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Zickenalarm: Wenn Stuten ihre Launen zeigen

Ein Artikel von Christine Aurich | 12.12.2023 - 13:30
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Stuten sind nicht jedermanns Sache: Manche schätzen sie sehr, andere  kommen mit ihren Launen schwer zurecht ©www.Slawik.com

Viele Stutenbesitzer:innen können ein Lied davon singen: Während der Rosse verhält sich ihre Stute ungewöhnlich, ist kitzelig, zickig oder nervöser als sonst. Macht die Pferdedame handfeste Probleme beim Umgang und beim Reiten, fordern Besitzer:innen mitunter rasche Abhilfe durch den Tierarzt ein. Doch so einfach nach Wunsch abschalten lässt sich Rosseverhalten nicht. Den Tierarzt zu kontaktieren ist dennoch eine gute Idee. Dieser sollte zunächst auf die Suche nach der Ursache gehen – hinter auffälligem Benehmen kann nämlich ein medizinisches Problem stecken. Und manchmal sind die Allüren einfach nur stutentypisch, und der Reiter oder die Reiterin muss lernen, damit umzugehen.


Stuten ticken anders

Bislang ist relativ wenig darüber bekannt, ob Verhaltensunterschiede zwischen den Geschlechtern bei der Spezies Pferd angeboren sind oder ob sie sich erst unter dem Einfluss von Geschlechtshormonen beziehungsweise im Sexualzyklus entwickeln. Grundsätzlich können Verhaltensunterschiede bereits bei neugeborenen Fohlen beobachtet werden: Stutfohlen passen sich etwas schneller als Hengstfohlen an die Umwelt an. Auch im Jährlingsalter zeigen sich Unterschiede zwischen Hengsten und Stuten hinsichtlich der Erkundung einer neuen Umgebung oder der Kontaktaufnahme zu fremden Menschen.

Bei adulten Pferden ist Hengstverhalten im Umgang oft sehr herausfordernd, sodass die chirurgische Kastration von Junghengsten im Alter von einem bis zwei Jahren traditionell ein Routineeingriff ist. Aber auch Stuten haben hormonell bedingte Eigenschaften und Verhaltensweisen, die das Handling mitunter schwierig machen. Analog zur Problemlösung Kastration beim Hengst wird von Stutenbesitzer:innen in den letzten Jahren daher vermehrt der Wunsch nach einer operativen Entfernung der Eierstöcke (Ovariektomie) geäußert, mit der Intention, damit Leistungsfähigkeit und Rittigkeit zu verbessern. Abgesehen davon, dass ein solcher Eingriff ohne medizinische Indikation – dazu später mehr – nach dem Tierschutzgesetz nicht zulässig ist, kann ein Rosseverhalten auch nach der Kastration erhalten bleiben. Die Stute wäre dann ohne jeglichen Nutzen einem Risiko ausgesetzt gewesen. Hinzu kommt ein weiterer, ganz entscheidender Nachteil: Eine Kastration ist unumkehrbar – soll die Stute später noch zur Zucht genutzt werden, scheidet diese Methode also sowieso aus.

Aber schauen wir uns zunächst einmal an, was hinter der sogenannten Zickigkeit der Stuten steckt. Denn ein besseres Verständnis des Stutenverhaltens ist der erste Schritt zu einer gelungenen Kooperation.

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Manche Stuten reagieren während der Rosse klemmig auf den Schenkel.
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Ganz normales Verhalten

In freier Wildbahn leben Pferde stets in Sozialverbänden, wobei geschlechtsreife Stuten mit ihren Fohlen und einem und manchmal auch mehreren Hengsten sogenannte Haremsgruppen bilden, die unabhängig von der Paarungssaison das ganze Jahr über zusammenleben. Stuten stehen mit dem Haremshengst unabhängig vom Sexualzyklus in vielfachem Sozialkontakt. Während der Rosse zeigen die Stuten dem Hengst aktiv ihre Deckbereitschaft an, indem sie ihn immer wieder aufsuchen. Bei Kontakt präsentieren sie ihre Flanken- und Genitalregion, damit der Hengst sie dort mit der Maulregion berühren, beriechen und beknabbern kann. Dieser Kontakt führt bei der rossigen Stute zu einem entspannten Gesichtsausdruck bei gesenktem Kopf und zur Seite gestellten Ohren.

