15084918229639.jpg

Die Kastration eines Pferdes stellt einen operativen Eingriff dar. Der behandelnde Tierarzt hat daher hohe Sorgfalts- und Aufklärungspflichten zu erfüllen, welche umso strenger sind, je risikoreicher der Eingriff ist. © www.slawik.com

Kastration: Tierarzt muss nach Komplikationen zahlen

Ein Artikel von Pamela Sladky | 20.10.2017 - 11:18
15084918229639.jpg

Die Kastration eines Pferdes stellt einen operativen Eingriff dar. Der behandelnde Tierarzt hat daher hohe Sorgfalts- und Aufklärungspflichten zu erfüllen, welche umso strenger sind, je risikoreicher der Eingriff ist. © www.slawik.com

Der Tierarzt hatte die Kastration am stehenden Pferd durchgeführt und die OP-Wunden anschließend mit zwei großen Metallklammern verschlossen. Diese wurden im Auftrag des Veterinärs nach einiger Zeit vom Pferdestallbesitzer entfernt, eine tierärztliche Nachkontrolle gab es nicht.

Das blieb nicht ohne Folgen. Bereits kurze Zeit später trat eine Wundheilungsstörung in Form einer Samenstrangfistel auf. Für die Folgebehandlung fielen Kosten in Höhe von 1.325,22 Euro an. Diese Summe forderte der Pferdebesitzer vom Tierarzt zurück mit dem Argument, dass die durchgeführte Art und Weise der Kastration unsachgemäß und besonders risikoreich gewesen sei – ein Umstand, über den er  im Vorfeld nicht aufgeklärt worden sei. Außerdem wäre beim Entfernen der Metallklammern eine weitere tierärztliche Kontrolle notwendig gewesen.

Der Tierarzt seinerseits behauptete, er habe den Pferdebesitzer sehr wohl umfassend über die verschiedenen Kastrationsmethoden und die jeweils damit verbundenen Risiken und Kosten aufgeklärt. Trotzdem habe sich der Pferdebesitzer für die Kastration am stehenden Pferd entschieden, die hernach auch sachgemäß durchgeführt worden sei. Der Veterinär gab an, dass die aufgetretene Samenstrangfistel keine Folge unsachgemäßer Behandlung sei, sondern das Risiko einer jeden Kastration.

Zum einen anderen Ergebnis kam das vom Amtsgericht Ansbach (Bayern) in Auftrag gegebene Gutachten. Der Sachverständige stellte bei seinen Untersuchungen fest, dass die Fistel durch einen zu langen Samenstrangstumpf und/oder ein operationstechnisch nicht ausreichendes Kürzen der Gewebeteile verursacht worden war. Er führte aus, dass bei der gewählten Operationsmethode ein massiv erhöhtes Infektionsrisiko bestehe, in dessen Verlauf es zu Wundheilungsstörungen und Fistelbildungen kommen könne. Die angewandte Kastrationsmethode entspreche nicht dem aktuellen Stand in der Tiermedizin. Außerdem hätte zum Zeitpunkt der Entfernung der Metallklammern eine tierärztliche Kontrolle stattfinden müssen, um frühzeitig mögliche Komplikationen zu erkennen.

Das Amtsgericht Ansbach folgte den Ausführungen des Sachverständigen uneingeschränkt und verurteilte den Tierarzt zur Erstattung der entstandenen Nachbehandlungskosten mit der Begründung, dass die durchgeführte Kastration am stehenden Pferd nicht den Regeln der tierärztlichen Kunst entsprochen hätten.

Die gegen das Urteil eingelegte Berufung nahm der Tierarzt in der Folgezeit wieder zurück. Das Urteil des Amtsgerichts ist damit rechtskräftig (Urteil vom 13.07.2017, Az. 3 C 78/15).

ps