Begegnen sich ein Pferd und ein Kraftfahrzeug auf der Straße, müssen sowohl der Fahrer als auch der Reiter auf einen ausreichenden Mindestabstand achten.

Begegnen sich ein Pferd und ein Kraftfahrzeug auf der Straße, müssen sowohl der Fahrer als auch der Reiter auf einen ausreichenden Mindestabstand achten. © chelle129 - stock.adobe.com

Recht

Gericht bestätigt: Reiter und Kfz-Lenker sind beiderseits für Unfallvermeidung verantwortlich

Ein Artikel von Pamela Sladky | 29.06.2018 - 15:21

Im April 2011 kam es auf einer einspurigen Fahrbahn zu einer Begegnung zwischen einer Reiterin und dem Fahrer eines großen Lkws. Als die Reiterin das entgegenkommende Fahrzeug bemerkte, parierte sie ihren Haflinger auf dem rechten, knapp drei Meter breiten, Sandstreifen durch. Das Pferd blieb leicht schräg mit dem Kopf zur Fahrbahn gerichtet stehen.

Der Lkw-Fahrer setzte an die Reiterin in Schrittgeschwindigkeit zu passieren. Dabei hielt er sich ganz rechts auf der Fahrbahn, den Randstreifen nutze er allerdings nicht. Weil dadurch weniger als ein Meter Abstand zwischen dem Fahrzeug und dem Pferd-Reiter-Paar lag, scheute das Pferd – mit fatalen Folgen. Es verletzte sich derart schwerwiegend, dass es eingeschläfert werden musste. Die Halterin des Pferdes klagte anschließend auf Schadensersatz und verlangte vor Gericht den Wert des Ponys sowie die Behandlungskosten.

Das Landgericht Verden gab der Schadensersatzklage statt, nahm aber eine hälftige Haftungsquote vor. Gegen dieses Urteil ging die Pferdehalterin in Berufung – allerdings ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht Celle bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz und wies die Berufung der Klägerin zurück.

Mindest-Seitenabstand nicht eingehalten

Wie das Gericht argumentierte, hatte der Lkw-Fahrer keinen ausreichenden Abstand gehalten – in § 1 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung wird der Mindest-Seitenabstand zu einem Reiter mit 1,50 m bis 2 m angeführt, um bei einer plötzlichen Reaktion des Pferdes gewappnet zu sein. Diese Distanz hätte leicht erreicht werden können, wenn der Fahrer auf den Seitenstreifen ausgewichen wäre. Und selbst, wenn das nicht möglich gewesen wäre, hätte er stoppen müssen um sich mit der Reiterin zu verständigen.

Reiterin nicht vorsichtig genug

Allerdings trägt nach Ansicht des Oberlandesgerichts auch die Reiterin ein Mitverschulden von 50 Prozent, weil sie das Pferd lediglich angehalten und es leicht schräg mit dem Gesicht zur Fahrbahn gestellt hatte. Ein Reiter müsse damit rechnen, dass ein Pferd sowohl durch das Geräusch als auch durch die pure Anwesenheit eines großen, sehr dicht vorbeifahrenden Lkw irritiert werde, unruhig werde und schließlich scheue. Zudem sei zu berücksichtigen, dass ein Pferd aufgrund seines Gewichts und seiner Körperkraft von einem Menschen nicht zu kontrollieren sei, wenn es durchgehe. Die Begegnungssituation im vorliegenden Fall sei demnach potentiell gefährlich gewesen. Die Reiterin hätte daher vom Pferd absitzen und es am Zügel nehmen müssen. Sie hätte auch zu einer breiteren Stelle zurückreiten oder eine Verständigung mit dem Lkw-Fahrer herbeiführen können.

Quelle: OLG Celle