Duldet die Stute den Hengst nicht, reagiert sie auf seine Berührungen mit aggressivem Gesichtsausdruck bei angespannter Gesichtsmuskulatur, angelegten Ohren, Beißen nach dem Hengst, Einklemmen des Schweifes, drohendem Anheben einer Hintergliedmaße oder Abschlagen und gelegentlich dem Abspritzen von Harn.

Anders als andere Haustiere zeigen Stuten Nähe zum Hengst und Kontaktaufnahme bis hin zur Deckbereitschaft aber nicht nur in der Rosse. Man geht davon aus, dass dieses Verhalten den Hengst an seine Haremsstuten bindet und den Zusammenhalt der Gruppe sichert. Von der Nebennierenrinde in geringen Mengen produzierte Östrogene werden dafür verantwortlich gemacht, dass auch bei Stuten mit inaktiven beziehungsweise fehlenden Ovarien Rosseverhalten zu beobachten ist.

Beim Reiten einer rossigen Stute kann das Berühren mit den Schenkeln am Bauch ein ähnliches Verhalten wie bei Berührung durch einen Hengst auslösen und führt dazu, dass die Stute unter dem Sattel nicht „zieht“, sondern am Schenkel klemmt, also nicht auf den vorwärtstreibenden Schenkel reagiert oder sogar stehenbleibt. Bei nicht deckbereiten Stuten führt das Anlegen der Schenkel dagegen zum Beispiel zum Schlagen nach dem Schenkel oder Sporn, Kreiseln mit dem Schweif und Klemmen der Hinterhand ähnlich wie bei der Abwehr eines Hengstes. So kann sowohl die empfängnisbereite als auch die nicht-deckbereite Stute durch Verhaltensweisen, die eigentlich der Kommunikation mit dem Hengst dienen, Rittigkeitsprobleme zeigen.

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Zyklusbedingt können Stuten empfindlich auf die Berührung an den Flanken reagieren - ein ganz normales Verhalten. © www.Slawik.com

Der Reiter meint häufig, dass diese Probleme stets rossebedingt sind und hält seine Stute für dauerrossig und krank. Meist liegt hier aber keine Erkrankung zugrunde, sondern der Stute muss durch Erziehung und Training vermittelt werden, dass ein solches Verhalten beim Reiten unerwünscht ist.

Ähnliches gilt ja auch für andere typische Verhaltensweisen von Pferden wie beispielsweise das Scheuen vor Gegenständen, die ein gut trainiertes Pferd mit Vertrauen zum Reiter nicht mehr zeigen sollte. Damit man dem Reiter diesen Rat zur besseren Kommunikation mit seinem Pferd geben kann, muss jedoch abgeklärt werden, ob die Stute tatsächlich gesund ist.

Viele Reiter unterschätzen auch die vergleichsweise lange Rossedauer bei Pferden – bei einer durchschnittlichen Zykluslänge von 21 bis 22 Tagen entfällt etwa ein Drittel der Zeit auf die Rosse (meist fünf bis sieben Tage) und nur etwa 15 Tage auf die Lutealphase (Zyklusabschnitt zwischen zwei Rossephasen). Der Zustand „Ich habe immer zwei Wochen Ruhe, dann ist die Stute schon wieder rossig“ ist also völlig physiologisch und kein Zeichen für Dauerrosse. Gerade im Frühjahr und Herbst ist die Zeit der Rosse zudem oft verlängert.
 

Gynäkologische Erkrankungen

Manchmal steckt hinter einem Rittigkeitsproblem aber eine andere grundsätzliche Problematik. Neben einer gründlichen klinischen Untersuchung sollte zunächst erfasst werden, inwieweit das Management der Stute zu den Problemen beiträgt. Eine nicht an Bedarf und Temperament des Pferdes angepasste Haltung und Fütterung kann genauso wie ein nicht korrekt angepasster Sattel oder Zaumzeug zu Leistungsproblemen führen. Auch die Umstände des Trainings und der Nutzung des Pferdes sollten genau abgeklärt werden. Eventuell empfiehlt es sich, ein Trainingstagebuch zu führen, in dem notiert wird, wann genau die Probleme auftreten, und die Stute dann gynäkologisch untersuchen zu lassen, wenn das unerwünschte Verhalten am stärksten ist. Dies kann eine wertvolle Hilfestellung bei der Unterscheidung medizinischer von anderen Ursachen sein.

