche Mixtur aus abgestorbenen Hautzellen, Urin- und – beim Hengst - Spermaresten. Die Substanz, die es von hellgelb bis dunkelgrau in verschiedensten Farbschattierungen gibt, sammelt sich zwischen Vorhaut und Eichel sowie in  Reservefalte der Vorhaut an. Während manche Pferde anscheinend ein recht sauberes Geschlechtsteil haben, bildet das Smegma bei anderen Exemplaren bisweilen richtige Borken.

Das ist für viele PferdebesitzerInnen nicht nur optisch ein Problem, das wachsartige Smegma galt bislang auch als optimaler Nährboden für Bakterien. Nicht weiter verwunderlich also, dass beherzte PferdebsitzerInnen ihrem vierbeinigen Liebling auch eine Intimpflege zukommen lassen wollen. Doch gerade regelmäßige Reinigungsaktionen sollen alles andere als zweckdienlich sein, wie eine us-amerikanische Studie zeigt.

Im Rahmen einer Versuchsreihe wurden 19 Wallache in vier Gruppen aufgeteilt, denen jeweils unterschiedlichen Pflegemaßnahmen zukamen. Neben der Kontrollgruppe, die keinerlei Schlauchpflege erhielt, wurden alle weitern Gruppen im Abstand von drei Wochen einer Intimwäsche unterzogen: eine Gruppe wurde mit Wasser gewaschen, Gruppe zwei mit einem speziellen Präparat für Schlauchpflege und die Pferde der dritten Gruppe mit einem milden Babyshampoo. Jeweils vor und nach der Reinigung wurde ein Abstrich gemacht und im Labor analysiert.

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Bei groben Verschmutzungen kann durchaus eine Schlauchreinigung angebracht sein. Am besten den Tierarzt fragen! © www.slawik.com

Das alarmierende Ergebnis: Proben, die nach einer Reinigung gezogen wurden, zeigten ein deutlich erhöhtes Bakterienwachsum mit einem bis zu 100fachen Anstieg gegenüber dem Wert vor der Schlauchwäsche. Den höchsten Wert erzielte verblüffender Weise ausgerechnet das Spezialpräparat – klares Wasser den geringsten. Zwar gehe von den identifizierten Bakterienstämmen keine unmittelbare Gefahr für das Pferd aus, heißt es in der Studie, dennoch könnten manche von ihnen in Verbindung mit Harnwegsinfekten gebracht werden und seien ungewöhnlich.

Bei allen drei Gruppen konnte aufgrund der regelmäßigen Intimpflege ein genereller Anstieg der Bakterienbelastung festgestellt werden – sowohl vor der Reinigung als auch danach. Zudem erneuerte sich das Smegma innerhalb der dreiwöchigen Waschpause wieder vollständig. Eine reine Sisyphos-Arbeit also – und eine schädliche noch dazu, denn durch die übertriebenen Pflegemaßnahmen würden wichtige Proteine zerstört, die das Bakterienwachstum an den Geschlechtsteilen männlicher Pferde von Natur aus hemmten, so das Fazit der Studie.

Nichts desto trotz treten immer wieder Fälle auf, in denen besonders schlimme Verunreinigungen Auslöser für Krankheiten sind. So haben etwa Wallache, bei denen durch fehlende Erektion das Smegma nicht auf ganz natürliche Weise beseitigt wird, ein zehnfach erhöhtes Risiko an einem Peniskarzinom zu erkranken als Hengste. Auch kommt es speziell bei älteren Wallachen und Hengsten durch Hormonveränderungen gelegentlich zu Entzündungen und Schwellungen im Genitalbereich. Wer sich also nicht sicher ist, ob das beste Stück seines Wallachs einer Reinigung bedarf oder nicht, fragt am besten beim Tierarzt seines Vertrauens nach.