Grundsätzlich gibt es eine ganze Reihe an organischen Erkrankungen, die Ursache von Rittigkeitsproblemen sein können. Dazu gehören insbesondere neurologische und orthopädische Störungen, aber bei Stuten auch gynäkologische Probleme.

Ursache von Rittigkeitsstörungen gynäkologischer Art können insbesondere ein schlechter Schamschluss oder eine gestörte Ovarfunktion sein. Gerade bei Warmblut- und Vollblutstuten führt eine schräge Kruppe zusammen mit einer langen Scham nicht selten zu einem schlechtem Schluss der Vulva, die insbesondere im Galopp und beim Springen ein Ansaugen von Luft in die Scheide ermöglicht. Diese sogenannte Pneumovagina wird von Stuten offenbar als unangenehm empfunden und kann zu einem Klemmen am Schenkel beitragen. Auch eine Hypersensitivität der Haut im Bereich der Flanken wird als mögliches Symptom diskutiert. Durch eine einfache chirurgische Verkürzung der Schamspalte kann das Luftansaugen meist vollständig abgestellt werden. Bei 12 von 14 Stuten führte der Eingriff zu einer Verbesserung der Rittigkeitsprobleme innerhalb von sechs Monaten.

Im Rahmen der gynäkologischen Untersuchung sollte außerdem das Vorliegen einer bakteriellen Infektion des Uterus, abgeklärt werden. Die damit zusammenhängende entzündungsbedingte Freisetzung des Gewebshormons Prostaglandin kann zu einer Zyklusverkürzung führen, die zum vom Reiter empfundenen Phänomen Dauerrosse beitragen kann.

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Zeigt eine Stute wiederholt Rittigkeitsprobleme bzw. Widersetzlichkeit, ist Ursachenforschung angesagt. © www.Slawik.com

Häufig werden bei Stuten mit Rittigkeitsproblemen Ovartumoren vermutet. Diese führen bei 40 bis 60 Prozent der betroffenen Stuten zu einer Erhöhung der Testosteronkonzentration im Blut, die häufig mit Verhaltensänderungen wie erhöhter Aggressivität oder hengstähnlichem Verhalten einhergeht. Wird ein Tumor nachgewiesen, ist eine einseitige Ovarektomie angebracht, die Verhaltensproblematik bei der betroffenen Stute ist dann meist in kurzer Zeit beseitigt.

Sind organische Ursachen ausgeschlossen und die Verhaltensänderungen eindeutig rossebedingt sowie sehr stark ausgeprägt, kann in Einzelfällen erwogen werden, die Rosse auch ohne medizinische Indikation zu unterdrücken.

Behandlung mit Altrenogest

Eine dieser Möglichkeiten ist die Gabe von Gestagenen. Gestagene, auch Gelbkörperhormone oder Schwangerschaftshormone, sind Wirkstoffe, die in der Gebärmutterschleimhaut die Voraussetzung für die Bildung der Plazenta und Erhaltung der Trächtigkeit schaffen. Zudem verhindern sie die Reifung weitere Follikel. Durch die künstliche Zufuhr wird also die Eierstocktätigkeit unterdrückt, es reifen keine weiteren Eizellen heran, wodurch auch die Rosse und ihre Begleiterscheinungen zeitlich verschoben werden sollen. Befriedigende Resultate können theoretisch mit dem natürlichen Progesteron oder dem synthetischen Gestagen Altrenogest erzielt werden. Progesteron unterdrückt zwar zuverlässig das Rosseverhalten – die Sache hat allerdings einen Haken: Die Behandlung mit Hormonen wie Progesteron von Pferden ist bei uns generell nicht zulässig.

Hingegen kann der Wirkstoff Altrenogest, beispielsweise enthalten in Regumate® equine, oral verabreicht werden – entweder direkt ins Maul oder über das Futter. Die tägliche langfristige orale Anwendung von Altrenogest ist die häufigste und wirksamste Behandlung zur Unterdrückung der Eierstockfunktion bei Stuten und wird bereits seit Jahrzehnten erfolgreich angewendet. Die Verfügbarkeit des Präparates ist gut, die Wirksamkeit nachgewiesen, allerdings neigen manche Stuten vor allem nach längerer, dauerhafter Anwendung zu Gebärmutterentzündungen. Weiteres Problem: Die Anwenderin muss Hautkontakt mit dem Präparat unbedingt vermeiden, da sie sonst den Wirkstoff aufnehmen könnte. Als mögliche Folgen werden die Unterbrechung des Menstruationszyklus, Unterleibskrämpfe, die Verlängerung einer Schwangerschaft oder Kopfschmerzen genannt. Die Warnhinweise auf dem Beipackzettel sind entsprechend deutlich formuliert: Schwangere Frauen sollen grundsätzlich die Finger von dem Mittel lassen, Frauen im gebärfähigen Alter sollten den Kontakt meiden. Das Tragen von Handschuhen und Schutzkleidung wird dringend empfohlen.

Die Verabreichung von Altrenogest ist bei Stuten im Turniersport zulässig. Neue Untersuchungen der Vetmed Uni Vienna haben gezeigt, dass Altrenogest neben der Unterdrückung der Rosse auch eine beruhigende und stressreduzierende Wirkung hat. Vorteilhafte Auswirkungen auf die Rittigkeit von Stuten, die einer kontinuierlichen Behandlung mit Altrenogest ausgesetzt sind, können daher nicht nur mit der Unterdrückung des Rosseverhaltens begründet werden, sondern auch durch modulierende Effekte auf das zentrale Nervensystem. Dieser Umstand könnte Diskussionen anregen, ob Altrenogest für Stuten im Turniersport nicht verboten werden sollte, zumal der Wirkstoff für Hengste und Wallache im Sport tabu ist.

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Ist das Rosseverhalten sehr stark ausgeprägt, vielleicht sogar gefährlich, sollte man dringend einen Tierarzt zu Rate ziehen. © www.Slawik.com

Murmeln als Alternative?

Ein temporäres Unterdrücken der Rosse und des damit verbundenen Verhaltens soll auch durch das Einbringen von Fremdkörpern wie zum Beispiel Kugeln von 25 bis 35 mm Durchmessern in die Gebärmutter erzielt werden können. Allerdings ist die Effizienz niedrig, schlimmer noch: Die Murmeln sind zum Teil zerbrochen, die Scherben hefteten sich an die Gebärmutterwand. Wassergefüllte Plastikbälle sind ähnlich wirksam, aber sicherer.

Relativ neu ist iUPOD®, das für das Einsetzen in die Gebärmutter von Stuten konzipiert wurde. Es besteht aus drei elliptisch geformten Einheiten, die im Inneren einen Magnetkern besitzen. Dadurch ziehen sie sich gegenseitig an. Die Ummantelung aus einem Polymer ist arzneimittelfrei. Laut einer amerikanischen Studie von 2019 unterdrückte iUPOD® das Rosseverhalten hochwirksam und führte zu einer Verbesserung der Rittigkeit. Der Hersteller empfiehlt eine Verwendung während der Turniersaison für einen Zeitraum von etwa fünf bis sieben Monaten. Das Produkt ist allerdings in Österreich nur schwer zu erhalten.

Obwohl der Wirkungsmechanismus solcher Fremdkörper nicht vollständig aufgeklärt ist, kann die anfängliche Hypothese, sie könnten das Vorhandensein einer Trächtigkeit simulieren und die luteale Phase verlängern, nicht mehr unterstützt werden. Vielmehr stören sie die Funktion der Gebärmutterschleimhaut und damit auch die normale Hormonfreisetzung. Die Fremdkörper sind zwar bei der Empfängnisverhütung freilaufender Pferde vielversprechend, eine Verbesserung der Handhabbarkeit von Sportpferdestuten ist damit aber nicht garantiert. Zudem treten als Nebenwirkung häufig verstärkt Entzündungen der Gebärmutterschleimhaut auf ,weshalb ihr Einsatz bei Reitpferden daher grundsätzlich abzulehnen ist.


Immunokastration

Die auch als chemische Kastration bekannte Methode basiert auf der Blockierung des körpereigenen Gonadotropin-Releasing-Hormons, kurz GnRH. Bei der Immunokastration wird dem Pferd ein synthetisch hergestelltes GnRH-Analog gespritzt – und zwar zweimalig im Abstand von vier Wochen, danach in Sechs-Monats-Intervallen (jeweils einmalig). Das Immunsystem erzeugt Antikörper, die sowohl an das fremde GnRH-Analog als auch an das körpereigene GnRH andocken und damit dessen Wirkung unterbinden. Das speziell für Pferde entwickelte Präparat Equity® war in Europa nicht zugelassen, zudem wurde die Produktion eingestellt, der auf demselben Wirkungsprinzip basierende GnRH-Impfstoff Improvac® ist für die Immunkastration männlicher Schweine zugelassen, für eine Anwendung beim Pferd muss eine Umwidmung erfolgen. Bei einer entsprechenden Indikation ist eine solche Umwidmung zulässig, sie erfordert jedoch eine Untersuchung und Indikationsstellung durch den Tierarzt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die GnRH-Impfung ein wertvolles Instrument zur Unterdrückung des Rosseverhaltens und der Ovulation bei Sportpferdestuten ist. Zu bedenken ist allerdings, dass die Wirkung von GnRH-Impfstoffen sehr individuell ist und unter anderem vom Alter abhängt. Ein Rosseverhalten kann also trotz Impfung auftreten. Zudem gibt es bei einigen Pferden Nebenwirkungen wie Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle, Nackensteifheit, Fieber und Apathie. Bei Turnierpferden ist die Immunokastration außerdem nicht erlaubt.


Behandlung nur im Einzelfall

Was können, was sollen Stutenbesitzer:innen also tun, wenn ihre Stute unerwünschtes Verhalten an den Tag legt? Zunächst ist sicher Toleranz von Seiten des Zweibeiners angebracht: Ist die Stute in regelmäßigen Abständen wenige Tage im Monat kitzelig, nervös oder beim Reiten klemmig, so sollte das als natürliches Stutenverhalten hingenommen und eventuell der Trainingsplan der Stimmungslage angepasst werden. Zum anderen ist es wichtig, das eigene Können zu überdenken: Vielen Reiter:innen mangelt es an Wissen – und vielen Pferden fehlt es schlichtweg an einer guten Grundausbildung. Hier sollte also vielmehr der Zweibeiner an sich arbeiten als nach Methoden zur Unterdrückung des vielleicht anspruchsvollen, aber natürlichen Stutenverhaltens zu verlangen.

Ist das Rosseverhalten sehr stark ausgeprägt, vielleicht sogar gefährlich für den/die Reiter:in oder leidet die Stute sehr unter der Rosse, sollte man einen Tierarzt, eine Tierärztin zu Rate zu ziehen. Liegen dem auffälligen Verhalten keine medizinischen Probleme zugrunde, können nach sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile gemeinsam mit dem Veterinärmediziner in Einzelfällen die oben genannten Methoden zum Einsatz kommen, wobei die Behandlung mit synthetischen Gestagenen die beliebteste und zugleich erfolgreichste Methode ist.

Während eine Behandlung gesunder Stuten kontroverse Diskussionen anregen mag, ist sie durchaus berechtigt, wenn bei einzelnen Stuten während der Rosse exzessives bis aggressives Verhalten auftritt. So kann beispielsweise eine zeitlich begrenzte Gabe von Regumate in bestimmten Phasen dazu beitragen, die Grundausbildung der Stuten zu verbessern, um nach dem Absetzen des Wirkstoffes besser mit dem Stutenverhalten zurechtzukommen.

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Christine Aurich mit Deckhengst Quaterstern © privat

Zur Person

Univ. Prof. Dr. med. vet. Christine Aurich, Leiterin der Abteilung Besamung und Embryotransfer der Veterinärmedizinischen Universität Wien sowie des Graf-Lehndorff-Instituts für Pferdewissenschaften, forscht seit mehr als dreißig Jahren zur Reproduktionsmedizin beim Pferd und gilt als herausragende Expertin auf diesem Gebiet.